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Aber bitte mit Schale. Ein mit dem Bambusbesen zubereiteter Matcha.

© imago/Westend61

Gemahlener Grüner Tee: Matcha Matcha

Erntezeit! Das Pulver steckt in Limo, Eis und Kuchen, es soll wach und gesund halten. Matcha ist der Tee der Stunde.

Das ist mal eine Farbe für einen Cheesecake! Saftig grün ist das Kuchenstück, wie ein Rasen in der Frühlingssonne. „Für viele ist es gewöhnungsbedürftig, da reinzubeißen“, sagt Erik Spickschen. Die Verwirrung dürfte bei manchem Gast nicht kleiner werden, wenn er erst mal gekostet hat. Denn der Kuchen schmeckt nach Matcha, gemahlenem Grüntee, dem er auch sein auffälliges Äußeres verdankt. Süß ist er, dabei zugleich ein wenig herb, aber nicht bitter.

Der nach einem Rezept des Hauses gebackene Cheesecake ist der Bestseller in Spickschens „Macha Macha“ an der Hasenheide. In dem Café kann man mehr als zwei Dutzend grüne Tees aus Japan trinken und auch zum Mitnehmen kaufen, darunter sechs Matchas. Spickschen und seine japanische Partnerin Yumi Tanabe haben den Laden im Jahr 2014 eröffnet. Ein guter Zeitpunkt, denn seitdem hat nicht nur grüner Tee allgemein an Popularität in Deutschland gewonnen, um den Matcha ist sogar ein regelrechter Hype entstanden. Ob klassisch in heißem Wasser verquirlt, ob mit Kuh- oder Sojamilch als Matcha Latte, ob als Zutat in Gebäck und Eiscreme: War die Teesorte vor einigen Jahren höchstens ein Geheimtipp, so findet sie sich inzwischen auf mehr und mehr Speisekarten.

Man trinkt keinen Aufguss, sondern nimmt alle Bestandteile zu sich

Die plötzliche Popularität hat mit dem Trend zum gesunden Essen zu tun. Matcha rechnet man den „Superfoods“ zu, also jenen Nahrungsmitteln, die außergewöhnlich viele positiv wirkende Nährstoffe enthalten sollen und deshalb auch für Vegetarier und Veganer besonders attraktiv sind. Im vermahlenen Grüntee stecken zum Beispiel die Vitamine A, B, C und E, Eisen, Kalzium und Kalium. Anders als bei gewöhnlichem Tee trinkt man nicht nur einen Aufguss und schmeißt die Blätter danach weg, sondern nimmt alle Bestandteile zu sich.

Matcha, der gesunde Wachmacher, ist aber auch ein delikates Getränk mit einer langen Geschichte. Sie reicht bis ins China des 6. Jahrhunderts zurück. Schon damals wurde der Genuss des Tees vor allem in buddhistischen Klöstern gepflegt. In Japan setzte sich diese Matcha-Tradition fort, daraus entstand schließlich die Teezeremonie. In China geriet Matcha in Vergessenheit.

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Um Matcha herzustellen, werden die Teesträucher vier Wochen vor der Ernte beschattet. Die Blätter bekommen dadurch einen dunkelgrünen Ton. Sie werden zunächst gedämpft und getrocknet, dann entfernt man ihre größeren Gefäße. Der Rest der Blätter wird schließlich in Steinmühlen zu Pulver zermahlen, das zehn Mal feiner ist als Mehl. Für ein paar Dutzend Gramm braucht es allerdings Stunden, deshalb ist Matcha relativ teuer.

Im „Macha Macha“ zelebriert man die Ursprünge des Getränks. Nicht erst, seit Japans First Lady im vergangenen Jahr während des Staatsbesuchs ihres Mannes zum Matcha-Trinken vorbeischaute; die Haussorte ist nun nach ihr benannt: Matcha Akie heißt sie. Der Name des Cafés spielt übrigens nicht auf den Pulvertee an. „Macha“ – in diesem Fall ohne t in der Mitte geschrieben – bedeutet „purer, echter Tee“.

Dem Teemeister zuzuschauen, das sei wie eine passive Meditation

Auf die Idee, den Laden aufzumachen, kam Erik Spickschen, der vorher eine Internetfirma mitaufgebaut und mal im Nebenfach Japanologie studiert hatte, bei einer buddhistischen Pilgerwanderung auf der Insel Shikoku. Grüner Tee, erzählt er, habe in Japan ein Imageproblem, gelte eher als „Omi- und Opi-Getränk“: „Jüngere mögen lieber Kaffee oder Schwarztee.“ Besonders Produzenten hochwertiger grüner Tees haben es in letzter Zeit schwer. Also beschloss Spickschen, selbst seit jeher Teetrinker, seinen Teil zur Rettung dieser Kultur beizutragen, über den Umweg Berlin-Kreuzberg. Sein Café hat ein Designer gestaltet, der Vorderraum ist modern und japanisch-puristisch gehalten, der Raum dahinter traditioneller, mit Reisstrohmatten auf dem Boden, der Blick geht hinaus auf einen Moosgarten, den Spickschen gerade im Hof anlegen lässt. Im Hinterzimmer gilt Handy-Verbot, hier finden regelmäßig Teezeremonien statt. Dem Teemeister zuzuschauen, wie er mit seinen über Jahrzehnte eingeübten Bewegungen Matcha zubereitet, „das ist wie eine passive Meditation“.

Die Schalen sind oft kleine Kunstwerke

Feiner als Mehl: Ein Häufchen Teepulver.
Feiner als Mehl: Ein Häufchen Teepulver.

