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Unions Trainer Norbert Düwel steht derzeit in der Kritik. Wie lange hält der Verein noch an ihm fest?

© dpa

Interview mit Sven Mühle: „Die meisten Fans des 1. FC Union Berlin stehen zu Norbert Düwel“

Sven Mühle vom Fanklub „Eiserner Virus“ über die Reaktionen auf Norbert Düwels Mittelfinger.

Herr Mühle, am Wochenende zeigte Unions Trainer Norbert Düwel einem pöbelnden Fan den Mittelfinger. Dazu verlor die Mannschaft gegen 1860 München nach katastrophaler Leistung 1:4. Was beunruhigt Sie mehr?

Nichts von beidem. Mich beunruhigt etwas ganz anderes.

Verraten Sie uns was?

Die „Düwel raus“-Rufe, die nach dem 0:4 von einigen Fans gebrüllt wurden. Das ist ein Verhalten, eine Kultur, die mich viel mehr erschreckt.

Trotz der sportlichen Misere haben Sie dafür kein Verständnis?

So ist es. Das ist nicht unser Stil, das passt nicht zu uns. Sicher, nicht alles ist schön, was sportlich gerade passiert. Für Unioner gehört es sich trotzdem nicht, den Rücktritt des Trainers zu fordern. Wir müssen zeigen, dass man durch Zusammenhalt und Kontinuität weiterkommt. Das hat uns jahrelang ausgezeichnet, deshalb stehen wir da, wo wir jetzt sind.

Wie erklären Sie sich dann solche Rufe?

Vielleicht geht es uns zu gut. Vielleicht sind wir zu erfolgsverwöhnt. Einige Teile des Publikums müssen anscheinend erst wieder Gelassenheit lernen. Wir haben bei Union schon weitaus Schlimmeres erlebt und trotzdem den Trainer besungen.

Dass sich ein Trainer in dieser Form gegen einen Zuschauer richtet, ist erst Recht beim 1. FC Union ungewöhnlich. Haben Sie trotzdem Verständnis für Düwels Reaktion?

Ja, absolut. Der steht unter enormem Druck, da kann es schon mal zu einer Kurzschlussreaktion kommen. Momentan prasselt viel auf ihn ein, einige Medien fahren Kampagnen.

Es gibt nicht wenige, die finden, er habe seine Vorbildfunktion verletzt. Ist er als Trainer noch tragbar?

Norbert Düwel hat eine aus menschlicher Sicht nachvollziehbare Reaktion gezeigt. Als Typ ist er geradeaus, vom Charakter her passt er zu uns. Leider fehlt der sportliche Erfolg.

War es angesichts der sportlich schwachen Bilanz ein Fehler, dass sich Präsident Dirk Zingler vergangene Woche auf der Mitgliederversammlung noch einmal so offensiv zum Trainer bekannt hatte?

Nein, Zinglers Reaktion war absolut richtig. Es hat gezeigt, dass wir bei Union einen anderen Weg gehen wollen. Mit kurzfristigen Aktionen beruhige ich vielleicht die Massen und die Boulevardpresse, aber dann? Kommt der nächste Trainer. Auf den folgt dann wieder der Nächste. Bis am Ende drei oder vier Trainer pro Saison dran glauben müssen. Die Schnelllebigkeit und der Reflex, alles am Trainer festzumachen, ist mir zu billig.

Dass die Fanszene durchaus gespalten zu Trainer Düwel steht, zeigten am Wochenende die äußerst unterschiedlichen Reaktionen im Internet. Oder täuscht der Eindruck?

Das Internet ist Segen und Fluch zugleich, auch da kochen die Emotionen hoch. Ich denke jedenfalls, dass die meisten Unioner zum Trainer stehen.

Was müsste passieren, dass sich die Fans überhaupt gegen Düwel stellen?

Keine Ahnung, das ist mir zu spekulativ, an so was will ich mich nicht beteiligen. Ich habe Vertrauen in die sportliche Leitung und hoffe, dass wir schnell da unten rauskommen. Mit Norbert Düwel.

Das Gespräch führte Sebastian Stier.

Sven Mühle, 42, ist Vorsitzender des einflussreichen Fanklubs „Eiserner Virus“. Einst von seinen Geschwistern zum Fußball gebracht, begleitet er den 1. FC Union seit mehr als drei Jahrzehnten.

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