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Unbenutzte Küchengeräte: Erkaltete Liebe

Es gibt Küchengeräte, die sind der Hammer! Doch wenn man sie zweimal benutzt hat, stehen sie herum – manchmal jahrelang. Acht wahre Geschichten.

DER BROTBACKAUTOMAT

Was für eine Erfindung! Großartig, schwärmte ich den Kollegen vor, wir backen unser Brot jetzt selbst. Das hat so etwas Archaisches. Natürlich könnte man das noch toppen, indem man sein Getreide selbst anbaut. Aber das führt in eine andere Richtung, denn der Clou beim Brotbackautomaten ist doch, dass es wie von selbst geht: Brotbackmischung mit ein bisschen Wasser einfüllen – rühren, kneten, backen, macht er alles allein. Und Stunden später zieht der Duft frischen Brotes durchs Haus. Wie gesagt, Stunden später, das war dann der Punkt, der den Brotbackautomaten nach drei Monaten heißer Leidenschaft ins Abseits führte.

Alles andere lässt sich irgendwie handhaben: Man muss eine Weile experimentieren, bis man den persönlichen Favoriten unter den Backmischungen gefunden hat, es ist ein bisschen fieselig, das fertig gebackene Brot vom Knethaken zu befreien, ohne die Kruste zu zerstören. Aber es dauert eben drei Stunden, bis das Brot fertig ist. Bevorraten kann man sich nicht wirklich, weil das frisch gebackene Brot nicht lange frisch gebacken schmeckt. Was tut man also, wenn wieder kein Brot da ist? Man holt sich rasch eines beim Bäcker. Trotzdem bringe ich es nicht übers Herz, die Maschine wegzuwerfen, wenn sie mich mit ihrem erloschenen Display traurig anguckt. Weil, es ist ja mein Fehler, dass sie in diese Lage gekommen ist. Stephan Blume

DIE CHIPSMASCHINE

Italien ist bekannt für Pizza, Pasta und – na klar – Kartoffelchips. Mein Vater, der eine Vorliebe für abartige Mitbringsel hat, erstand Mitte der 90er auf einer italienischen Raststätte ausgerechnet eine Chipsmaschine für uns Kinder. Wir waren begeistert von dem knallroten Ungetüm. Der starke Plastikgeruch, dachten wir, wird sich schon legen. In der Anleitung stand, dass die perfekten Chips aus nichts als Kartoffeln bestünden. Der Backvorgang, so hieß es, benötige kein Öl. Wir vertrauten den Italienern. Ein Fehler.

Die Kartoffeln sollten wir mit dem Messer in hauchdünne Scheiben schneiden und danach so zurechtschnitzen, dass sie in runde Förmchen passten. Motorische Fertigkeiten, wie sie in meiner Familie niemand hat. Wir produzierten mehr Abfall als Chips. Als wir es endlich auf ganze acht Scheiben gebracht hatten, schauten wir gespannt zu, wie sie auf einer Schiene in die Plastikhölle hineinfuhren. Nach vielen Minuten konnten wir unsere Chips auf der anderen Seite einer Heizröhre in Empfang nehmen. Es waren labberige, gräuliche Fetzen. Sie schmeckten, auch mit üppig Salz, roh und – selbstverständlich – nach Plastik. Die restlichen Scheiben brieten wir in der Pfanne mit Olivenöl. Die Maschine benutzten wir nie wieder. Julia Prosinger

DER ENTSAFTER

Es begann auf dem Wochenmarkt, wo ein cleverer Früchteverwerter leicht angeschlagene, also so nicht mehr verkaufbare Obstsorten in frische Säfte verwandelte. Das schmeckte, erstens, unverschämt gut, war, zweitens, genauso unverschämt gesund und drängte sich, drittens, als ideale Methode geradezu auf, Kindern Vitamine schmackhaft zu machen.

