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Gondeln hängen am 30.07.2017 in Köln über dem Rhein.

© dpa/ Marcel Kusch

Update

Köln: Dutzende Fahrgäste aus Seilbahn gerettet

Ein Sonntagsausflug wird zur Nervenprobe: Dutzende Menschen mussten in Köln in luftiger Höhe ausharren. Nach einem Defekt hatten sich ihre Kabinen festgesetzt, nichts ging mehr.

Ein letzter banger Blick des kleinen Jungen in die Tiefe, dann löst sich seine Hand von der Gondel. Sein Vater hat ihn fest im Griff, als die beiden gemeinsam an einem Seil aus der Kabine an der Kölner Zoobrücke abgelassen werden. Als Vater und Sohn sicher aus 40 Metern Höhe auf dem Feuerlöschboot aufkommen, brandet Applaus auf bei den Rettungskräften und Hunderten Schaulustigen. Die beiden sind nur zwei von knapp 70 Menschen, die am Sonntagmachmittag in einer spektakulären Aktion gerettet werden müssen. Geduldig hatten sie zwei Stunden ausgeharrt, bis die Höhenretter der Feuerwehr sich zu ihnen durchklettern konnten.

Das Hilfsseil der Seilbahn hatte sich festgewickelt an einer Kabine, die Gondel stoppte abrupt und hing für Stunden schräg fest an einer der beiden Pylonen der Kölner Seilbahn. Die vier Insassen, darunter zwei Kinder, konnten gerettet werden. Warum das Seil ohne größere Winde dermaßen aus seiner Fassung geraten konnte, darüber kann Thomas Miebach, der Geschäftsführer der Kölner Seilbahn-Gesellschaft, bislang nur rätseln: „Morgen schaut sich der TÜV das an, bislang wissen wir es nicht.“

Einsatz bis spät in die Nacht

Der Einsatz der Feuerwehr zog sich bis zum späten Abend hin. „Etwas in der Größenordnung hatten wir noch nicht“, sagt Christian Heinisch, der Sprecher der Kölner Feuerwehr. Im Oktober 2014 war es zuletzt bei starkem Wind zu einem Notfall an der Seilbahn gekommen. Damals musste nur eine Familie aus einer Gondel gerettet werden - Eltern und Kinder wurden auf ein Boot abgeseilt.

„Aufgewühlt, aber wohlauf“ seien die geretteten Insassen der Kabinen, sagt Heinisch. Heiß sei es gewesen in den einzelnen Gondeln am warmen Sommer-Sonntag in Köln, außerdem sei die Kommunikation zwischen Höhenrettern und den Eingeschlossenen nicht einfach gewesen. Unterstützt von Experten unter anderem aus Düsseldorf und Aachen gelang es den Höhenrettern, die ausharrenden Betroffenen in den festsitzenden Kabinen zu beruhigen.

Insgesamt 65 Gäste seien aus den Gondeln abgeseilt worden, nachdem sich eine der Gondeln an einem Stützbalken verhakt und die ganze Seilbahn abrupt zum Stillstand gebracht hatte, wie ein Feuerwehrsprecher am Sonntag mitteilte. Einige der Gäste - unter ihnen auch Kinder - mussten annähernd fünf Stunden auf die Rettung warten, weil die Gondeln direkt über dem Rhein zum Stillstand gekommen waren. Dies erschwerte den Einsatz: Rettungskräfte mussten die Menschen aus etwa 50 Metern Höhe auf Boote ablassen, der Feuerwehrsprecher sprach von einer anspruchsvollen Operation. Annähernd hundert Bergungshelfer seien beteiligt gewesen, zum Einsatz kamen Löschboote, Rettungsboote, Lenkmasten und Drehleitern.

Verletzte gab es nach Feuerwehrangaben nicht. "Die meisten waren relativ gefasst", sagte der Sprecher. "Einige wurden kurzzeitig vom Notarzt gesichtet." Entgegen früherer Meldungen habe aber niemand ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Die Seilbahn hat rund 30 Gondeln. Nach Betreiberangaben beförderte sie seit Inbetriebnahme 1957 rund 20 Millionen Gäste über den Rhein. Eine Rettung der Passagiere aus den Gondeln wurde nach Feuerwehrangaben erst vergangene Woche in einer Übung erprobt.

Eine Gondel der über den Rhein führenden Kölner Seilbahn hat sich am Sonntag an einer Seilbahnstütze verkeilt.
Eine Gondel der über den Rhein führenden Kölner Seilbahn hat sich am Sonntag an einer Seilbahnstütze verkeilt.

© dpa/ Marcel Kusch

Völlig unvorbereitet traf die Höhenretter der Notfall am Sonntag nicht. Erst in der vergangenen Woche sei ein fast exakter Vorfall in einer Übung der Höhenretter trainiert worden, sagt Heinisch - an der Unglücksstelle vom Sonntag.

In Köln schweben Gondeln bereits seit 60 Jahren über den Rhein. Die Seilbahn galt bislang stets als sicherstes Verkehrsmittel der Stadt. Sie verbindet den Zoo mit dem Rheinpark auf der gegenüberliegenden Flussseite.

Seilbahn gilt vor allem als Touristenattraktion

Allerdings gilt die Seilbahn, die 1957 zur Eröffnung der Bundesgartenschau an den Start ging, vor allem als Touristenattraktion. Ähnlich ist es in Koblenz, wo ebenfalls die Bundesgartenschau 2011 den Anstoß gab, eine Seilbahn in Betrieb zu nehmen. In Berlin schwebt seit kurzem anlässlich der Internationalen Gartenausstellung IGA eine Seilbahn über das Gelände.

Aufmerksam dürfte der Zwischenfall nun auch in Wuppertal und Bonn verfolgt werden. Denn dort gibt es Pläne, Seilbahnen weniger für Touristen als vielmehr im Nahverkehr einzusetzen. 

In Bonn hat ein Gutachten im Auftrag der Stadt ergeben, dass eine Seilbahn technisch machbar ist. Sie soll vom UN-Campus an der Museumsmeile hoch zur Uniklinik auf dem Venusberg führen - mit Option einer Verlängerung über den Rhein. Allerdings hat sich in der früheren Bundeshauptstadt ebenso wie in Wuppertal Widerstand gegen die Pläne formiert.

Bis zu 76 Menschen von Evakuierung betroffen

Die Feuerwehrleute und Höhenretter konnten bis zum Sonntagabend 60 Insassen aus 28 Kabinen in Sicherheit bringen, sagte ein Feuerwehr-Sprecher. In den übrigen vier Kabinen könnten zusammen noch höchstens 16 Menschen sitzen, so dass die Gesamtzahl der zu rettenden Fahrgäste maximal bei 76 liegen werde. Ein Mann und eine schwangere Frau wurden leicht verletzt, sie hatten nach Feuerwehr-Angaben Kreislaufprobleme. „Wir bereiten uns grundsätzlich auf die Nacht vor“, sagte der Feuerwehr-Sprecher. Man hoffe aber, die Rettungsaktion noch vor Einbruch der Dunkelheit beenden zu können. (dpa)

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