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Limux Projekt München: Leuchtturm oder Fehlschlag?

München galt lange als das Vorzeige-Beispiel der Open-Source Bewegung. Nun steht die Stadt kurz vor der Rückkehr zu Microsoft. Wie kam es dazu?

Seit mehr als zehn Jahren galt die Münchner Stadtverwaltung weltweit als Vorbild. Unter Führung des früheren SPD-Oberbürgermeisters Christian Ude hatte die Stadt rund 60 Millionen Euro in den Umstieg auf offene Software investiert. Das eigene Betriebssystem „Limux“ (Linux + München), zahlreiche Spezialprogramme und die Formularsammlung namens „Wollmux“ machten München zum Leuchtturm zur Open-Source-Bewegung.

Die Stadt sparte bis 2012 mehr als zehn Millionen Euro.

Legendär ist der Dialog, den Ude mit Microsoft-Gründer Bill Gates im Auto zum Flughafen führte.

„Warum tun Sie das?“, fragte Gates.

Ude: „Wir wollen Freiheit.“

Gates: „Freiheit von was?“

Ude: „Freiheit von Ihnen!“

Doch München gelang nie der vollständige Umstieg, weil Unterstützung fehlte. Einige Spezialprogramme waren nicht auf Linux anzupassen. Die Pass- oder Finanzämter sind mit den Bundes- und Länderbehörden vernetzt, die nur mit Microsoft-Programmen arbeiten. Darum laufen rund 4000 der 25 000 Rechner noch immer mit Windows. Gleichzeitig ist das IT-Management zersplittert – der daraus folgende Wildwuchs wurde zum Einfallstor für ein mögliches Rollback.

Das betreibt Udes Nachfolger Dieter Reiter seit 2014 mit aller Macht. Kaum im Amt, nannte er die Forderung nach Unabhängigkeit „ideologisch“. Sodann beauftrage er den Beratungskonzern Accenture mit einer Studie – ein fragwürdiger Gutachter. Der Software-Riese zeichnete Accenture gleich neun Mal als „Geschäftspartner des Jahres“ aus, nicht zuletzt, weil beide gemeinsam mit dem Unternehmen „Avanade“ weltweit Microsoft-Produkte vermarkten. Reiter beteuert zwar, diese Verbindungen seien ihm „nicht bekannt“. Dafür kamen die Gutachter zu dem Schluss, Münchens Verwaltung benötige wieder einen „einheitlichen Windows Client“.

Dabei gebe es für die Windows-abhängigen Spezialprogramme eine elegantere und billigere Lösung, berichtet ein Mitarbeiter der IT-Verwaltung. Man könnte sie über einen zentralen Server bereitstellen, der von jedem Arbeitsplatz mit Linux-System anzusteuern wäre. „Wir brauchen keine Windows-Rechner in den Ämtern“, versichert der Experte. Diese Lösung empfahlen die Gutachter jedoch gerade nicht. Als Reiter zur Stadtratssitzung im Februar beantragte, bis 2020 mit dem „Windows-Basis-Client“ stadtweit „zu marktüblichen Standardprodukten“ zurückzukehren, war das verblüffend unausgegoren. Allein die Anpassung der 10 000 Formulare würde erneut 50 Millionen Euro kosten, sagt der Kenner aus der IT-Verwaltung. „Da müssen wir jedes einzelne noch mal neu aufsetzen.“ Ob es wirklich dazu kommt, ist darum offen.

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