Der Entsafter wurde gekauft, und natürlich fütterten wir ihn nicht mit Obst zweiter Wahl, sondern mit allerbesten Sorten. Wir entsafteten auch Gemüse, Mohrrüben, Gurken, und wir fühlten uns prächtig. Leider reinigte sich das Gerät nicht von selbst. Das trübte die Freude. Und der Saftbedarf des Kindes erwies sich als zunehmend geringer. Wir gingen dazu über, wieder mehr Gemüse zu essen als zu trinken. Dann aßen wir auch mehr Obst. Es war fast alles so wie früher. Nur der Entsafter störte. Unser Gewissen und überhaupt. Gefühlte Jahrzehnte stand er dann im Keller, in einer Ecke, neben der alten Kaffeemaschine und dem alten Rudergerät. Aber das ist wirklich lange her... Gerd Appenzeller

DIE POPCORNMASCHINE

Er war der Star des Abends. Auf einem Tablett wurde der Plastikpinguin über den roten Teppich in den Partyraum getragen. Ich feierte eine Hollywood-Mottoparty, es war die Nacht meines 18. Geburtstags. Der Pinguin ist eine Popcornmaschine, verkündeten meine Schulfreunde. Und mir wurde nicht mehr nur zum Geburtstag, sondern auch zu meinem ach so fantastischen Geschenk gratuliert.

Ein paar Tage später wollte ich meinen Pinguin bei einem Videoabend einweihen. Die Anleitung war simpel: Mais und Öl in den Unterleib schütten, Stecker rein – fertig. Nach etwa drei Minuten fing das Gerät an, Popcorn zu spucken – direkt aus der Pinguinnase und kreuz und quer durch die Küche meiner Eltern. Popp, Popp. Ich versuchte, die Maisgeschosse mit einer Plastikschüssel aufzufangen. Der Großteil landete aber auf dem Boden, in der Obstschale und in meinen Haaren. Und das, was ich retten konnte, schmeckte matschig. Seit diesem Abend wohnt der Popcornpinguin auf dem Dachboden. Eva Riedmann

DER SCHOKOBRUNNEN

Es war der große Wunsch unserer Tochter. Wie sie darauf gekommen war? Vermutlich auf irgendeinem Kindergeburtstag, denn dieses Ding verwandelt gewöhnliches Dessert in ein Event: der Schokobrunnen. Natürlich haben wir ihrem Wunsch entsprochen, weil, war ja Weihnachten, das Fest der Liebe. Immerhin, wir haben es gleich ausprobiert, es gab eine Menge Ahs und Ohs. Der Schokobrunnen funktioniert so: Es handelt sich um mehrere Becken übereinander, vorher erhitzte und deshalb flüssige Schokolade wird von einer schraubenförmigen Welle an die Spitze transportiert, von dort ergießt sie sich in mehreren Kaskaden ins unterste Becken, von wo sie wieder nach oben transportiert wird. Weil das Gerät zweigeteilt war, konnte man links weiße und rechts dunkle Schokolade einfüllen, ein hübscher Effekt.

Die Schokolade wird permanent erwärmt und so flüssig gehalten. Wenn man nun zum Beispiel Weintrauben oder Erdbeeren hineintaucht, erkaltet der Schokoüberzug und wird fest. Sieht toll aus und verwandelt gesundes Obst in eine Kalorienbombe. Der traurige Teil beginnt danach. Während die anderen noch feiern, versucht man, die Schokolade aus dem Gerät zu entfernen, wobei man sich an den scharfen Kanten die Hände aufschlitzt. Wartet man zu lange, kriegt man die kalte Schokolade nie wieder raus.

Wir haben das Gerät genau zweimal aufgebaut. Seitdem ist der kalte Brunnen gut versteckt. Andreas Austilat

DER SANDWICHMAKER

Wenn ich mich recht erinnere, hat mich damals das Teleshopping auf die Idee gebracht. Es war eine dieser Sendungen, in denen einen total enthusiastische, notdürftig synchronisierte Amerikaner so lange beschwatzen, bis man glaubt, das eigene Leben sei sinnlos, ehe man nicht dieses oder jenes Gerät besitze. Es ist unglaublich! Schau mal, Kathy, wie einfach das funktioniert! Hmmm, und es schmeckt fantastisch, Bruce, das hätte ich nie gedacht! Ja, Kathy, unglaublich! Rufen Sie jetzt an und Sie bekommen dieses siebenteilige Topflappenset gratis dazu!

