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Berliner Schnauzen (42): Der Honigdachs

Sie sind nicht die größten, aber eines der wehrhaftesten Tiere. Um Honigdachse machen sogar Löwen einen Bogen. Jetzt auch als Podcast.

So ein verheißungsvoller Name: Honigdachs. Man möchte ihn gleich in den Arm nehmen und streicheln, Kuscheltier, wahrscheinlich hat er einen Knopf im Ohr. Und ständig auf der süßen Seite des Lebens, auf der honigsüßen. Wie man sich irren kann. Mellivora capensis hat es faustdick hinter den Ohren (auch wenn sie so klein sind, dass man sie kaum sehen kann). Er ist ein Raubtier.

An diesem regnerischen Wintertag ist der Honigdachs Anatol, an die 80 Zentimeter lang, in seinem Freiluftgehege im Berliner Tierpark gerade mit etwas beschäftigt, mit dem er eigentlich immer beschäftigt ist: Er gräbt. Er gräbt am Tag, aber noch lieber, wenn es dunkel ist; denn er ist ein nachtaktives Tier. Er wühlt sich in die Erde, buddelt, als hinge sein Leben davon ab, und wenn sie im Tierpark nicht ein Gitter unter das Erdreich gezogen hätten, dann hätte Anatol längst einen Tunnel in die Freiheit gegraben. „Der Honigdachs ist ein Ausbrecherkönig“, sagt Christian Kern, Säugetierspezialist im Tierpark.

Anatol gräbt hier seit drei Jahren, geboren wurde er 2010 im Zoo von Prag. Seit einem Jahr hat er Hanna an seiner Seite, die aus Tansania stammt und wahrscheinlich ein Findelkind ist. Afrika ist die eigentliche Heimat der Honigdachse. Von dort aus unternehmen sie allerdings ausgedehnte Wanderungen, gelangen über die arabische Halbinsel bis nach Indien und Zentralasien. Denn gräbt der Honigdachs nicht gerade, läuft und läuft er kilometerweit durch die Nacht. Oder er klettert. Oder schwimmt. Er ist ein sehr bewegungsorientiertes Tier.

Seine Haut ist dick wie ein Panzer

Hanna und Anatol sind leicht auseinanderzuhalten. Sie hat einen weißen Rücken, seiner ist grau, und am Bauch sind sie beide schwarz. Das ist ungewöhnlich im Tierreich, weil normalerweise die Unterseiten heller sind und die Oberseiten dunkel. Beim Honigdachs ist die Welt verkehrt. Das hat seinen Sinn: So werden mögliche Angreifer verwirrt.

Eine solche Vorsichtsmaßnahme der Natur wäre indessen gar nicht nötig. Denn der Honigdachs hat wenig zu fürchten, er kennt kaum Feinde. Die anderen Tiere wissen ganz genau, dass man sich mit ihm besser nicht anlegt. Er hat ein mächtiges Gebiss, scharfe Zähne und ebenso scharfe Krallen. Außerdem spritzt er bei Gefahr seine Gegner mit einem übelriechenden Analsekret an.

Sein allerbestes Abwehrsystem aber ist seine erstaunliche Haut. Die ist dick wie ein Panzer, was ihn vor Bienenstichen schützt, wenn er seiner – neben dem Graben – zweitliebsten Beschäftigung nachgeht, dem Plündern von Honigwaben, wovon er seinen Namen hat. Zweitens liegt diese Dickhaut wie ein viel zu großer Mantel um seinen Körper. Darüber wächst ihm ein dichtes Fell. So kann sich der Dachs in dieser lockeren Hülle winden und entschlüpft sogar der Pranke manches Löwen, der ihn einfach nicht zu fassen bekommt. Er seinerseits greift durchaus mal größere Tiere an bis hin zu Büffeln, frisst, was ihm gerade in die Quere kommt, gerne auch giftige Schlangen, ein Vegetarier ist er nicht.

„Ein wehrhaftes Tier“, sagt Christian Kern im Berliner Tierpark, „ein selbstbewusstes Kerlchen, der Kobold unter den Raubtieren.“ Manche sagen, er ist das mutigste Tier der Welt. Wahrscheinlich meint das Wort „Frechdachs“ den Honigdachs.

HONIGDACHS IM TIERPARK

Lebenserwartung:  25 Jahre

Besonderheit: Nur drei Zoos in Europa halten diese Tiere.

Interessanter Nachbar: Flughunde, Serval

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