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Das hohe C im "Himmelhoch C.ehn" kommt von Charles. Der Prinz hat mal die riesige Plattenbausiedlung besucht.

© Susanne Kippenberger

In fremden Federn: Prinz Charles war auch schon hier

Willkommen in Marzahn: Gäste vom Himmelhoch C.ehn übernachten in der Platte - und lassen sich durch die Siedlung führen.

Diese Stille, diese unglaubliche Stille. Nichts als Vogelgezwitscher. Vom Spielplatz weht ein letztes Juchzen in den zehnten Stock, dann werden die Kleinen eingesammelt. Von den Nachbarn kein Laut. Nur ab und zu das Grollen der Flugzeuge gen Tegel. Der Blick schweift über die Baumwipfel hinweg. So viel Grün!

Willkommen in Marzahn. Marzahn Nordwest. An einem Nachmittag sieht man hier mehr Hochhäuser als sonst in Berlin im ganzen Jahr. Der Gast wird von den Hotelbetreibern persönlich empfangen, sie übernehmen das Rollköfferchen und führen ins Domizil für die Nacht, ins blaue Schlafzimmer, das Wohnzimmer mit Kamin und Backsteintapete, die Küche mit Blümchensammeltassen. Dann demonstrieren Seline und Phoebe, wie man sich aus der Loggia beugen muss, um in der Ferne den Fernsehturm zu erblicken.

Schon mal in der Platte übernachtet? In der Loggia kann man es sich gemütlich machen.
Schon mal in der Platte übernachtet? In der Loggia kann man es sich gemütlich machen.

© Susanne Kippenberger

Die beiden sind neun Jahre alt und Mitarbeiterinnen der Pension „11. Himmel“, die 2004 aus einer Kunstaktion mit Kindern entstand. Die Seele des nichtkommerziellen Hotelbetriebs, der Besuchern ein eigenes Bild von Marzahn vermitteln soll: Marina Bikádi, als Sozialarbeiterin zuständig für Kinder, Kultur, Café, Pension.

Am Abend findet man jede Menge Discounter, nur keine Restaurants

Prinz Charles war auch schon hier. Okay, nicht in diesem Haus, aber die riesige Plattenbausiedlung hat er besucht. „Himmelhoch C.ehn“, die Pensionswohnung im zehnten Stock, mit Ironie und Fantasie und einem Hauch Britannia eingerichtet, bezieht sich darauf. Von Charles kommt das hohe C. 30 Euro kostet das Doppelzimmer. Frühstück inklusive, Bettwäsche extra.

Das erste Mal in der Platte? Der Fremdenführer wartet schon. Ehrenamtlich, mit Wanderstock, geleitet Torsten Preußing Pensionsgäste durch die Siedlung, führt sie zu Hügeln und Hirschen und Garagen, an Wasserspielplätzen vorbei, weist auf die Um- und Rückbauten und Abrisse hin, erzählt, dass die Wildblumenwiese mal eine Kita war, zeigt die Ahrensfelder Terrassen, auf die alle so stolz sind. Preußing ist Bewohner der ersten Stunde, Generation Gummistiefel. Jahrelang mussten die Menschen in den 80ern durch den Matsch der Baustellen waten.

Am Abend zeigt die Ruhe der Schlafstadt ihre Kehrseite. Discounter findet man jede Menge, nur keine Restaurants. Selbst der „Sattmacher“ hat schon geschlossen. Aber wer braucht ein Lokal, wenn er eine Loggia mit Sitzgruppe hat? Also Tomaten, Gurken, Schafskäse, Oliven, Weißburgunder gekauft. Picknick im Himmel von Marzahn. Die Sonne gibt noch mal alles, was sie hat, bevor sie hinterm nächsten Elfstöcker verschwindet. Fehlt nur eins zum Glück: die Hollywoodschaukel, die eine Etage höher steht.

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