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Porzellanhafte Schönheit. Christiane Kaufmann, hier 1990, sagte: "Ich bin brutaler als ich scheine."

© imago/teutopress

Christine Kaufmann ist tot: Wie man die Welle reitet

Sie begann als Kinderstar, eroberte Hollywood, heiratete Tony Curtis und brillierte in "Monaco Franze". Ein Nachruf auf Christine Kaufmann.

Pompöser ist kein Weltreich untergegangen. Jedenfalls nicht im Kino. Während der Vesuv bereits grummelt, feiern die Römer im italienischen Sandalenfilm „Die letzten Tage von Pompeji“ noch dekadente Feste, bei denen es nicht fehlt an Thunfisch, Trank und Tänzerinnen. Als ein Centurio, traumatisiert und wutentbrannt, weil seine Familie ermordet wurde, dem sanftmütigen Christenmädchen Elena begegnet, rät sie ihm, sich von Gerechtigkeit leiten zu lassen, nicht von Rache.

Das Mädchen, das den Offizier sichtlich beeindruckt, ist fast noch ein Kind unfähig, wie es heißt, „seine Gefühle zu beherrschen“. Gespielt wird Elena von der porzellanhaft schönen Christine Kaufmann, die damals 14 Jahre alt ist. Ein halbes Jahrhundert später wird sie in einem Interview sagen: „Ich nehme alles über meine Sinne wahr, nicht über den Intellekt, der wahrscheinlich auch kaum vorhanden ist.“ Das ist natürlich untertrieben, auf eine kluge Weise.

Golden Globe mit 16

Christine Kaufmann, die am Dienstag mit 72 Jahren in München gestorben ist, war eine charmante und gewitzte Erzählerin. Ihr Leben, das mehr als 60 Jahre lang ein öffentliches war, bot reichlich Stoff. „Ich habe so viel erzählt, dass niemand weiß, wer ich wirklich bin“, lautete die Formel ihrer Tarnung. Sie versteckte sich hinter Anekdoten. Also gleich ein paar mehr davon. Bevor Kaufmann als pompejanisches Christenkind ihr internationales Filmdebüt feierte, war sie für einen anderen Historienfilm abgelehnt worden. Aber das Casting für „Die Wikinger“ verlief für sie dennoch erfolgreich. Denn Kirk Douglas und Tony Curtis bekamen die Hauptrollen.

Douglas holte Kaufmann in den Film „Stadt ohne Mitleid“, als Opfer eines Vergewaltigungsdramas, und machte sie damit in Hollywood bekannt. Die Schauspielerin, nun 16, wurde dafür mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Und Curtis hat Kaufmann geheiratet. Mit dem Hauptdarsteller von „Manche mögen’s heiß“, damals ein A-Star, hatte sie zwei Töchter, doch Hollywood empfand sie auf Dauer als wenig interessant. „Er hat geglaubt, wenn er mich heiratet, wird er zu mir, jung und vielsprachig“, erzählte Kaufmann in einem Fernsehgespräch mit dem ORF. „Wenn man jemanden heiratet, der einem so ähnlich ist, fällt es schwer, dauerhaft Leidenschaft zu entwickeln.“ Die Ehe wurde 1968 nach fünf Jahren geschieden.

Rückkehr nach Europa

Die deutsch-österreichische Schauspielerin, die 1945 in der Steiermark geboren wurde, hat in ihrer Darstellung lange Zeit mehr überlebt als gelebt. Mit sieben Jahren dreht sie ihren ersten Film und die „Entwurzelung und Entsozialisierung“ beginnt. Der Heimatfilm „Rosen-Resli“, in dem sie als Waisenkind bei einem Gärtnerehepaar aufwächst, machte Kaufmann, angetrieben von ihrer ehrgeizigen französischen Mutter, zum Kinderstar. Es folgen Filme wie „Der schweigende Engel“, „Ein Herz schlägt für Erika“ und „Witwer mit fünf Töchtern“, allesamt Werke, die sie sich nicht anschauen mochte, „weil ich mich sonst übergeben müsste“. Unterrichtet wird der junge Star nicht in der Schule, sondern am Filmset.

Auch ihren ersten Kuss bekommt sie mit 13 vor der Kamera. „Nicht einen, sondern viele Küsse, die Szene wurde ja wiederholt. Ich habe damals viele Küsse verteilt, für mich war das eher eine Art von Knicksen.“ In ihren Memoiren spricht sie von sich als „kindlicher Sexgöttin“.

Als Christine Kaufmann nach Europa zurückkehrt, ist sie 24 Jahre jung und bereits ein Altstar. Sie dreht das deutsch-italienische Erotik-Melodram „Liebesvögel“ mit O.W. Fischer in seiner letzten Kinorolle, schließt sich der Family von Rainer Werner Fassbinder an, tritt in seinem Science-Fiction-Fernsehfilm „Welt am Draht“ und in den Melodramen „Lili Marleen“ und „Lola“ auf. Ihre Figuren heißen Miriam oder Susi, es sind kleine Rollen. „Ich bin keine gute Schauspielerin, aber eine gute Komödiantin“, hat sie konstatiert. Als erster erkannte diese Begabung Helmut Dietl, der sie für seine Fernsehserien „Der ganz normale Wahnsinn“ und „Monaco Franze“ engagierte.

"Schreckliche Frau, aber lustig"

„So viel schöne Frauen gibt es / Die möchte ich alle kennen / Doch das geht schon zeitlich nicht“, singt Helmut Fischer als „Monaco Franze“. Der ist ein unwiderstehlicher Casanova, und Christine Kaufmann verkörpert als Angestellte im Antiquitätengeschäft von dessen Frau das genaue Gegenteil: Olga Behrens ist eine frühvertrocknete Spaßverderberin mit Schmetterlingsbrille. „Schreckliche Frau“, hat Kaufmann gesagt, „aber lustig“.

Ihre Autobiografie sollte „Indiskret und schwindelfrei“ heißen, bekam dann aber den Titel „Scheinweltfieber“.

„Mit neun Jahren erwischte mich 1953 die erste Welle des Ruhms, dabei lernte ich zwei Dinge“, schreibt sie. „Man kann die Wellen nicht machen, man kann nur lernen, sie zu reiten. Man darf sich selbst nicht mit dem verwechseln, was die Menschen in einem sehen.“

Christine Kaufmann litt an Leukämie und war zuletzt in ein künstliches Koma versetzt worden. Ihr Weggefährte Kirk Douglas, 100, schickte in einem Abschiedsgruß „all’ meine positive Energie“ zu ihr in die Münchner Klinik.

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