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Tennis hat ihm gefehlt. Novak Djokovic ist wieder wettbewerbsfähig. Wie weit ihn das in Melbourne bringt, ist allerdings nicht abzusehen – auch nicht von ihm selbst.

© Lewins/dpa

Tennis: Novak Djokovics Comeback in eine unsichere Zukunft

Novak Djokovic kehrt bei den Australian Open nach langer Verletzungspause mit einem lockeren Erstrundensieg ins Turniergeschehen zurück.

Novak Djokovic hatte sich in eine Ecke in den Katakomben der Margaret-Court-Arena zurückgezogen. Er wollte sich vorbereiten, sich konzentrieren auf sein erstes Match nach einer sechsmonatigen Zwangspause. Doch Ruhe fand der Serbe dabei nicht.

Arbeiter, Turnierangestellte und andere Spieler wuselten im Gang herum, überall herrschte geschäftiges Treiben an diesem zweiten Tag der Australian Open. Zudem wurde Djokovic noch von seinem eigenen vierköpfigen Team umringt. Während sein Coach Andre Agassi im Wechsel mit Co-Trainer Radek Stepanek auf ihn einredete, wärmte Djokovics Physiotherapeut beherzt den lädierten rechten Ellbogen auf. Während an seinem Arm gerubbelt und gezogen und ihm schließlich noch ein Ärmel als Schutzbandage übergestülpt wurde, versuchte Djokovic immer noch zuzuhören, was Agassi ihm einflüsterte. Zum Abschluss noch ein kleiner ’Huddle’, wie ihn Footballer als Motivationskreis vor Spielen zelebrieren, und dann ging Djokovic hinaus in die Arena und war auf sich gestellt.

Ein leichter Zweifel schwang dabei mit. Seit seiner Aufgabe im Viertelfinale von Wimbledon hatte die ehemalige Nummer eins nicht mehr spielen können. „Ich habe in meiner Karriere noch nie so lange pausieren müssen“, sagte Djokovic vor dem Turnier. Würde ihm der Neustart gelingen? Genau ließ sich die Frage noch nicht beantworten, denn der US-Amerikaner Donald Young spielte nur die Rolle als perfekter Aufbaugegner für verunsicherte Rekonvaleszente. Mit 6:1, 6:2 und 6:4 gelang Djokovic ein problemloses Comeback, das aber wenig Aussagekraft hatte. „Ich bin einfach glücklich, dass ich wieder Tennis spielen kann“, sagte Djokovic: „Es hat mir gefehlt.“

2016 hielt er als erster Spieler seit 1969 alle Major-Titel

Der Absturz, den der 30 Jahre alte Serbe nach seinem erlösenden Triumph bei den French Open 2016 erlebte, dagegen nicht. Zu diesem Zeitpunkt war ihm der letzte fehlende Sieg endlich geglückt, und er hielt als erster Spieler seit dem legendären Rod Laver 1969 alle vier Major-Titel. Djokovic spielte in seiner eigenen Klasse, führte die Weltrangliste mit meilenweitem Vorsprung an. Doch im Moment seines größtes Erfolgs begann seine tiefste Krise. Djokovic fiel es immer schwerer, sich zum Tennisspielen zu motivieren, er hatte Probleme in seiner Ehe und sein Ellbogen schmerzte.

Dann war er plötzlich zum Nichtstun verdammt und nutzte die Zeit, um in sich zu gehen, sich neu auszurichten. „Kein Tennisspieler will verletzt sein“, sagte Djokovic, „aber die Zwangspause gab mir die Möglichkeit, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Es gibt auch ein Leben außerhalb des Tenniscourts.“ Die meiste Zeit seiner Karriere hatten Ehrgeiz und Erfolg bestimmt, die ihm zunächst die Rolle der ewigen Nummer drei hinter Roger Federer und Rafael Nadal einbrachten. Dann aber spielte Djokovic plötzlich in seiner eigenen Liga, gewann innerhalb von fünf Jahren elf seiner zwölf Grand-Slam-Titel. Nun will der Serbe seine dritte Karriere starten, wie er selbst sagt.

Welche Rolle er dort neben den wiedererstarkten Federer und Nadal dauerhaft spielen kann, ist jedoch offen. Denn Details über seine Verletzung und deren Behandlung will Djokovic nicht preisgeben. Nur soviel: „Es ist noch nicht zu 100 Prozent ausgeheilt. Aber ich bin auf einem Level, auf dem ich wettkampffähig bin.“ Seine Aufschlagbewegung stellte er gemeinsam mit Agassi Ellbogen schonend um. Der amerikanische Altmeister hatte selbst einmal fast seine Karriere nach einer Handgelenks-Operation beenden müssen – doch ihm gelang ein spektakuläres Comeback. „Andre hat mit mir viel über diese Erfahrung gesprochen“, sagte Djokovic, „ich hoffe, ich kann davon profitieren.“

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