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Einige Nationen haben selbst Handwerker bezahlt, um Mängel im Olympiadorf zu beheben.

© dpa

Olympia in Rio de Janeiro: Australiens Sportler: Olympisches Dorf "unbewohnbar"

Der Stresstest im Olympiadorf ist schief gegangen: Wasser läuft Wände herunter, es riecht nach Gas. Australiens Team weigert sich einzuziehen.

Die Mängelliste liest sich recht dramatisch, angesichts der Tatsache dass in wenigen Tagen hier mehr als 10.000 Sportler wohnen sollen. „Blockierte Toiletten, undichte Rohre, freiliegende Stromkabel, dunkle Treppenaufgänge, wo kein Licht installiert wurde, verdreckte Böden, die eine intensive Reinigung erfordern“, listet Australiens Delegationschefin Chef Kitty Chiller auf. Die Konsequenz: Kein Teammitglied zieht vorerst in das Olympische Dorf in Rio de Janeiro ein. Für die Organisatoren der ersten Olympischen Spiele in Südamerika ist das mehr als peinlich.

Können die Probleme überhaupt noch gelöst werden? Die Australier sind nicht allein, auch die Briten und Neuseeländer klagen über eine lange Mängelliste. Aus der australischen Delegation heißt es, viele Apartments seien „unbewohnbar“. Am Sonntag hatte die Anlage mit 31 Hochhaustürmen ihre Pforten offiziell geöffnet.

Wasser lief von den Wänden, es gab einen Kurzschlusss

Am Samstagabend hatten die Australier einen „Stresstest“ für ihre Wohnungen unternommen. „Der ist schiefgegangen“, sagt Chiller. Alle Wasserhähne und Toilettenspülungen wurden auf mehreren Etagen gleichzeitig bedient. „Wasser kam Wände herunter, es gab einen starken Geruch von Gas in einigen Wohnungen und es gab einen Kurzschluss“. Man sei gezwungen, vorerst mit den bereits angereisten Mitgliedern der Delegation in Hotels zu wohnen. „Das Olympische Dorf sei weder sicher noch fertig.“ 

Das Organisationskomitee räumt zerknirscht ein: Ja, es gebe Mängel. „Arbeiter werden 24 Stunden am Tag arbeiten, bis die Probleme gelöst sind.“ Bis zu 500 Personen sollen das Dorf fit machen. Ankommende Sportler, Trainer und Betreuer, für die noch nicht bewohnbare Komplexe vorgesehen waren, sollen vorerst in funktionierende Apartments der aus 31 Hochhäusern bestehenden Anlage untergebracht werden. Nach einem Bericht des Portals „Folha de S. Paulo“ haben unter anderem die Delegationen der USA, Niederlande, Italien und Brasilien aus eigener Tasche zusätzliche Arbeiter bezahlt, um die Probleme zu lösen.

Die Inneneinrichtung ist spartanisch

Das Olympische Dorf ist ein umstrittenes Projekt. Gebaut wurde die Anlage „Ilha Pura“ („Reine Insel“) von dem Milliardär Carlos Carvalho, zusammen mit dem im Fokus einen landesweiten Korruptionsskandals stehenden Baukonzerns Odebrecht. Es stellt sich die Frage, ob hier bei Bau und Inneneinrichtung gepfuscht worden ist. Seit dem Einsturz eines für Olympia gebauten neuen Küsten-Radwegs, bei dem zwei Männer starben, ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Olympia-Bauten in Rio stark gesunken. 

Seit einigen Monaten ist das Organisationskomitee für die Anlage zuständig. Die Außenbereiche mit den Swimmingpools, Grillplätzen und Radwegen sind schick, aber die Einrichtung ist spartanisch. Die für die Ausstattung verantwortlichen Organisatoren stehen wegen der tiefen Rezession in Brasilien und einem engen Budget unter enormen Spardruck.

18.000 Menschen werden im Dorf wohnen

Wohnungen sind mit Billigbetten und Plastik-Kleiderschränken bestückt. Nach den Spielen soll alles mit mehr Luxus aufgehübscht werden. Die Bauherren übernehmen dann wieder das Kommando und wollen versuchen, mit dem Verkauf Kasse zu machen. 2012 spendete Carvalho 650.000 Reais (180.000 Euro) für die Wiederwahlkampagne von Bürgermeister Eduardo Paes und seiner Partei. Die Bauregeln beim Olympischen Dorf seien so geändert worden, dass Calvalho 17 Stockwerke hoch bauen durfte - weit höher als in der Umgebung, kritisiert der Anwalt für Immobilienrecht Jean Carlos Novaes. 

Paes lässt alle Vorwürfe einer Mauschelei zurückweisen. Er hat jetzt ein ganz anderes Problem: Lassen sich so große Mängel in so kurzer Zeit noch beheben? In der Spitze werden im Olympischen Dorf rund 18.000 Menschen wohnen. Rio 2016 droht noch vor dem Start der Spiele eine Debatte, ob es überhaupt Olympia-tauglich ist. Dauer-Optimist Paes verspricht, alles werde geregelt. „Wir wollen, dass sich alle hier wie zu Hause fühlen.“ Damit das auch für Australier gelte, überlege er schon ein Känguru am Eingang des Olympischen Dorfes zu platzieren. (dpa)

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