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Die Berliner Designerin Annelie Schubert gehört schon zur Crème de la Crème der deutschen Mode.

© dpa

Mode in Berlin: Annelie Schubert: "Wir sind nicht hier, um über Geld zu reden"

Die Berlinerin Annelie Schubert gewann den Mode-Grand-Prix in Hyères, das brachte sie in die Werkstätten von Chanel. Ein Porträt.

Schüchtern sei sie, warnt die Pressefrau vor. Als Annelie Schubert voller Hingabe ihre Entwürfe erklärt, ist davon allerdings nichts zu merken. Die zierliche Designerin mit den dunklen langen Haaren steht, ganz in Schwarz, vor den Puppen, auf denen vier Outfits aus ihrer Kollektion „Twin Set“ drapiert sind. Schubert ist Teil des Berliner Mode Salons im Kronprinzenpalais und gehört damit gewissermaßen zur Crème de la Crème der deutschen Mode.

Seit die Deutschfranzösin, die ihr Master-Studium an der Kunsthochschule Weißensee absolviert hat, im vergangenen Jahr den renommierten Grand Prix des „Festival International de Mode et de Photographie“ im südfranzösischen Hyères gewann, hat man sie auf dem Schirm. Für den Gewinn gab es nicht nur 15.000 Euro Preisgeld, sondern auch eine Belohnung, von der wohl jeder Modedesigner träumt: Schubert durfte eine Kollektion in den legendären Métiers d’Art-Werkstätten realisieren, den alt eingesessenen Kunsthandwerksbetrieben der französischen Haute Couture, die Chanel 2002 gekauft hat.

Zunächst nahm sie sich Zeit, sich alles anzuschauen – und fühlte sich wohl ein wenig wie die Maus im Käseladen. So viel Auswahl! Hüte? Blumen und Federn? Oder Stickerei? Schließlich entschied sie sich für Stickerei, Plissee, Schuhe und Strick. Mit dem Meister der Stickerei-Werkstatt Lesage studierte sie historische Arbeiten. Eine hatte es ihr besonders angetan. „Das scheint mir unglaublich teuer zu sein“, sagte sie – und der Meister antwortete: „Annelie, wir sind hier nicht, um über Geld zu reden.“

„Das war einer der schönsten Momente“, sagt Schubert, „als mir klar wurde, dass ich wirklich machen kann, was ich will.“ Das tat sie dann auch und ließ einen Mantel aus schwerem hellen Wollstoff mit Tausenden von Glasperlen besticken. 50 Stunden Arbeit stecken in dem fertigen Teil, das sie mit einer seidenen Pumphose und Pullover kombiniert.

Schubert hatte nicht den Eindruck, dass ihren Stücken weniger Aufmerksamkeit gewidmet wurde als denen der großen Couture-Häuser. „Es hat mich wirklich beeindruckt, wie sehr die Menschen hier lieben, was sie tun“, sagt die Designerin. Sie zeigt auf eine Schürze aus goldgelber Seide mit kunstvoll skulpturalem Faltenverlauf. Gefertigt wurde sie in der Plissier-Werkstatt Lognon. „Eigentlich“, erklärt Schubert, „kann man Seide gar nicht plissieren, weil sie zu schwer ist. Aber die können das. Die könnten wahrscheinlich sogar Plastik plissieren.“

Mit der Schürze griff sie das Thema ihrer Hyères-Kollektion wieder auf. Wie sie es schaffte, das eher hausfräuliche Kleidungsstück in Couture zu verwandeln, hatte die Jury überzeugt. Darüber, dass sie jetzt erstmal wieder ohne Handwerkskünstler auskommen muss, ist sie dennoch nicht traurig. Sie hat viele Ideen. An ein eigenes Label denkt sie aber noch nicht. Zurzeit ist sie auf Jobsuche. „Ich möchte noch weiter lernen und Erfahrung sammeln“, sagt sie. An Angeboten wird es ihr jedenfalls nicht mangeln.

Bettina Homann

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