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Eine Berliner Designerin in Moldawien: Echt ohne Folklore

Für uns ist es Luxus, Hand bestickte Blusen zu tragen. Aber für die Frauen in Palonka bedeutet diese Arbeit eine Überlebenschance - nicht nur ihrer Traditionen.

Isabell de Hillerin ist nach Moldawien gefahren, weil sie Blusen besticken lassen wollte. In Berlin hat sie ihr eigenes Label. Die Tochter rumänischer Eltern verarbeitet Bänder und traditionelle Stoffe, die in Rumänien für Tischdecken und Dekoration hergestellt werden. Sie schafft es, ihren Kleidern damit etwas Besonderes zu verleihen, aber nicht um den Preis der Folklore. Das Oberteil eines schwarzen Kleides besteht aus zwei schwarzen Musterborten, die wie breite Träger vorne und hinten zum Rock zusammenlaufen. Auf ihren Reisen hat sie entdeckt, wie wunderschön die Stoffe sind, die in kleinen Dörfern von den Frauen gewebt und bestickt werden und wie wenig man davon weiß. Deshalb war sie froh, als sie im Rahmen eines EU-Projektes im Februar in das moldawische Dorf Palonka fahren durfte und dort Tatiana Popa kennenlernte. Die sammelt Stoffe in den Dörfern und kennt alle Frauen und alle Techniken. Als Isabell de Hillerin den Frauen, einfachen Bäuerinnen, die mit ihren Textilarbeiten kein Geld verdienen, erklärte, was sie vorhatte, standen einige auf und verließen den Raum. Was hatte die Designerin falsch gemacht? Sie hatte ihnen doch nur erzählt, dass sie sich die Techniken zeigen lassen wollte, um daraus dann eine Kollektion zu machen. „Sie haben einfach nicht verstanden, was ich von ihnen wollte.“ Also sprach sie nicht mehr von der Mode in Berlin und Paris, sondern fragte nur nach den Handarbeiten der Frauen. Im Mai präsentierte Isabell de Hillerin die ersten acht Stücke in Palonka. „Es war ein großes Dorffest, es war Presse aus der Hauptstadt da und alle waren sehr aufgeregt.“ Zur Fashion Week im Juli kamen dann vier der Frauen zur Modenschau der Designerin. Zwei von ihnen hatten noch nie ihr Dorf verlassen, und als sie die Kleider auf dem Laufsteg sahen, weinten sie. Da gibt es eine Bluse mit einem bestickten Kragen, neun Tage hat diese Arbeit gedauert, oder ein leuchtend blaues Oberteil, das aus zarter Seide geklöppelt ist. Sonst werden mit dieser Technik therapeutische Teppiche für Rückenlehnen hergestellt, wegen der vielen kleinen Knubbel. Isabell de Hillerin hat all die Handarbeiten so in ihre Mode integriert, dass man ihnen ihre Herkunft noch ansieht, ohne dass es folkloristisch wirkt. Auch für ihre nächste Kollektion wird Isabell de Hillerin wieder nach Palonka fahren.

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