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Großer Klub. Belgorod verfügt nicht nur über den 2,18-Meter-Spieler Muserski, sondern auch über viel Einfluss.

© imago/Fotoarena

Volleyball: Verband kuscht vor reichen Klubs

Rückschlag für die BR Volleys: Der europäische Volleyball-Verband zeigt Milde gegenüber Belgorod und entschuldigt sich sogar bei den Russen.

Von Johannes Nedo

Eigentlich könnte Kaweh Niroomand sehr entspannt und zufrieden in die Weihnachtspause gehen. Die BR Volleys sind in der Bundesliga ungeschlagen Tabellenführer, im Pokal haben sie das Finale erreicht und auch in der Champions League gewannen die Berliner zuletzt zwei Spiele nacheinander. Dass die Laune des Volleys-Managers derzeit doch etwas getrübt ist, hat dann auch gar nichts mit der eigenen Mannschaft zu tun, sondern mit dem Verhalten des europäischen Volleyball-Verbands CEV. Dieser hat heimlich, still und leise eine Entscheidung getroffen, die getrost als Skandal bezeichnet werden kann. Auch im Hinblick darauf, wie die CEV mit den Klubs kommuniziert.

Hintergrund ist der Konflikt zwischen Russland und der Türkei

Auslöser für Niroomands Verstimmung war das Verhalten der russischen Champions-League-Teilnehmer Belogorie Belgorod und Dynamo Moskau Anfang Dezember. Die zwei Vereine waren nicht zu ihren Auswärtsspielen in der Türkei angetreten. Als Grund gaben sie die politischen Spannungen zwischen beiden Ländern an, nachdem Ende November ein russisches Kampfflugzeug im syrisch-türkischen Grenzgebiet von der Türkei abgeschossen worden war.

Niroomand hatte für Belgorod sofort eine härtere Strafe als einen Punktabzug gefordert. „Man kann doch nicht eigenmächtig aus politischen Gründen ein solches Spiel absagen“, schimpfte er. Der 63-Jährige war auch deshalb so aufgebracht, weil sich Belgorods Nichterscheinen bei Arkas Izmir besonders auf die Volleys auswirkt. Die Berliner konkurrieren mit den Türken um Platz zwei in der Vorrundengruppe. Belgorod hätte gegen Izmir höchstwahrscheinlich gewonnen, doch mit den drei Punkten vom Grünen Tisch ist der Türkische Meister nun klar im Vorteil. Und die Volleys sehen sich ihrer sportlichen Chance beraubt.

„Wir hoffen, Sie verstehen unsere Entscheidung“

Noch mehr ärgert sich Niroomand allerdings über die CEV. Ohne eine offizielle Mitteilung wertete der Verband die Partie zwischen Izmir und Belgorod nun mit 3:0. Auf der eigenen Internetseite hat die CEV die Tabelle der Gruppe bereits angepasst. Aber das ist noch nicht alles. Die stets gut informierte Redaktion der Volleyball-Nachrichtenseite „worldofvolley.com“ veröffentlichte Auszüge aus dem Brief, den der europäische Verband an Belgorod und Dynamo Moskau geschickt hatte. Darin heißt es: „Die CEV war enttäuscht, dass die russischen Klubs nicht in die Türkei gereist sind – aber wir verstehen die Gründe. Darum werden Belogorie und Dynamo nicht vom Wettbewerb ausgeschlossen, sondern verlieren die Spiele.“ Die Ausführungen gipfeln sogar in einer Art Entschuldigung: „Wir hoffen, Sie verstehen unsere Entscheidung.“

Dass Europas Volleyball-Verband vor den finanzstarken russischen Vereinen kuscht, ist ein deutliches Signal bezüglich dessen Unabhängigkeit. „Das wirft kein gutes Licht auf den Wettbewerb“, sagt Niroomand. „Und wir haben keine Chance, auf die Entscheidung zu reagieren. Denn wir haben kein offizielles Schreiben.“

Offensichtlich wird beim CEV mit zweierlei Maß gemessen. 2012 wurde das Frauenteam des USC Münster aus einem Europapokal-Wettbewerb genommen, weil es nicht zu einem Auswärtsspiel in das von Raketen beschossene Tel Aviv anreiste. Die CEV erkannte Münsters Sicherheitsbedenken nicht an. Warum der Verband bei den Russen anders entscheidet, versteht Niroomand nicht. „Wir sind verlassen“, sagt er resigniert.

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