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Genug gejubelt. Jupp Heynckes verlor erstmals nach seiner Rückkehr auf die Trainerbank wieder ein Spiel.

© Michaela Rehle/Reuters

Nach der Saison ist Schluss bei den Bayern: Jupp Heynckes: Mit kühlem Kopf

Jupp Heynckes macht nach der Niederlage bei Borussia Mönchengladbach klar, dass er am Saisonende als Trainer beim FC Bayern aufhört. Warum diese Entscheidung richtig ist.

Gehirnerschütterungen sind eine ernste Sache. Insofern war es keine gute Nachricht, dass James Rodriguez im Spiel der Bayern bei Borussia Mönchengladbach zur Pause mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ausgewechselt werden musste. Positiv war allenfalls, dass dem Kolumbianer dadurch eine gnädige Amnesie beschieden war. Jupp Heynckes, sein Trainer, berichtete später, dass James in der Halbzeit den Spielstand nicht mehr gewusst habe.

Im Grunde war es für alle Münchner eine Hälfte zum Vergessen gewesen. „Wir waren zu passiv, haben viel zu langsam gespielt und zu wenig investiert“, sagte Heynckes. Nach der Pause wurde es besser, aber zu mehr als zum 1:2 durch Arturo Vidal reichte es nicht mehr. Und so endete am Samstag eine beeindruckende Serie: Seitdem Jupp Heynckes wieder als Trainer bei den Bayern arbeitet, hatte die Mannschaft alle neun Spiele gewonnen. Im Borussia-Park nun kassierte der 72-Jährige seine erste Niederlage in der Fußball-Bundesliga seit Oktober 2012.

Komischerweise hielt Heynckes nach dem Spiel ungefragt eine Verteidigungsrede in eigener Sache. „Wir haben wahnsinnig viel gearbeitet, viel trainiert, viel investiert“, sagte er mit Blick auf die vergangenen Wochen – als müsste er sich nach nur einer Niederlage schon gegen aufkommende Kritik verteidigen. Natürlich ist das nicht so. Heynckes genießt weiterhin volles Vertrauen, aber er kennt eben auch die Mechanismen der Branche. Es gibt kein Grau mehr, nur Schwarz und Weiß. Das hat Heynckes in den vergangenen Wochen schließlich am eigenen Leib erfahren, als der Hype um ihn täglich größer und er schon in den Rang des Wundertrainers erhoben wurde.

Wenn man es nüchtern betrachtet, haben die Bayern unter ihm gegen Freiburg, Hamburg, Augsburg gewonnen, in der Champions League gegen Celtic Glasgow und den RSC Anderlecht, also Laufkundschaft im europäischen Vergleich, dazu siegten sie gegen Leipzig zweimal in Überzahl. Bleibt der überzeugende Auswärtssieg bei Borussia Dortmund, der sich angesichts der derzeitigen Verfassung des BVB allerdings auch schon wieder relativiert.

Das Team steht vor dem Umbruch - dafür braucht es einen neuen Trainer

Die Bayern hätten auch in Mönchengladbach gewinnen können. Am Ende wies die Statistik 25:7 Torschüsse für sie aus, 66:34 Prozent Ballbesitz, 28:2 Flanken und eine Passgenauigkeit von 92 Prozent. Beeindruckende Werte. Auf den zweiten Blick aber offenbarten die Zahlen auch die Hilflosigkeit der Bayern: Sie fanden kein Mittel gegen die Wand aus Leibern, die die Gladbacher in der zweiten Halbzeit vor ihrem Tor errichtet hatten. Sie begnügten sich mit ziellosem Ballbesitz und hatten keine andere Idee, als die Bälle von außen immer wieder in den Strafraum zu schlagen. Die Unwiderstehlichkeit, die das Spiel der Bayern in der Triple-Saison unter Heynckes ausgezeichnet hat, sucht man vergeblich.

Wo soll sie auch herkommen? Die Elf, die am Samstag auf dem Feld stand, hätte vermutlich arge Probleme gegen ein Team mit den derzeit verletzten Spielern der Bayern: Neuer im Tor, Alaba und Rafinha in der Außenverteidigung, Thiago im Mittelfeld und der offensiven Dreierreihe Ribéry, Müller, Robben. „Irgendwann kann man nicht mehr nachlegen“, sagte Heynckes. „Das ist schon ein Problem.“

Für die, nun ja, Konkurrenz in der Bundesliga mag es noch reichen; aber international? Auch wenn die Bayern gerade überproportional heftig von Verletzungen gebeutelt sein mögen, es ist offenkundig, dass es schon bald nicht mehr genügt, einen Moderator und ehrlichen Arbeiter auf der Trainerbank zu haben. Die Mannschaft der Bayern, im Kern immer noch das Triple-Sieger-Team von 2013, ist am Ende ihres Zyklus' angekommen. Rafinha, Ribéry, Robben und Vidal sind über 30, Boateng, Hummels, Martinez und Lewandowski werden es im nächsten Jahr. Die Bayern brauchen eher über kurz als über lang neue Spieler – und einen neuen Trainer.

Nach etlichen Spielern hat bei der Jahreshauptversammlung nun auch Präsident Uli Hoeneß die Variante ins Spiel gebracht, dass Heynckes über den Sommer hinaus bleibt. „Es kann sein, dass er da ein bisschen emotional reagiert hat“, sagte Heynckes, der sich im Unterschied zu Hoeneß eher durch einen kühlen Kopf auszeichnet. Und der sagt ihm, dass nach der Saison Schluss ist: „Dabei wird es auch bleiben.“

Der Verein hätte nun Zeit genug, um den richtigen Trainer zu finden, sagte Heynckes. Einen, der den Umbau anleitet und nicht nur bis zum Ende der nächsten Saison denkt. Ob er seinem alten Freund Uli Hoeneß den Wunsch zum Weitermachen überhaupt ausschlagen könne, wurde Heynckes im ZDF gefragt. „Das hat nichts mit Freundschaft zu tun“, antwortete er. Vielleicht doch. Indem Jupp Heynckes Uli Hoeneß dazu zwingt, eine rationale Entscheidung für den Klub zu treffen. Und keine aus dem Bauch heraus.

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