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Zum Heulen. Jörg Schmadtke suchte noch am Sonntag die Nähe zu Trainer Peter Stöger.

© dpa

Krise beim 1. FC Köln: Tore gesucht, Nachfolger für Schmadtke gesucht

Beim 1. FC Köln wissen sie nur noch aus Erinnerungen, wie man Tore schießt. Nur sehen die Konsequenzen anders aus als gedacht

Trainer Peter Stöger scheint beim 1. FC Köln trotz der Misere noch gefestigt in seiner Position zu sein. Am Montagabend gab es zwar Bewegung beim Tabellenletzten der Bundesliga, allerdings nicht auf dem Trainerposten: Der FC und Geschäftsführer Jörg Schmadtke gehen getrennte Wege. Darauf einigten sich der Vorstand und der 53-Jährige nach „eingehender und intensiver Analyse zu unterschiedlichen Auffassungen im Hinblick auf die zukünftige sportliche Ausrichtung“, wie es hieß. Der bis 2023 laufende Vertrag mit Jörg Schmadtke sei im „beiderseitigen Einvernehmen“ aufgelöst worden.

„Mit diesem Schritt möchte ich den Weg frei machen für einen neuen Impuls“, sagte Schmadtke. „Der Mannschaft, dem Trainerteam sowie allen Verantwortlichen wünsche ich für die bevorstehenden Aufgaben alles Gute und viel Erfolg.“ Am Tag zuvor hatte Schmadtke beim 0:0 gegen Werder Bremen schon reichlich deprimiert gewirkt – im Gegensatz zu Trainer Peter Stöger, der zumindest von der Wut der Verzweiflung angetrieben schien.

Mangelnde Entschlossenheit war dem Trainer des 1. FC Köln nicht vorzuwerfen. Peter Stöger tat, was in seiner Macht stand. Der Österreicher machte von allen Wechseloptionen Gebrauch. Als er im Abstiegsduell gegen Werder Bremen in der Schlussphase doch noch den Sieg erzwingen wollte, schickte er sämtliche Offensivspieler aufs Feld, die ihm noch zur Verfügung standen. Das Problem war: Es gab keine.

Stöger hatte bereits die beiden Außenverteidiger Tim Handwerker und Lukas Klünter für die beiden Stürmer Simon Zoller und Yuya Ozako eingewechselt, als er fünf Minuten vor dem Ende Milos Jojic, einen seiner beiden Sechser, vom Feld holte. Es kam: Frederik Sörensen, ein Innenverteidiger, der sich qua seiner Körpergröße als Wuchtbrumme in den Sturm begeben sollte.

Drei Tore nach neun Spieltagen

Wenn eine Mannschaft nach neun Spieltagen in der Fußball-Bundesliga drei Tore erzielt hat, statistisch gesehen also lediglich in jedem dritten Spiel trifft, dann ist es keine besonders gewagte Erkenntnis, dass in ihrem Offensivspiel offensichtlich ein Problem vorliegt. Wie dramatisch dieses Problem ist, zeigte sich in der Schlussphase des Spiels am Sonntag gegen die Bremer. Die Kölner wollten ja, aber sie konnten nicht.

Das galt nicht nur für die nicht vorhandenen Offensivoptionen auf der Ersatzbank. Das galt vor allem für Sehrou Guirassy. In seinem zwölften Bundesligaspiel durfte der 21 Jahre alte Franzose zum ersten Mal von Beginn an ran. Nimmt man allein die B-Note, machte er sein bestes Spiel für den FC – und das unter erschwerten Bedingungen. Bis eine halbe Stunde vor dem Anpfiff ging Guirassy noch davon aus, dass er wie gehabt auf der Bank sitzen würde.

Für die Startelf war der Ex-Bremer Claudio Pizarro vorgesehen, doch dann rutschte der 39-Jährige auf dem Rasen weg und zog sich eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu, die einen Einsatz unmöglich machte. „Es war nicht einfach für ihn“, sagte Trainer Stöger über Guirassy. „Er rechnet nicht damit, dass er spielt.“ Trotzdem war der Franzose gleich drin im Spiel, hatte sieben Torschüsse – mehr als jeder andere. Guirassys statistische Werte waren überhaupt überragend. Er lief und sprintete viel, keiner gewann mehr Zweikämpfe als er. Aber da war eben auch diese Szene fünf Minuten vor dem Ende, die Peter Stöger zu der Aussage verleitete, dass die Harmlosigkeit vor dem Tor „mit dem heutigen Spiel auf dem Höhepunkt angekommen“ sei.

Modeste und die Nachwehen

Guirassy stand drei Meter vor dem Tor, völlig unbehelligt, als ihn das perfekte Zuspiel des eingewechselten Tim Handwerker erreichte. Das Tor war leer, aber der Franzose bekam den Ball so unglücklich gegen sein Standbein, dass dieser hoch und weit ins Aus segelte. „Dafür mach’ ich ihm keinen Vorwurf“, sagte Stöger über Guirassys Slapstick-Einlage. Was brächte es auch, auf den jungen Mann einzuprügeln. Er wird am Mittwoch wieder gebraucht, wenn der FC im DFB-Pokal bei Hertha BSC antreten muss. Pizarro fällt erst einmal aus, Jhon Cordoba, vor der Saison für 17 Millionen Euro aus Mainz geholt, ebenfalls, Artjoms Rudnevs hat kurz nach Saisonbeginn seine Karriere aus privaten Gründen beendet – und Anthony Modeste spielt inzwischen in China. Der Franzose war im Vorjahr an 29 der 51 Kölner Saisontore beteiligt. Während die gesamte Mannschaft des FC bisher drei Mal getroffen hat, hatte Modeste vor einem Jahr zum gleichen Zeitpunkt bereits elf Tore erzielt.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der FC hat den Abgang des Franzosen weder verkraftet noch kompensieren können. „Dass der Mut und der Killerinstinkt im vorderen Bereich nicht so vorhanden sind, ist für mich völlig logisch“, sagte Stöger. Die Selbstverständlichkeit fehlt, um mal wieder ein Erfolgserlebnis zu haben, andererseits braucht die Mannschaft dringend ein Erfolgserlebnis, um ihre Selbstverständlichkeit zurückzuerlangen. „Du drehst dich halt im Kreis“, sagte der Österreicher.

Dass der FC kurzfristig einen Wechsel auf der Trainerposition vornimmt, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist auch weiterhin keine Option – und findet im Übrigen die nahezu ungeteilte Zustimmung der Kölner Fans. Stöger selbst sagte, er könne und werde seinen Platz nicht räumen, „wenn es nicht eine ideale, eine bessere Lösung gibt“. Jörg Schmadtke hatte am Sonntag noch auf Nachfrage bestätigt, dass sie im Verein keine Diskussion um den Trainer führten. „Das ist vielleicht ungewöhnlich, ist aber so“, sagte der Geschäftsführer . „Ich bin da fest entschlossen.“

Einen Tag später ging Jörg Schmadtke dann – und nicht der Trainer.

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