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In der Pasta-Ecke kann man zuschauen, wie alles frisch zubereitet wird.

© D. Rogacki Photography/www.rogacki.de

Berliner Imbisse im Test: Soll man jetzt sozialkritisch motzen?

Eigentlich ist die Wilmersdorfer Straße eine Schmuddelmeile. Und mittendrin Rogacki, altes West-Berlin, auf feine Dame getrimmt, protzig, dekadent.

Man könnte jetzt natürlich draußen sitzen an einem dieser wenigen Sommertage. Aber bei Rogacki draußen sitzen? Rogacki ist drinnen, und wenn es draußen 50 Grad hätte. Rogacki ist Kult, ist es seit fast 90 Jahren, ist Feinkost mit Fleischtheke und Wildtheke und Käsetheke und Fischtheke. Oh ja, mit Fischtheke. Und mit drei Imbissständen in der Mitte.

An der Imbisstheke isst man Blut- und Leberwurst mit Püree (6, 80 Euro), eigentlich ekelig, aber vorzüglich. Die Goulaschsuppe, die hier wirklich mit „ou“ geschrieben wird und 2,30 Euro kostet, könnte man selbst nur mit viel Aufwand besser machen. Es gibt aber auch drei Austern mit einem Glas Wein für 10,65 Euro. Und Krabben mit Spaghetti in Hummersauce für 10,96 Euro. Der unaufgerundete und unabgerundete Preis erinnert ein wenig an das alte Ost-Berlin. Ob es so was dort wohl gab? Heute sollen es Spaghetti mit Schweinefilets sein, mit frischen Kräutern, Chili und Parmesan. Ein italienisches Paar kommt herein, sieht das Gericht, sieht den gehobenen Daumen des Essers, bestellt das Gleiche, isst, erhebt seinerseits den Daumen.

Soll man jetzt sozialkritisch motzen?

Man kann zuschauen, wie alles frisch zubereitet wird, okay, vielleicht die Goulaschsuppe nicht, die braucht ja ihre Zeit. Einziges Problem: Rogacki, manche sagen Rogatzki, ist teuer. Es gibt Menschen, die fahren mit dem SUV zum Mittagsmahl vor, die stehen dann in der zweiten Reihe und verstopfen die Wilmersdorfer Straße. Andere fahren mit dem Rad vor, vorzugsweise mit dem Lapierre, dem Kaviar unter den Fahrrädern.

Eigentlich ist die Wilmersdorfer Straße eine Schmuddelmeile, Billigläden ohne Ende, zum großen Teil Fußgängerzone, wie sie in Gelsenkirchen oder Paderborn nicht hässlicher sein könnte. Und mittendrin Rogacki, altes West-Berlin, protzig, auf feine Dame getrimmt, wir sind schließlich wer, denen da drüben zeigen wir es mal, zum Mittag trinken wir hier Champagner. Soll man jetzt sozialkritisch motzen?

Um die Imbissstände herum werden die kulinarischen Köstlichkeiten der Welt angeboten: Fleisch, Wild, Käse, der Fisch schwimmt noch im Bassin, und wenn nicht, liegt er auf Eis und schwamm gerade noch und schaut einen mit großen Augen an, als freue er sich, gleich verspeist zu werden. Wir haben uns dann gegen die Sozialkritik im Rogacki entschieden, haben die Dekadenz gewählt. Wundervoll.

Adresse  Wilmersdorfer Str. 145/146, Charlottenburg

Geöffnet Mo–Fr 9–19, Sa 9–16 Uhr

Interessante Nachbarn Penny, Dream Nails und das Bauhaus

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