© sarawutnirothon - Fotolia

Schon die alltägliche Zubereitung eines Matchas hat ja was von einer Zeremonie. In jedem Fall genügt es nicht, das Pulver einfach mit heißem Wasser aufzugießen, weil es sich nicht darin löst. Deshalb gibt man den Matcha und 80 Grad heißes Wasser (kochendes sollte es jedenfalls nicht sein) in eine spezielle Schale und verrührt beides mit einem Bambusbesen. Eine solche Schale gibt’s im „Macha Macha“ ab etwa 30 Euro, oft handelt es sich um kleine Kunstwerke.

Für die Betreiber des „Matcha Shop“, nach eigenen Angaben Europas größter Fachhandel für original japanischen Matcha, tun es im Zweifel auch ein tiefes Glas und ein elektrischer Milchaufschäumer. Ihr Geschäft hatten Florian Rosch und Sandra Wenzl ursprünglich als reinen Onlineshop gestartet, später zogen sie von Baden-Württemberg nach Berlin – dorthin, wo ein Großteil ihrer Kunden lebt. Ihr Laden in Prenzlauer Berg wirkt auf den ersten Blick wie ein Kosmetikstudio. „Wir sind nicht die Typen, die im Kimono rumlaufen“, sagt Rosch, „wir gehen die Sache ganz pragmatisch an.“ Er bestätigt den Trend zu Matcha: „Das Interesse wächst stark, und es wird nicht verschwinden. Matcha ist ein toller Kaffee-Ersatz, eine Schale hält bis zu sechs Stunden wach, und das auf angenehme Art.“

In gut zwei Wochen startet in Japan die Erntesaison

Auch wenn er den japanischen Ursprung des Tees nicht betont, ist der Inhaber des Ladens stolz auf seine direkten Kontakte zu den Produzenten, von denen die meisten in Uji bei Kioto und auf der südlich gelegenen Insel Kiuschu daheim sind. Erst vor zwei Wochen war Shutaro Hayashi zu Besuch, der in der fünften Generation einen Teegarten bewirtschaftet. In gut zwei Wochen startet in Japan die Erntesaison, ab September ist der frische Tee dann in den Läden.

Rosch lädt zur Blindverkostung. Überhaupt, sagt er, müsse man die ostasiatische Tee- mit der europäischen Weinkultur vergleichen, um sie richtig zu verstehen. Drei Gläser mit drei Matcha-Sorten stehen auf dem Tisch. Die Unterschiede sind nicht schwer auszumachen. Das erste Pulver sieht giftgrün aus, der Tee riecht grasig und schmeckt relativ bitter. „Billige Ware aus China, da wurden die Blattgefäße nicht entfernt, sondern mitverarbeitet“, sagt Rosch, er hat sie nur zu Vorführzwecken parat – um zu zeigen, dass guter Matcha seinen Preis hat. Für 30 Gramm, die 30 Schalen ergeben, muss man mit etwa 20, 30 Euro rechnen, für exquisite Tees kann es deutlich mehr sein. „Matcha muss lichtgeschützt und kühl in einer Dose lagern, wenn er in einer Tüte verkauft wird, ist das schon mal ein schlechtes Zeichen.“ Guter Tee riecht angenehm und ist leuchtend grün.

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Die zwei anderen Gläser enthalten beide Qualitätsmatcha. Der eine allerdings wird mit älteren Blättern hergestellt, ist daher herber und eignet sich mehr zum Backen und Kochen, er kostet auch weniger. Der andere, für die Teezubereitung, entfaltet Schoko- und Umamiaromen. „Für Matchas in Teezeremoniequalität verwenden die Produzenten junge, frische Triebe.“

Mittlerweile steckt Matcha in den verschiedensten Produkten. Im „Matcha Shop“ kann man sogar Energydrinks, Limonaden, Fruchtaufstriche und Schokoladen kaufen, die das Teepulver enthalten. Süßes und der eher herbe Geschmack des Matcha gehen eben gut zusammen.

„In Japan trinkt man Matcha immer zu Süßigkeiten“, erzählt Shin Komine, der aus der Nähe der japanischen Hauptstadt Tokio stammt und seit Dezember eine nach ihm benannte Pâtisserie in Schöneberg betreibt. „Aber er hat weniger das Image, supergesund zu sein. Man denkt, dass Teetrinken grundsätzlich gut tut.“ Eine typische Kombination sind Matcha und eine Paste aus süß eingekochten roten Bohnen. Warum das so gut funktioniert? „Es passt einfach, wie Brot und Butter.“

Grün aufgetragen: Matcha-Kuchenglasur.
Grün aufgetragen: Matcha-Kuchenglasur.

© mauritius images

Komine hat in Tokio eine Ausbildung als französischer Pâtissier absolviert. Den Trend in Deutschland, alles mögliche Gebäck mit Matcha zu backen – „Matcha. Das Kochbuch“ aus dem teNeues Verlag enthält zum Beispiel Rezepte für Marshmallows über Crème brûlée bis zum Vanille-Matcha-Plätzchen – , sieht er skeptisch. „Ich glaube, manche benutzen Matcha falsch.“ Er selbst hat sich an einem Cheesecake versucht, eine Auftragsarbeit für ein Restaurant, aber war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. „Wenn man Matcha reintut, muss man die Säure reduzieren, das ist nicht leicht.“

Ganz ohne Matcha geht es offenbar trotzdem nicht. Unter den neun Kreationen, die man derzeit im „Café Komine“ kosten kann, gibt es neben französischen Klassikern wie Tarte au citron und Mont Blanc auch eine mit dem Teepulver: einen Matcha-Windbeutel.

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