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Digitalisierung: Was Häme über Roboter über uns sagt

Der Helfer-Roboter Steve fährt in den Centerbrunnen - und die Welt lacht sich schlapp. Nett ist das nicht, aber total menschlich. Eine Kolumne

Eine Kolumne von Anna Sauerbrey

Er war noch nicht einmal eine Woche im Dienst, da hatte Steve einen schweren Arbeitsunfall. Der Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, der einen schicken Einkaufs- und Appartementkomplex in Washington D.C. beaufsichtigen sollte, fiel bei einem Rundgang in einen Brunnen. Er sei „schwer beschädigt“ und in „kritischem Zustand“, teilte die verantwortliche Stelle mit. Auf Twitter aber brach Häme über Steve herein. Anwohner fotografierten den hilflos im Wasser Liegenden und veröffentlichten die Bilder versehen mit gehässigen Kommentaren.

Steve ist ein Roboter. Dennoch hat die Häme etwas Seltsames. Einerseits vermenschlichen die zahlreichen Twitterer die Maschine, bezeichnen sie als „Freund“ und sprechen von einem „Missgeschick“. Mitleid empfinden sie aber nicht.

Roboter gelten vielen als Bedrohung - schön also, wenn sie patzen!

Woher rührt die Schadenfreude? Bei einigen lag es wohl daran, dass Steve oder K5 – so sein technischer Name – eine Sicherheitskamera auf Rollen ist. Modelle des Herstellers „Knightscope“ nehmen laut Unternehmenswebseite Videos, Geräusche und Wärmebilder auf und senden die Daten live. So sparen Sicherheitsfirmen Personal. Steves Design erinnert an R2D2 aus den Star-Wars-Filmen – wohl gerade, damit die Menschen ihn nicht als „Überwacher“ wahrnehmen.

Roboter-Unfälle sind Social-Media-Hits. „SpotMini“, ein Haushaltsroboter, dessen Design an die Form eines Hundes erinnert, ließ der Hersteller auf Bananenschalen ausrutschen und filmte ihn dabei. Die Folge: kollektives Gelächter.

Die einfachste Erklärung ist Erleichterung. Beinahe täglich erzählen uns Unternehmensberater und Visionäre wie der israelische Historiker Yuval Harari, dass wir bald von überlegenen künstlichen Roboterintelligenzen ersetzt werden. Schadenfreude ist unsere Rache. Doch obwohl Roboter nicht fühlen können: Es hat einen Hauch von innerer Verrohung, sich am Missgeschick einer Kreatur zu erfreuen, die man, ob man will oder nicht, als menschlich wahrnimmt.

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