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Erziehungslager. Im „Normalisierungscamp“ von Mesetas sollen einstige Farc-Kämpfer auf das zivile Leben vorbereitet werden.

© Philipp Lichterbeck

Lateinamerika: Kolumbien: Der Krieg um den Frieden

Kolumbiens Bürgerkrieg war brutal und währte ein halbes Jahrhundert. Der Staatspräsident erklärt ihn nun für „wahrlich beendet“. Opfer sehen das anders, und einige Täter zünden weiter Bomben. Unser Blendle-Tipp.

Sie habe vor den Todgeweihten gestanden und gebetet. Vor drei jungen Männern, die sie doch schon aus Kindheitstagen kannte und nun erschießen sollte. Die drei seien so alt gewesen wie sie selbst, also noch viel zu jung für all das. Würde sie dem Befehl nicht nachkommen, habe man ihr gesagt, dann würde eben sie selber sterben. „Ich sah ihre Blicke, die flehten: ,Töte mich nicht!’“

An dieser Stelle stockt Florenia Parradias – zum ersten Mal in ihrer Erzählung. Aber sie fängt sich und redet weiter. Mit sanfter und schwingender Stimme. Trotz der harten und unverrückbaren Dinge, die sie ausspricht.

Florenia Parradias sitzt in modisch zerschlissenen Jeans in der Lobby eines Hotels in der kolumbianischen Provinzstadt Villavicencio. 40 Jahre alt ist sie, und ein bisschen herausgeputzt hat sie sich. Parradias hat Lipgloss aufgetragen und glitzernde Ohrringe angelegt. Die Trauer in ihren Augen vertreiben sie nicht.

Sie ändern auch nichts an den Morddrohungen, die sie erhält, weil sie eine Geschichte zu erzählen hat, die einstigen kolumbianischen Kriegsparteien nicht gefällt. Parradias’ Haus wurde eine Woche zuvor von Unbekannten beschossen.

Wer ist Opfer, wer Täter?

Angeblich herrscht seit dem Ende des vergangenen Jahres Frieden in Kolumbien. Seit Ende Juni gilt die marxistische Guerilla-Gruppe Farc als beinahe vollständig entwaffnet. Das dadurch entstehende Machtvakuum füllen nun andere – und auch einstige Farc-Kämpfer selbst. 200 sollen es sein, die sich weiter am lukrativen Kokainhandel beteiligen wollen. Sie sind für Bombenanschläge in der Region verantwortlich.

Villavicencio liegt im Zentrum Kolumbiens, am Ostrand der Anden. Die mächtigen Berge laufen hier in eine Ebene mit riesigen Rinderweiden und Palmölplantagen aus, die schließlich in den Amazonas-Dschungel übergeht. Weite Teile der Region wurden bis vor Kurzem von den Farc beherrscht, den Bewaffneten Revolutionären Streitkräften Kolumbiens. Aber auch rechte paramilitärische Gruppen führten hier Krieg. Und die Drogenkartelle aus Medellín und Cali.

Es war die Mischung, die den Bürgerkrieg in Kolumbien so brutal und unübersichtlich machte und ihn ein halbes Jahrhundert lang andauern ließ. Ein Krieg, in dem auch die Eindeutigkeit verloren ging. Wer ist Opfer, wer Täter?

In der vergangenen Woche hat Kolumbiens Präsident Manuel Santos den Bürgerkrieg in seinem Land für „wahrlich beendet“ erklärt. Aus den Waffen der Farc sollen Denkmäler gegossen werden. Seit November ist ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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