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Karibische Farben prägen die Insel.

© Douglas Keister

Cottages in Georgia: Das perfekte Sommerhaus

Savannah, Georgia: In schlichten Cottages lebten einst Arbeiter der Eisenbahn. Wie eine Frau diese proletarische Wohnkultur rettet.

Rumpelrumpelrumpel – dröhn. Den Lachmöwen ist es egal, dass die Klimaanlage schon wieder anspringt. Ihre spitzen Schreie übertönen alles, sie drehen noch weiter auf.

Kurz vor Sonnenaufgang auf Tybee Island, dem Hausstrand von Savannah, Georgia. Ein Nachbar wässert den Rasen. „Have a great weekend“, ruft er und winkt. Es ist Mittwoch. Die Veranda aus Pinienholz ist nicht nur für den ersten Kaffee der beste Platz. Hier empfängt man Gäste, isst Blaubeerkuchen, trinkt süßen Eistee und schläft bei großer Hitze unter den Deckenventilatoren. Von überall kommt eine frische Brise. Auf Tybee fallen die Temperaturen nur im Dezember und Januar tagsüber unter 20 Grad.

Die Häuschen auf Tybee Island – gebaut zwischen 1880 und 1950, teils als Domizile für Eisenbahn-Arbeiter, teils als Sommerfluchtpunkte für schmorende Städter – atmen, wie die ganze Insel mit ihren Supermärkten und Souvenirshops, den Charme ihrer proletarischen Vergangenheit. Kreolische Südsee-Details und Mississippi-Delta-Anklänge erzählen vom kolonialen Erbe.

Die Millionäre logieren ein paar Inseln weiter, hier herrscht größtenteils eine Atmosphäre wie beim gehobenen Dauercamping: Es gibt nichts, was nicht in die Fritteuse kommt, selbst Austern. Von der ramponierten Seebrücke wird gefischt. Man ist übereingekommen, sich zu kennen. Leichte Exzentrik wird nicht nur toleriert, sondern ist erwünscht. Der Alltag bleibt vor der Talmadge Bridge, stadtwärts des Savannah Rivers.

Eine bedrohte Gesellschaft

Wer will da noch zum Strand?
Wer will da noch zum Strand?

© Jane Coslick

Es ist eine bedrohte kleine Gesellschaft. Der Reiz der sieben Quadratkilometer-Insel mit ihren gut 3000 Bewohnern blieb auch Hollywoodstars nicht verborgen, Robert de Niro und Ben Stiller drehten vor einigen Wochen hier. Dass diese Leute Grundstücke kaufen und die Cottages zugunsten größerer Villen abreißen, sieht Jane Coslick gar nicht gern. Bekommt die Inneneinrichterin Wind davon, kauft sie das Cottage kurzerhand und lässt es ein paar Straßen weiter aufstellen.

Zum Beispiel das Palm Cottage. Zum Strand sind es zehn Minuten zu Fuß. Es ist Holz und Stoff und Polster gewordenes Feriengefühl auf 60 Quadratmetern. Sandgelb, Wellentürkis, Dämmerungsrosa. Eine Symphonie der Sitzgelegenheiten: Sessel, Sofas, Tages- und Nachtbetten, Hocker, Korbstühle, Barhocker, Bänke und die typischen Südstaaten- Schaukelstühle. Stapelweise „Coastal Living“-Magazine. Teelichter in Flip- Flop-Form. Es duftet nach Salzwasser, Weichspüler und feuchtem Gras.

Jane Coslick ist Autodidaktin. Sie renovierte zuerst ihr eigenes Strandhäuschen, bevor sie es für andere tat. Ihre Gabe: Sie wittert die Bedürfnisse ihrer Kunden wie ein Spürhund, destilliert Charaktere, erkennt Stimmungen. Dann verwandelt sie ein Irgendwie-Haus in ein Genau-so- Haus.

Seit Generationen in Familienbesitz

20, 30 Cottages auf Tybee Island tragen Coslicks Handschrift.
20, 30 Cottages auf Tybee Island tragen Coslicks Handschrift.

© Douglas Keister

20, 30 Cottages auf Tybee Island tragen Coslicks Handschrift. Manche werden an Touristen vermietet, die meisten sind seit Generationen in Familienbesitz. Jane ist alterslos, sprühend, lustig, voller Begeisterung. Die Kunst sei, erklärt sie, die Balance zwischen zu viel und zu wenig zu halten. So ein Häuschen sei klein, da wirke jedes Möbelstück gigantisch, jede Holzmöwe wie ein Mammut.

Das da, im kleinen Garten, ist sicher ein Geräteschuppen? „Hahahaaa“, lacht Jane über die Fantasielosigkeit des Gastes. Sie öffnet die weiße Holztür – dahinter eine Liege, ein Kronleuchter, ein paar Regalreihen mit Büchern, sogar eine Bar. „Breezy“ ist eines ihrer treffenden Lieblingsworte, für die es keine gute deutsche Übersetzung gibt. Arbeitszimmer sucht man in der Welt von Jane Coslick vergeblich. Hier hat sie eine Hommage ans Nickerchen und den 16-Uhr-Drink geschaffen. Ihre Schuld, wenn man es auf Tybee Island kaum zum Strand schafft.

„I’m Tybee tired“ hat jemand auf kleine Holzschilder gepinselt, die sie hier als Andenken verkaufen. Zeit, aufs Tagesbett zurückzukehren. Ins perfekte Sommerhaus.

janecoslick.blogspot.com

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