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Die Regierung in Paris begründet den Schritt mit der Gesundheitsvorsorge.

© imago stock&people

Frankreich: Eine Packung Zigaretten soll bald 10 Euro kosten

Adieu Glimmstängel: Per drastischer Preiserhöhung will Frankreichs Regierung den Landsleuten das Rauchen verleiden. Grund sind die gesundheitlichen Folgen des Rauchens.

Die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn griff am Wochenende zu einem drastischen Vergleich, um ihren Landsleuten die Folgen des Tabakkonsums vor Augen zu führen. Jeden Tag, sagte die Ministerin in einem Interview des Senders BFM-TV, sterben 200 Menschen in Frankreich an den Folgen des Tabakkonsums. Das sei in etwa so, als wenn es täglich zu einem Absturz eines Flugzeuges mit 200 Passagieren komme, erklärte sie. Buzyn muss es wissen – denn bevor sie zur Gesundheitsministerin berufen wurde, war sie Präsidentin des nationalen französischen Krebsforschungszentrums in Paris.

Die Ministerin ist zur gefragten Interviewpartnerin geworden, seit Frankreichs Premierminister Edouard Philippe in der vergangenen Woche eine drastische Erhöhung des Preises für „la clope“ ankündigte, wie die Zigarette im Volksmund auch genannt wird. Schrittweise soll der Preis für eine Packung von derzeit rund sieben Euro auf zehn Euro angehoben werden. Die Erhöhung soll im Verlauf dieser Legislaturperiode bis 2022 greifen.

Ähnlich wie Gesundheitsministerin Buzyn begründete auch Philippe in seiner Regierungserklärung vor der Nationalversammlung den Schritt mit den fatalen Konsequenzen des Rauchens. Er erinnerte daran, dass der Lungenkrebs auf der Liste der vermeidbaren Todesursachen an erster Stelle stehe. Insbesondere Jugendliche würden wieder vermehrt zum Glimmstängel greifen, kritisierte der Premierminister.

Macron hatte den Schritt schon im Wahlkampf angekündigt

Die Ankündigung der Regierung kommt nicht überraschend. Bereits im Wahlkampf hatte sich Emmanuel Macron, der im Mai zum Präsidenten gewählt wurde, als Verfechter einer Erhöhung der Kippen-Preise auf zehn Euro zu erkennen gegeben. Macron ist nicht der erste Präsident, der die Tabaksucht per Preiserhöhung zu bekämpfen versucht. 2003 erklärte der damalige Staatschef Jacques Chirac einen „Krieg gegen den Tabak“ und verkündete eine Preiserhöhung von 40 Cent pro Packung. Im folgenden Jahr wurden die Packungen noch einmal um einen Euro teurer. Chiracs Maßnahme zeigte Wirkung: In der Folge ging der durchschnittliche tägliche Zigarettenkonsum innerhalb von zwei Jahren von 4,6 auf 3,9 Kippen pro Raucher zurück. Die Statistik erfasste allerdings nicht, dass sich im gleichen Zeitraum mehr Franzosen mit billigerem Nachschub im Ausland versorgten.

Dass sich viele Franzosen ihre Tabakwaren billiger jenseits der Grenzen besorgen, weiß natürlich auch ihr oberster Repräsentant. Aus diesem Grund hatte Macron im Wahlkampf die Preiserhöhung von sieben auf zehn Euro auch davon abhängig gemacht, dass Frankreichs Nachbarstaaten mitmachen. Gegenwärtig sind die Zigarettenpreise in den meisten Nachbarstaaten niedriger als in Frankreich. So kostet eine Packung in Belgien und Deutschland im Schnitt sechs Euro, in Spanien sind es sogar nur fünf Euro.

In Andorra sind Zigaretten besonders günstig

Besonders günstig sind Zigaretten im Fürstentum Andorra zu haben, das zwischen Frankreich und Spanien liegt. Schmuggelware aus Andorra taucht regelmäßig auf dem französischen Markt auf – zum Leidwesen der Tabakhändler im südfranzösischen Département Ariège, das an den Kleinstaat grenzt. Ähnlich wie die Inhaber von Zigarettenläden in anderen Grenzregionen in Frankreich haben auch hier die Händler ihr Sortiment drastisch ausgedünnt, weil sich der Verkauf der Glimmstängel kaum noch lohnt. Um gegen die Einbußen zu protestieren, hatten die Tabakhändler im März den Ortseingang der Gemeinde Tarascon-sur-Ariège blockiert.

Als Premierminister Philippe eine weitere Preiserhöhung um drei Euro ankündigte, sagte Gérard Maury, der Präsident der örtlichen Tabakhändler-Vereinigung, die Idee sei „Wahnsinn“. Schützenhilfe erhielt Maury von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die eine – von der Zigarettenindustrie in Auftrag gegebene – Studie zum Umfang des Schattengeschäfts mit geschmuggelten oder legal im Ausland erworbenen Zigaretten erstellte. Nach den Angaben von KPMG stammen inzwischen 26,8 Prozent der in Frankreich konsumierten Tabakwaren aus einem nicht kontrollierten „Parallelmarkt“.

In Westeuropa gibt es vor allem in Frankreich viele Raucher

Dennoch glaubt die Regierung in Paris fest daran, über eine Erhöhung der Preise für die heimischen Zigaretten das Qualmen entscheidend eindämmen zu können. Denn die Regierung von Edouard Philippe hält es nicht für ein Ruhmesblatt, dass Frankreich unter den westeuropäischen Staaten beim Tabakkonsum eine Spitzenposition einnimmt: 34,5 Prozent der erwachsenen Franzosen sind Raucher. Zum Vergleich: In Deutschland und Spanien sind es jeweils nur rund 25 Prozent. „Es ist ausgeschlossen“, stellte Philippe bei seiner Regierungserklärung klar, „dass wir nichts unternehmen“.

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