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Sport: „Gott sei Dank sind die weg…“

…sagt Eisbären-Manager Billy Flynn über die Capitals, und deren Präsident Lorenz Funk kontert: „Ihr seid doch nur ein Ost-Verein“. Ein Streitgespräch zum Start der Eishockey-Saison

Herr Flynn, eine ganz besondere Eishockey-Saison hat begonnen, die erste ohne die Berlin Capitals. Fehlt Ihnen Ihr Lieblingsfeind?

Flynn: Gott sei Dank sind die weg. Ich freue mich richtig darüber. Wie die gewirtschaftet haben, wie die ihre Mitarbeiter behandelt haben. Ich verkaufe Eishockey in dieser Stadt, und das war lange nicht einfach, weil die Capitals der Sportart einen schlechten Ruf verpasst haben. Kannst du mich da verstehen, Lenz?

Funk: Also, wenn ich in einem anderen Verein das Sagen hätte, dann würde ich mich darüber vielleicht auch freuen. Vielleicht.

Flynn: Die haben die Spieler nicht bezahlt, drei Manager gefeuert und vier geholt, und die wichtigste Frage war immer, was der Lutz Schirmer gerade macht…

Funk: Ich sag dir mal was, der Schirmer, einer von unseren zahlreichen Ex-Managern, der macht hier überhaupt nichts mehr. Wir sind jetzt erst mal um einen gesunden Aufbau bemüht. Dass wir wieder nach oben wollen, ist klar. Wir haben einen guten Trainer, trainieren täglich mit einer jungen deutschen Mannschaft. Wir sind jetzt nicht mehr die alten Capitals, die GmbH, wir sind ein ganz anderes Gebilde, das müssen wir den Leuten klar machen. Wir leisten Aufbauarbeit.

Nichts Neues für Sie.

Funk: Richtig. Als ich 1991 rüber zu den Eisbären gegangen bin, haben viele gesagt: Was macht denn der Funk da, der Trottel. Ich habe zehn Jahre Pionierarbeit geleistet…

…bevor Sie vor zwei Jahren zu den Capitals gegangen sind.

Funk: Graue Haare hab’ ich bekommen und zugenommen. Ich bin stolz darauf, dass die Eisbären heute so gut dastehen.

Herr Flynn, in Berlin sind Sie die Nummer eins. Aber sind Sie auch bei Ihrem Eigentümer Philip Anschutz die Nummer eins? Da gibt es ja nun einen Klub in Hamburg, der eine größere Halle als die Eisbären hat. Angeblich haben die Freezers einen höheren Etat als die Eisbären, und Spieler sollen sie Ihnen auch weggeschnappt haben.

Flynn: Die dürfen ruhig einen höheren Etat haben. Und bei den Spielern ist es doch so, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Die Anschutz-Gruppe hat sechs Klubs in Europa und jeder muss selbst gute Arbeit leisten. Wir haben zum Beispiel fünf neue Sponsoren gewonnen und alle alten behalten. Wenn wir so weiter arbeiten, dann können wir uns selbst tragen. Das ist das Ziel. Wir wollen nicht so viel Geld für Eishockeyspieler ausgeben.

Trotzdem – spüren die Eisbären den Druck aus Hamburg?

Flynn: Die haben doch den Druck. Gut, wenn die etwas auf die Beine stellen, dann freue ich mich natürlich. Natürlich sollen die mehr Zuschauer haben als wir. Aber der Vergleich ist schwierig. Die haben eine Halle für 14 000 Zuschauer, wir eine für nur 5000. Wenn die also 12 000 Zuschauer im Schnitt bekommen und wir sind mit 5000 immer ausverkauft, dann haben wir bessere Arbeit geleistet. Und irgendwann kriegen wir ja unsere Großarena am Ostbahnhof.

Funk: Da bin ich mal gespannt, wie das mit der Halle am Ostbahnhof klappt. Die Eisbären sind in Hohenschönhausen verwurzelt, dort haben sie ihre Identität als Ost-Verein und werden ein Ost-Verein bleiben. Und wir, wir werden immer der Klub für die gesamte Stadt sein.

