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 Einsame Zitrone: Eine Zitrusplantage in Südspanien kämpft gegen die Trockenheit.

© p-a/dpa

Klimawandel in Spanien: Die andalusische Wüste

Die Obst- und Gemüseanbauregion Andalusien gilt bereits als trockenste Gegend Europas – doch es wird noch viel schlimmer.

Europas Gemüsegärten in der südspanischen Region Andalusien könnten bald zu den ersten Opfern des Klimakollapses werden. Im milden Mittelmeerklima der Provinz Almería wachsen zum Beispiel das ganze Jahr über jene Gurken, Paprika und Tomaten, welche die Regale der europäischen Supermärkte füllen. Doch die globale Erderwärmung sorgt langsam, aber sicher dafür, dass den Bauern das Wasser ausgeht, mit dem sie ihre Plantagen beregnen. Bodenerosion und Wüstenbildung tragen ebenfalls zur Zerstörung ihre Ackerböden bei.

Miguel Arias Cañete kennt das Problem. Der Spanier amtiert seit 2014 als EU-Klimakommissar, seine Familie gehört zu den landwirtschaftlichen Großgrundbesitzern Andalusiens. Den Bauern müsse man den Klimawandel schon lange nicht mehr erklären, sagt Arias Cañete. Denn sie litten zunehmend unter immer extremeren Wetterbedingungen. „Die Hitze im Sommer versengt die Ernten.“ Zudem zerstörten immer öfter Wolkenbrüche, Hagelstürme und Überschwemmungen die Felder und die Treibhäuser.

Hinzu komme, dass die Böden durch die anhaltende Trockenheit ausdörrten und afrikanische Verhältnisse in Südspanien einziehen, prophezeit Arias Cañete. Die in Afrika Richtung Norden ziehende Wüstenbildung werde nicht am Mittelmeer stoppen, sondern den Meeresgraben überspringen. „Wir werden dann ein großes Problem mit dem Wassermangel haben.“ Es sei nicht auszuschließen, dass die Bauern an Spaniens Mittelmeerküste „in 50 Jahren keinen Tropfen Wasser mehr haben werden“ – und dann in fruchtbarere Regionen emigrieren müssen.

Auf Andalusiens Landwirte kommen düstere Zeiten zu

Auf Andalusiens Landwirte, die bedeutendsten Obst- und Gemüselieferanten der EU, kommen düstere Zeiten zu. Sie bilden einen der wichtigsten Wirtschaftszweige der Region: Produkte im Wert von mehr als vier Milliarden Euro werden jedes Jahr ins Ausland verkauft. Zu den Exportschlagern gehören auch Erdbeeren, Melonen und Zucchini; zudem werden Oliven und Wein angebaut. Hunderttausende Menschen leben von der Feldwirtschaft in Andalusien, das zu Europas Armenhäusern gehört und mit 32 Prozent die höchste Arbeitslosenquote der EU hat. Der Klimawandel könnte die soziale Not in Südspanien noch verschärfen.

Die Gemüseregion Almería gilt heute schon als trockenste Region Europas, in der die Wüstenbildung schon allerorten spürbar ist. Mehrere hundert Meter tief müssen die Landwirte Brunnen bohren, um ihre Plantagen bewässern zu können. Die Bauern hoffen nun auf Wasser aus Meerentsalzungsanlagen. Teil des Problems ist auch der intensive Anbau, bei dem bis zu drei Mal im Jahr geerntet und den Böden und Wasserspeichern keine Ruhepause gegönnt wird. Sogar im Dezember reifen in Almería die Tomaten bei Durchschnittstemperaturen von zehn bis 20 Grad.

Ob neue Verpflichtungen auf dem Klimagipfel in Paris die Gefahr für die andalusischen Landwirte abwenden können, ist eher zweifelhaft: EU-Klimakommissar Arias Cañete warnte bereits, dass keine kurzfristigen Verbesserungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Denn die Schritte gegen den Klimawandel zur Vermeidung des Temperaturanstiegs werden sich wohl erst „zum Ende des Jahrhunderts“ auswirken.

Angesichts dieses Szenarios wundert es, dass Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy so wenig für den Kampf gegen die globale Erderwärmung unternimmt: Ausgerechnet im Land der Sonne mit doppelt so vielen Sonnenstunden wie in nordeuropäischen Ländern werden der Solarenergie ständig neue Hindernisse in den Weg gerollt. Zugleich wird die Kohleverbrennung, die als Hauptursache des Klimawandels gilt, hochgefahren. Der Anteil der Kohlekraftwerke an der Elektrizitätserzeugung stieg im Jahr 2015 auf 20 Prozent. Auch weil die ausländische Importkohle derzeit billig ist und für die Verheizung nationaler Kohle staatliche Subventionen winken.

Nach Einschätzung der EU-Kommission wird es Spanien vermutlich nicht schaffen, bis zum Jahr 2020 die vereinbarten Umweltschutzziele zu erreichen. Auch bei der Verringerung des Kohlenstoffdioxids hängt Spanien zurück: 2014 wurden die CO2-Werte laut der Statistikbehörde Eurostat nur um zwei Prozent reduziert, während sie sich im EU-Schnitt um fünf Prozent verringerten.

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