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Die Falafel genannten Kichererbsenbällchen sind in fast allen Küchen des Orient bekannt. Die Rezepte aber sind ungezählt.

© imago/Westend61

Die Kochbücher der Woche: Dreimal Orient

Drei neue Kochbücher widmen sich der Orientalischen Küche. Wir verraten, in welchem das beste Falafelrezept steht.

Das arme Schwein. Über das unschuldige Tier entbrennt ja irgendwann immer Streit, wenn man sich mit der arabischen Küche auseinandersetzt. Und das passiert in letzter Zeit recht häufig, seit der Koch-Entrepreneur Yotam Ottolenghi mit seinem Bestseller „Jerusalem“ der Küche des Nahen Ostens zu neuer Aufmerksamkeit verholfen hat. Oft wird dann über eine angebliche Unreinheit des eigentlich sehr reinlichen Borstentiers fabuliert oder über mögliche Krankheitsgefahren in den Küchen der Prä-Meister-Propper-Ära.

Auch Ekel kann man lernen

Dabei ist der Ursprung des Schweinefleisch-Tabus wohl tatsächlich von Anfang an religiöser Natur. „Schweine waren im Nahen Osten Opfertiere zu Ehren heidnischer Göttinnen und Götter“, schreibt der Islamwissenschaftler Peter Heine in seiner Abhandlung „Köstlicher Orient – Eine Geschichte der Esskultur“. Keine Schweine zu essen sollte Juden und Muslime demnach von der Glaubenskonkurrenz unterscheidbar machen. Irgendwann verselbständigt sich die Sache. Merke: Auch Ekel kann man lernen.

Peter Heine: „Köstlicher Orient – Eine Geschichte der Esskultur“. Wagenbach, 240 Seiten, 29,90 Euro
Peter Heine: „Köstlicher Orient – Eine Geschichte der Esskultur“. Wagenbach, 240 Seiten, 29,90 Euro

© promo

Heine beschränkt sich bei seiner Untersuchung jedoch nicht nur auf „halal“ und „haram“. In acht klar geordneten Kapiteln mit noch strengerer Untergliederung und sparsamster Illustration zeichnet er den Weg des Döners nach, erklärt die Rezeptur von Rosenwasser und Fastenregeln, vergleicht historische mit modernen Kochbüchern und antike Köche mit den um Versöhnung bemühten „Chefs for Peace“. Dazu gibt es mehr als 100 Rezepte aus allen Epochen, wobei so manche in Vergessenheit geratene Technik entdeckt werden kann, wie zum Beispiel die, einen Fisch in unterschiedlich getränkte Lagen Verband zu wickeln, um ihn dann im Ofen gleichzeitig zu backen, zu kochen und zu frittieren.

Die Sprache des emeritierten HU-Professors allerdings ist trocken wie Fertigfalafel. Ausgeschmückte Anekdoten findet man in dem wunderschön gebundenen und auf dickem Papier gedruckten Buch nicht, weshalb es sich eher als Lexikon denn zur Lektüre empfiehlt.

Ulrike Plessow: „Das orientalische Kochbuch“. Jacoby & Stuart, 160 Seiten, 19,95 Euro
Ulrike Plessow: „Das orientalische Kochbuch“. Jacoby & Stuart, 160 Seiten, 19,95 Euro

© promo

Das Kontrastprogramm dazu stammt von Ulrike Plessow. Sie hat vor Jahren in eine anatolische Bäckersfamilie eingeheiratet und verrät in „Das orientalische Kochbuch“ nicht nur etliche von deren Familienrezepten für „Fattoush“, „Lammpilaw“ oder „Überbackenen Milchreis“, sondern in den kurzen Kapiteleinleitungen auch reichlich Anekdötchen.

Wasserfarbe statt Fotografie

Das ist manchmal sehr interessant, wenn Plessow das alte Backhandwerk der Urschwiegerelten beschreibt, manchmal ein bisschen schmalzig, wenn sie von überschwänglicher Herzlichkeit und Familienidyll beim Picknickausflug erzählt. Durchweg gelungen hingegen sind die Wasserfarbbilder, mit denen Annegret Ritter das Buch illustriert hat, die es deutlich von der mit klassischen Fotos arbeitenden Konkurrenz abheben.

Salma Hage: „Orient – Köstlich vegetarisch“. Phaidon, 272 Seiten, 29,95 Euro
Salma Hage: „Orient – Köstlich vegetarisch“. Phaidon, 272 Seiten, 29,95 Euro

© promo

Dazu gehört auch „Orient – Köstlich vegetarisch“, das die 1942 im Libanon geborene und heute in London lebende Köchin Salma Hage verfasst hat. Nach einem Geleitwort von niemand Geringerem als Sternekoch Alain Ducasse berichtet die Autorin in einer längeren Einleitung unter anderem von den Entbehrungen ihrer Kindheit und wie sie über ihren vegetarisch lebenden Sohn auf die fleischlose Küche kam. Danach stellt sie auf sehr konventionell gestalteten Seiten und ebensolchen Fotos Gerichte wie „Blumenkohl-Kichererbsen-Burger“, „Libanesische vegane Moussaka“ oder „Kokos-Ingwer-Torte“ vor.

Wer braucht ein Rezept für Minztee?

Alles sehr brauchbar und weit entfernt von der ansonsten oft unvermeidlichen Hackfleischfüllung, wenngleich manches der mehr als 140 Rezepte eher dem Umfang des Buches als der Inspiration geschuldet scheint. Wer bitte braucht eine Anleitung für „Minztee“ oder eine für „Gebratenen Brokkoli mit Bohnen und Tomaten“, die sich darin erschöpft zu erklären, dass man den Brokkoli kurz kochen und dann alles flott anbraten soll?

Das beste Falafel-Rezept findet sich übrigens bei Peter Heine. Der würzt die Kichererbsenbällchen mit Sumach-Pulver und Zimt.

Peter Heine: „Köstlicher Orient – Eine Geschichte der Esskultur“. Wagenbach, 240 Seiten, 29,90 Euro

Ulrike Plessow: „Das orientalische Kochbuch“. Jacoby & Stuart, 160 Seiten, 19,95 Euro

Salma Hage: „Orient – Köstlich vegetarisch“. Phaidon, 272 Seiten, 29,95 Euro

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