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Die Fechterin Imke Duplitzer hat sich vor elf Jahren öffentlich zu ihrer Homosexualität geoutet - allerdings hatte dabei jemand nachgeholfen, wie sie nun auf einer Podiumsdikussion erzählte.

© dpa

Sexuelle Diskriminierung im Sport: Wie die Fechterin Imke Duplitzer geoutet wurde

Thomas Hitzlsperger und Imke Duplitzer diskutieren über das Thema "Sexuelle Diskriminierung im Sport". Die Fechterin Duplitzer erzählt, dass ihr öffentliches Coming-out nicht freiwillig zustande kam.

Imke Duplitzer erinnert sich noch genau: Wie vor den Olympischen Spielen 2004 in Athen ihr Handy klingelte. Wie sie den Anruf entgegennahm und wie der Sportchef einer Zeitung sagte: "Wir wollen eine Geschichte über Sie machen. Sie können mit uns darüber reden. Wenn Sie nicht mit uns reden, wird die Geschichte trotzdem erscheinen." Duplitzer war geschockt und musste erst einmal Rücksprache mit jemandem halten, der ihr wichtig war.

Die Geschichte über die Fechterin Duplitzer wurde eine große Geschichte, obwohl das Fechten sonst in der medialen Berichterstattung kaum Erwähnung findet. Die Geschichte handelte aber nicht von den vielen Medaillen und Meisterschaften, die Duplitzer schon vor elf Jahren gewonnen hatte. Sie handelte von ihrer Sexualität - von ihrer Homosexualität, um genau zu sein.

Es ist etwas im Argen im deutschen Spitzensport

Seit dem Anruf sind viele Jahre vergangen, das Thema Homosexualität im Spitzensport ist seltsam brisant geblieben. Und so haben sich am Dienstag in Berlin Justizminister Heiko Maas, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, der ehemalige Fußballnationalspieler Thomas Hitzlsperger sowie eben Duplitzer zu einer Podiumsdiskussion in Berlin zum Thema "Sexuelle Diskriminierung im (Spitzen-)Sport" zusammengesetzt. Diese findet im Rahmen des Diversity-Tags 2015 statt, einem bundesweiten Aktionstag, an dem Unternehmen und Institutionen den Vielfaltsgedanken in den Fokus rücken wollen.

Homophobie ist ein gesellschaftliches Problem, und der gesellschaftliche Teilbereich Sport ist diesbezüglich besonders rückständig. Duplitzer und Hitzlsperger können ein Lied davon singen. Dabei schreibt sich gerade der Sport seine Integrationskraft auf die Fahnen. Doch mit der Integration von Homosexuellen war und ist es immer noch nicht weit her im deutschen Sport.

Duplitzer erzählt von hautnah erfahrener Diskriminierung als Sportlerin während ihrer Zeit in Heidenheim an der Brenz, Hitzlsperger will den Wortlaut einiger Mannschaftskollegen nicht wiedergeben, als diese in der Kabine auf das Thema Homosexualität zu sprechen kamen. Es ist etwas im Argen im Spitzensport. Aber das soll jetzt alles besser werden.

Worte sind das eine, Taten das andere

Hitzlsperger, der lange eine vernünftige Diskussion über Homophobie im Profisport vermisste, sagt nun, dass sich etwas bewegt. Aber Worte sind das eine, Taten das andere. Da sind sich am Dienstag alle einig. "Wir können große Reden halten. Nachher sitzt du in der Bahn, dann hörst du so etwas wie 'schwule Sau'. Und was passiert dann?", sagt Maas und ergänzt: "Gesetze und Erklärungen allein helfen nicht."

Deshalb werden auch konkrete Vorschläge gemacht. Hitzlsperger fordert, dass das Thema Diversität im Allgemeinen und sexuelle Vielfalt im Speziellen auch Teil der Trainerausbildung im Fußball sein sollte. "Die Trainer haben überhaupt keinen Bezug dazu", sagt er. Lüders will Beschwerdestellen im Sport salonfähig machen. Es wären kleine Schritte hin zu mehr Offenheit im Sport. Aber sie müssen gemacht werden. "Steter Tropfen höhlt den Stein" sagt auch Duplitzer: "Wenn sich etwas verändern soll, reicht es nicht, Unterschriften unter Erklärungen zu machen. Das alles ist mit harter Arbeit verbunden."

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