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Rostocker Hooligans zünden Stadionsitze und einen Banner der Berliner an.

© Axel Heimken/dpa

Update

Rostock gegen Hertha: Polizei wirft Hansa-Offiziellen Mitwisserschaft vor

Nach den Ausschreitungen beim Spiel zwischen Hertha BSC und Hansa Rostock kritisiert die Rostocker Polizei den Verein. Politiker fordern konsequenteres Durchgreifen im Stadion.

Nach den schweren Fan-Krawallen am Montagabend beim DFB-Pokalspiel in Rostock haben sich Politiker für ein aktiveres Gegenhalten der Fußballvereine ausgesprochen. "Diejenigen Vereine, deren Anhänger in der Vergangenheit bereits vielfach als Gewalttäter aufgefallen sind, müssen sich schon die Frage gefallen lassen, ob sie wirklich alles unternehmen, um diese Gewaltexzesse wirksam zu bekämpfen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU) dem Berliner Tagesspiegel. Dabei müsse „auch von dem Instrument des Stadionverbots konsequent Gebrauch gemacht werden“.

CSU-Politiker: Gewalt in Fußballstadien ist nicht hinnehmbar

Der CSU-Politiker reagierte damit auf die schweren Krawalle bei der Begegnung zwischen Hertha BSC und Hansa Rostock. Gewalt in Fußballstadien sei "nicht hinnehmbar", sagte er. Dies gelte uneingeschränkt für alle Vereine und Spielklassen weltweit. Die Stadionbesucher müssten sich „darauf verlassen können, dass sie nicht zu Opfern von Gewalt werden und dass die Polizei sie angemessen vor Straftätern schützt“.

Die einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen bezeichnete der Innenpolitiker als ausreichend. Sie müssten aber konsequent angewandt werden.

Gleichzeitig wandte sich Mayer gegen Forderungen, die Kosten für Polizeieinsätze künftig den Vereinen in Rechnung zu stellen. „Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist auch bei Fußballspielen Aufgabe des Staates“, sagte Mayer. Dies gelte unabhängig von dessen Haushaltslage. Diese Rechtsauffassung sei erst im Mai dieses Jahres vom Verwaltungsgericht Bremen bestätigt worden.

Bayerns Innenminister sieht Bezüge zur Extremistenszene

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte die Fußballvereine schon vor dem Spiel aufgefordert, sich deutlich von der Ultra-Szene zu distanzieren. „Das hat ja wirklich mit Fußball überhaupt nichts mehr zu tun", sagte der CSU-Politiker dem Sat.1-Frühstücksfernsehen. "Und in der Tat sind da im Ultra-Bereich auch Leute, die natürlich auch Bezüge in die extremistische Szene insgesamt haben.“

Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nahm nach den Fan-Krawallen am Montagabend in Rostock Ermittlungen gegen den FC Hansa Rostock und Hertha BSC auf. Das teilte der DFB am Dienstag in Frankfurt/Main mit.

Der Chef der Rostocker Polizeiinspektion erhob Vorwürfe gegen Vereinsoffizielle von Hansa Rostock. Zu Beginn der zweiten Halbzeit hatten Hansa-Anhänger im Rostocker Ostseestadion am Montag ein 2014 gestohlenes Hertha-Banner von 30 Meter Länge verbrannt.

Es liege „die Vermutung nahe, dass das Banner über vereinseigene Strukturen und mit Wissen von Vereinsoffiziellen ins Stadion gelangen konnte“, sagte Polizeichef Michael Ebert. Belege nannte die Polizei zunächst nicht. Auch Sitzschalen und Fanutensilien der Berliner gingen in Flammen auf.

Hansa-Offizielle hätten die Polizei vor dem Spiel informiert, dass sich das Banner bereits im Stadion befinde, erklärte die Polizei. Bei einer daraufhin durchgeführten Suchaktion durch Polizisten und Ordner sei jedoch nichts gefunden worden. Da für die Aktion laut Polizei auswärtige Ordner eingesetzt wurden, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass diese das Banner selbst ins Stadion gebracht hätten oder es bei den Kontrollen unentdeckt geblieben sei, hieß es.

Entsetzen nach Fan-Eskalation

Am Abend wirkten die Verantwortlichen von Hansa und Hertha geschockt und ratlos. „Wir halten bis zur 74. Minute ein grandioses 0:0. Dann ist es 20 bis 50 Vollidioten anscheinend wichtiger, das eigene Wohnzimmer, das Ostseestadion, abzufackeln, anstatt die Mannschaft zu unterstützen“, erklärte Hansas Vorstandschef Robert Marien nach einem Erstrunden-Spiel, das als Schande und zugleich als Warnung in die Geschichte des DFB-Pokals eingeht.

„Das sind Handlungen, die niemand in einem Fußballstadion haben will. Deshalb wird es ein Thema sein, das Vereine, Verbände und die Fanlager in den nächsten Wochen beschäftigen wird“, erklärte Hertha-Manager Michael Preetz. Der 2:0-Sieg des Berliner Fußball-Bundesligisten sowie die gut organisierte und lange erfolgreiche Gegenwehr des Drittligisten Hansa Rostock wurden angesichts der Vorfälle auf den Rängen in den Hintergrund gedrängt.

Im Hertha-Block mit rund 2000 Berliner Anhängern wurden immer wieder Feuerwerkskörper und auch Raketen gezielt Richtung Rostocker Zuschauer gezündet. Die Hansa-Ultras setzen Hertha-Banner und Sitze in Brand. Schiedsrichter Robert Hartmann musste die Partie zweimal unterbrechen, einmal für zwei, dann sogar für 18 Minuten.

"Nur gesamtgesellschaftlich zu lösen"

Hansa-Chef Marien beschrieb die Ohnmacht der Verantwortlichen, die sich nach dem Eklat mehr als bisher breitmachte. „Wenn man sieht, dass hier 1700 Polizisten und über 300 Ordner unterwegs waren, dass Spürhunde und HD-Kameras im Einsatz sind. Da wird im Bereich der Kontrolle alles getan, was getan werden kann. So etwas kann man sicher nur gesamtgesellschaftlich lösen, nicht allein als Drittligist.“

Der FC Hansa war gerade vom DFB-Sportgericht wegen diverser Vorfälle auf den Tribünen zu zwei Auswärtsspielen ohne Fans verurteilt worden, spielte zudem auf Bewährung.

Auch Hertha-Manager Preetz machte deutlich, dass der Einfluss der Clubs auf die Randalierer und gewaltbereite Fans eingeschränkt ist. „Den müssen sie mir zeigen, der da auf die Fans einwirken kann“, sagte der einstige Stürmer zu den aktuellen Vorfällen: „Das ist schlichtweg unmöglich.“ Und Hansa-Trainer Pavel Dotchev bemerkte: „Wir distanzieren uns davon, wir können so was nicht ändern, nur versuchen, Vorbilder zu sein. Es ist leider so. Sehr schade, dass so etwas beim Sport, beim Fußball noch passiert.“

Die späten Tore zum 2:0 (0:0) für Hertha vor 22 400 Zuschauern durch Mitchell Weiser (86. Minute) und Vedad Ibisevic (90.+2) wurden quasi zur Randnotiz. Sogar ein Spielabbruch war nicht mehr auszuschließen. Marien berichtete von der klaren Ansagen des Referees: „Noch eine Aktion in dem Ausmaß und das Spiel wird abgebrochen. Es war schon nahe dran.“ (mit dpa)

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