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Dick und fett. Butter enthält reichlich gesättigte Fettsäuren.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild

Gesunde Ernährung: Länger leben dank Butter und Mett?

Zuviel fettes Essen ist schädlich, heißt es immer. Eine große Studie stellt diese Weisheit nun auf den Kopf.

Auf die Frage, wie gesunde Ernährung aussieht, kann man total gegensätzliche Antworten finden. Was weder heißt, dass es egal ist, was man isst, noch dass es gar keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse geben würde. Eine große Studie wühlt nun wieder den ernährungsmedizinischen Urschlamm auf und stellt scheinbar gesicherte Erkenntnisse infrage. Die provozierende Hauptaussage: Reichlich Fett im Essen senkt das Sterberisiko, reichlich Kohlenhydrate erhöhen es.

Die Rede ist von der „Pure“-Studie, in der Ernährung und Gesundheit von 135 000 Personen aus 18 Ländern über sieben Jahre untersucht wurden und deren jüngste Ergebnisse diese Woche bei der Tagung der Europäischen Herzspezialisten in Barcelona präsentiert wurden.

Das Fünftel der Studienteilnehmer, die die meisten Kohlenhydrate zu sich nahmen, hatte im Vergleich zu dem Fünftel mit dem geringsten Kohlenhydratverzehr ein um 28 Prozent erhöhtes Sterberisiko während der siebenjährige Studiendauer. Genau umgekehrt sah es bei den Fettfreunden aus. Bei ihnen war das Sterberisiko um 23 Prozent gesenkt. Erwartbar war das für die allgemein als bekömmlich geltenden ungesättigten Fettsäuren. Doch selbst die Genießer der als riskant verschrienen gesättigten Fette (in Fleisch und Milchprodukten) erfreuten sich besserer Gesundheit.

Mittelmeerkost ist eher mager

Die Ergebnisse sind ein Frontalangriff auf die Empfehlungen europäischer und amerikanischer Fachleute. Diese favorisieren die mediterrane Diät. Viel Obst und Gemüse, Olivenöl statt Butter, Fisch statt rotem Fleisch und dazu Brot oder Nudeln (Kohlenhydrate!). Mittelmeer eben. Gesättigte Fette: besser nicht. Und ja, Spanier, Franzosen und Italiener haben eine um etwa zwei Jahre höhere Lebenserwartung als wir Schweinebraten-Deutschen. Liegt’s am Essen?

Entsprechend angriffslustig waren die Verteidiger der Mittelmeerküche beim Kongress in Barcelona. So versuchten sie, die Pure-Studie madig zu machen, weil nur zwölf Prozent der Teilnehmer aus westlichen Ländern stammten. Woanders sei womöglich der Fleischkonsum ein Zeichen für Wohlstand und damit für bessere Gesundheit, im Westen sei Überversorgung das Problem.

Was ist denn nun gesunde Ernährung?

Erklärt das die verkehrte Welt, nach der böses Fett plötzlich gut ist? Die Macher der Studie weisen die Kritik zurück, das Einkommen der Teilnehmer sei penibel berücksichtigt worden. Und so bleibt vorerst nur eine gewisse Demut und Zurückhaltung , wie es einer der Kommentatoren formulierte, bis man endgültig wisse, was gute Ernährung ist.

Weise Worte fand der Studienleiter Salim Yusuf von der kanadischen McMaster University gegenüber der Website „Medscape“: „Mein Rat für einen gesunden Lebensstil: Nicht rauchen und Sport treiben, das ist sehr nützlich. Auf ein vernünftiges Gewicht achten, nicht zu dick und nicht zu dünn. Dazu ausgewogene Ernährung, etwas Fleisch, Fisch, einige Portionen Obst und Gemüse – aber es ist nicht nötig, Veganer zu werden oder exzessive Mengen an Pflanzen zu vertilgen.“

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels und schreibt an dieser Stelle alle vier Wochen. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht? Bitte an: sonntag@tagesspiegel.de

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