Ich also war sehr jung und leicht zu beeinflussen, und als ich dann einen Sandwichmaker im Laden sah, beschwatzte ich wiederum erfolgreich meine Eltern. Ein paar Tage war ich selig. Die heißen Stullen, die man mit einem Sandwichmaker zubereitet, sind natürlich Essen, wie es Kinder lieben. Das Innere des Geräts wird ordentlich gefettet, dann kommen zwei mal zwei Toastscheiben hinein und dazwischen Käse, der dank der Wärme zerläuft. Es ist nicht so, dass ich sofort das Interesse an dem Gerät verlor, wie das ja häufig vorkommt bei Kindern, es wurde schon noch ein paar Mal benutzt, aber irgendwann – auf dem Eisen hatten sich inzwischen eklige, schwer zu entfernende Toastkrusten gebildet – landete der Sandwichmaker unvermeidlich im hintersten Winkel des Schranks. Auf Dauer ist in Fett getränkter Käsetoast eben doch nicht so lecker. Björn Rosen

DER APFELSCHÄLER

Die befreundeten Eltern waren begeistert: Ein Apfelschäler, sagten sie, sei eine tolle Sache für Kinder. Didaktisch wertvoll. Da könnten die Kleinen die Mechanik beobachten, sehen, wie die Apfelkerne entfernt werden – und am Ende gebe es auch noch tolle Schalenspiralen, die wie Luftschlangen aussehen.

Also habe ich so ein Gerät vor zwei Jahren gekauft, mein Sohn Bruno war damals fünf. Und er hat tatsächlich gerne Äpfel geschält damit, auch wenn er die Schalenspiralen, die die anderen Kinder angeblich so gerne essen, nie besonders toll fand, die lagen bei uns auf dem Tisch und vergammelten. Ich selbst war von Anfang an enttäuscht: Manche Äpfel – zum Beispiel Boskoop, die ich oft zum Backen brauche – sind für den Schäler zu dick, da muss man nachschälen. Wie nervig. Außerdem kann man das Teil schlecht sauber machen. Vor allem ist der Schäler gefährlich. Er war mit einem Saugnapf auf der Küchenplatte befestigt, als Bruno ihn mal in die Hand nehmen wollte. Mein Sohn zog an dem Gerät – und im nächsten Moment bohrten sich die drei Spieße, die da vorne an dem Apfelschäler dran sind, neben sein rechtes Auge. Fast wäre aus dem Apfel- ein Augapfelschäler geworden. Ich habe das Gerät dann ganz oben auf den Schrank gestellt, wo Bruno nicht rankommt. Was von dem Schäler zu halten ist, merkt man, wenn man mal bei Ebay nachschaut: Da gibt es wahnsinnig viele Leute, die die Geräte verkaufen wollen.Ulla Dahmen

DIE FEUERZANGENBOWLE

Für dieses delikate Gericht braten wir ein Stück Rinderfilet und legen es in einen Schmortopf. Auf dem Filet drapieren wir drei Schichten After Eight, drumherum bunte Marshmallows. Nun schnell noch Rotisseursenf mit Kaviar verrühren und über das Filet kippen. Wahlweise mit Sauerkrautsaft oder Red Bull aufgießen – unter dem Grill fertig garen.

Hand aufs Herz, würden Sie das essen?

So ähnlich, nur trinkbar, ist Feuerzangenbowle. Ein Zuckerhut wird mit Rum beträufelt und angezündet, er liegt auf einer geschlitzten Schaufel (Feuerzange) und tropft in einen Topf, in dem Rotwein, Gewürze wie Nelken, Zimt, Sternanis vermischt sind, je nach Gusto verfeinert mit Kirschlikör oder Tee. Servierte man dieses Gebräu Gefangenen in Guantánamo, es käme zu einem weltweiten Aufschrei. Nur weil Heinz Rühmann in einem gleichnamigen Film spielte, waren die Deutschen verrückt nach dem Punsch. Ich erbte ein Feuerzangenbowlenset, stellte es in den Keller und Jahre später bei einem Umzug in Kreuzberg auf die Straße, irgendwer nahm es mit. Sage niemand, ich hätte nicht gewarnt.Norbert Thomma

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