zum Hauptinhalt
In ihrem Element. Die Berlinerin Fabienne Thöle will mit dem deutschen Nationalteam in Breslau den Titel verteidigen.

© promo

Kanupolo bei den World Games: Mit Boah und Wow im Kopf

Fabienne Thöle ist die weltbeste Kanupolo-Torhüterin – bei den World Games in Breslau strebt sie erneut Gold an.

Von Johannes Nedo

Es gibt nur sehr wenige Sportler, die wissen, wie sich das anfühlt, was Fabienne Thöle vor vier Jahren gespürt hat. Oliver Bierhoff vielleicht, aber er ist ja kein Kanupolo-Spieler. Bierhoff hat jedoch auch schon in einem großen Finale das Golden Goal erzielt – 1996 war das, bei der Fußball-EM in England. Fabienne Thöle ist das sogar im wichtigsten Finale ihrer Sportart gelungen: bei den World Games 2013 im kolumbianischen Cali.

Die World Games sind die Olympischen Spiele der nicht-olympischen Sportarten, unter anderem mit Lacrosse, Tauziehen, Beachhandball und eben Kanupolo. Noch bis zum Sonntag laufen die Wettkämpfe im polnischen Breslau. Und da zum Abschluss von Freitag an die Spiele im Kanupolo anstehen, will die Berlinerin Thöle nun ihren größten Erfolg mit der favorisierten deutschen Mannschaft wiederholen – auch wenn sie dafür auf eine Entscheidung per Golden Goal natürlich verzichten kann, so schön dieser Moment auch gewesen sein mag.

„Das war ein krasses Gefühl“, sagt Thöle über das entscheidende Tor vor vier Jahren gegen England. „Mir ging da nur Boah und Wow durch den Kopf.“ Der Treffer war für die 26-Jährige vom Kajak-Club Nord-West Berlin umso besonderer, weil sie sonst eher selten Tore erzielt. Thöle ist Torhüterin, doch weil beim Kanupolo mit fliegendem Torwart gespielt wird, ist sie auch stets in die Angriffe mit eingebunden.

Kanurennsport war Thöle zu langweilig

Vereinfacht umschrieben, ist Kanupolo eine Mischung aus Handball und Basketball mit Booten. Bei einer Partie treten pro Mannschaft fünf Spieler gegeneinander an, die in kleinen und wendigen Einer-Kajaks sitzen. Die Tore befinden sich zwei Meter hoch über der Wasseroberfläche. Die Spieler versuchen dann mit der Hand oder mit dem Paddel, ein Tor zu erzielen. Dabei geht es ordentlich zur Sache. Bei umherfliegenden Paddeln müssen die Spieler auch mal etwas einstecken.

Seit Thöle ein Kind ist, spielt sie Kanupolo. Sie begann klassisch mit dem Kanurennsport. „Aber das wurde mir zu langweilig“, sagt Thöle. Umso mehr begeisterte sie dann Kanupolo. „Der Mix aus so vielen Elementen ist einfach faszinierend: Paddeln, den Ball koordinieren, werfen, fangen“, sagt Thöle. Sie beherrscht all das so gut, dass sie seit 2011 zur deutschen Nationalmannschaft gehört. Und sie hat sich immer weiter gesteigert.

„Fabienne ist weltweit die beste Torhüterin“, sagt Holger Diedrich, der bis zum vergangenen Jahr ihr Trainer beim Kajak-Club Nord-West war. „Sie trainiert oft mit den Männern und kann daher auch härtere Würfe stark parieren“, betont Diedrich. „Außerdem hat Fabienne ein hohes taktisches Verständnis und eine sehr gute Spielübersicht. Sie weiß einfach, wann sie den Ball in eine Lücke werfen muss.“

Nach der Saison hört sie im Nationalteam auf

Thöle investiert viel für ihren Sport. Sie studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der FU Berlin, trainiert aber viermal pro Woche und spielt im Sommer an fast jedem Wochenende bei Turnieren. Bezahlen muss sie den Aufwand für ihren Sport auch als weltbeste Torhüterin selbst, wie alle Kanupolospieler. Ein Kajak kostet etwa 2000 Euro, Paddel schlagen mit 250 Euro zu Buche. Auch die Reisen zu den Turnieren, den Welt- und Europameisterschaften zahlt Thöle aus der eigenen Tasche. Für die WM im vergangenen Jahr in Sizilien kamen so pro Spielerin 1000 Euro zusammen, weil auch der Transport der Boote anfällt.

„Man muss seinen Sport schon sehr lieben, um all das durchzuziehen“, sagt Thöle. In der Nationalmannschaft wird sie jedoch nach dieser Saison aufhören, sie will sich intensiver auf ihren Berufseinstieg vorbereiten. Die echten Olympischen Spiele wird Thöle als Kanupolospielerin also nicht erleben. „Es wird nämlich derzeit viel gemunkelt, dass Kanupolo bei den übernächsten Spielen dabei sein könnte“, sagt sie. „In Asien wird Kanupolo immer beliebter, weil es attraktiv für das Fernsehen ist. Dort wollen sie jetzt auch eine große Liga aufbauen.“

Ins Fernsehen könnte Thöle es schon am Sonntag (14.20 Uhr) schaffen. Wenn Deutschland das Finale erreicht, werden ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten bei Sport 1 zu sehen sein. Und vielleicht sogar wieder ein Golden Goal von ihr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false