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Der Ayers Rock in Australien. Nur wenige Backpacker schaffen es, den Uluru zu sehen. Zu weit weg, zu teuer die Reise.

© imago/blickwinkel

Nach dem Abi um die Welt: Wie Backpacker in Australien ausgebeutet werden

Ob auf der Farm oder beim Kellnern: Arbeitende Urlauber in Down Under sind oft Opfer einer systematischen Ausbeutung, deckt eine Studie auf.

Australien – für tausende deutsche Abiturienten das Mekka. Doch für viele kommt Down Under das böse Erwachen. Eine am Dienstag veröffentlichte Studie zwei australischer Universitäten zeigt, dass Backpacker in Australien systematisch ausgebeutet werden. Die Arbeitgeber dort machen es sich zunutze, dass viele junge Erwachsene, die sich bei der Berufs- oder Studiumswahl noch Zeit lassen wollen, am liebsten erstmal für längere Zeit verreisen. So geht es auch vielen Abiturienten in Deutschland, deren präferiertes Ziel schon seit Jahren Australien ist.

Nahezu 35.000 Deutsche im Alter von 18 bis 30 beantragten im vergangenen Jahr ein Working Holiday Visum, mit zehn Prozent eine der größten Gruppen aller internationalen Backpacker, die in Australien auch arbeiten wollen. Das Visum ermöglicht es ihnen, bis zu ein Jahr durch Australien zu reisen und bei Bedarf ihre Reisekasse aufzubessern.

Das ist für viele auch nötig, denn die Lebenshaltungskosten in Australien sind vergleichsweise hoch. Im Durchschnitt arbeiten die Backpacker mehr als die Hälfte ihres Aufenthalts. Da bleibt am Ende weniger Zeit und Geld für Abenteuer, als anfangs gedacht. Und das, obwohl Australien das Land mit dem höchsten Mindestlohn der Welt ist. Oft wird dieser jedoch gar nicht erst ausgezahlt, oder nur teilweise, wie die Befragten der Studie angaben.

Wenig Lohn für harte Arbeit

Die meisten Backpacker arbeiten als Kellner oder Erntehelfer auf Obstplantagen. Oft bedeutet dies, dass sie zwölf Stunden am Stück in praller Sonne auf dem Feld stehen müssen, fünf Tage die Woche - für gerade mal die Hälfte des in Australien geltenden Mindestlohns. Die internationalen Jobber machen elf Prozent aller australischen Arbeitskräfte aus, ihre Ausbeutung ist vielerorts kalkuliert.

Die Arbeitgeber wissen, dass viele von den Jobs abhängig sind, um die nächste Weiterfahrt oder die nächste Unterkunft zu bezahlen. Hinzu kommt, dass die Verlängerung des Working Holiday Visums von einem auf zwei Jahre an einen Arbeitsauftrag geknüpft ist. Dieser bestimmt, dass man zur Verlängerung des Visums bereits im ersten Jahr drei Monate – genauer 88 Tage – „eine bestimmte Art Arbeit in gewissen Regionen Australiens“ leisten muss.

Regierung fordert, Vergehen zu melden

Welche Arbeiten und Regionen hierfür vorgesehen sind, kann man auf der Website der Immigrations- und Visumsbehörde nachlesen. Es handelt sich meist um anstrengende Farmarbeit in ländlichen Regionen. Für viele ist der Wunsch länger zu bleiben so groß, dass sie die Arbeitsbedingungen und die schlechte Bezahlung akzeptieren. In der Studie gaben viele dementsprechend auch an, dass ihnen bekannt ist, dass sie unterbezahlt sind.

Schon 2016 hatte ein Bericht des australischen Senats den Zustand als eine „nationalen Schande“ bezeichnet. Die australische Regierung forderte die jungen Reisenden auf, Vergehen zu melden. Unklar ist, ob dies tatsächlich zu Konsequenzen führt. Fest steht, Australien erwartet bald noch mehr Backpacker: Das Alter für ein Working Holiday Visum soll bald von 30 auf 35 Jahre angehoben werden.

Friederike Sandow

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