Flynn: Ostklub ist richtig. Und da sind wir auch stolz drauf. Unsere Zuschauer halten uns die Treue, auch wenn es mal nicht so läuft. Obwohl ich auch sagen muss, dass wir inzwischen gerade von unseren VIP-Karten sehr viele Im Westen verkauft haben. Wannsee, Charlottenburg, Zehlendorf…

Funk: Hoffentlich stimmt das auch alles mit dem VIPs aus dem Westen.

Flynn: Natürlich stimmt das, die Zuschauer kommen von überall. Zum ersten Spiel kommt der Präsident vom Golfklub aus Seddin. Bald will auch Thomas Bohrer-Fielding, der ehemalige Schweizer Botschafter, bei uns vorbeischauen.

250 VIP-Karten in Wannsee und Potsdam sind ja schön und gut. Aber eine Großarena werden Sie so nicht füllen können.

Flynn: Bis am Ostbahnhof alles fertig ist, haben wir noch ein bisschen Zeit. Wir machen jetzt schon viele Aktionen. Wir hatten unsere Sommertour, waren in jedem Einkaufszentrum von Potsdam bis...

Funk: Entschuldigung, Billy. Aber so was haben wir doch schon damals gemacht, als ich noch bei den Eisbären war.

Flynn: Aber jetzt machen wir das richtig. Wir verkaufen unsere Eintrittskarten, haben jetzt schon 13 000 Adressen von interessierten neuen Zuschauern. Die haben wir angeschrieben und denen ein Schnupperticket angeboten. Jetzt zu unserem ersten Heimspiel am Sonntag gegen Krefeld haben wir so schon 800 neue Zuschauer in der Halle. Bis 2005, wenn die neue Arena steht, werden wir 30 000 neue Fans gewonnen haben.

Bis jetzt haben es nur die Kölner Haie geschafft, ihre Großarena richtig voll zu bekommen. In Oberhausen ist das Projekt gescheitert.

Flynn: Ich habe keine Angst davor zu sagen, dass wir in ein paar Jahren immer vor 16 500 Zuschauern spielen. Schließlich ist Berlin eine Eishockeystadt. Dann haben wir eine attraktive Halle, Entertainment, ja das ist doch ein Erlebnis.

Funk: Das ist Geschäftsdenken nach amerikanischen Muster. Weißt du, welcher Werbespruch mir dazu einfällt, Billy?

Flynn: Ich höre.

Funk: Die Eisbären sind der amerikanische Klub aus dem Osten, und wir, die Capitals, sind der Klub der deutschen Hauptstadt.

Flynn: Ja, aber drei Klassen tiefer. Ich hab’ gehört, für die Aufstiegsrunde holt Ihr den Mark Jooris…

…den früheren Eisbären-Profi?

Funk: Ja, der Mark Jooris hat zu mir gesagt, dass er uns helfen will.

Flynn: Kostenlos natürlich.

Funk: Der Mark hat schon genug verdient, der kann auch mal zwei Monate Urlaub machen. Topfit ist er übrigens immer noch. Der ist jetzt Topscorer in einer Seniorenliga in Kanada – mit Abstand.

Flynn: Dabei habt ihr so viele gute junge Spieler.

Funk: Ich kann mir schon denken, warum du das sagst. Unter unseren jungen Leuten ist nämlich auch ein Supertalent. Patrick Flynn, der Sohn von Billy. Der spielt anders als früher sein Vater. Der ist immer nur geradeaus gelaufen, sein Sohn ist viel trickreicher.

Warum spielt Ihr Sohn denn nicht bei den Eisbären, Herr Flynn?

Flynn: Mein Sohn spielt bei seinem Verein. Wir sind 1992 nach Berlin gekommen, damals wurde ich Trainer bei den Preussen. Wir wohnen nur vier Kilometer von der Deutschlandhalle entfernt. Außerdem hat er bei den Capitals eine Riesenchance. Das beste für die jungen Spieler ist doch, dass es die DEL-Mannschaft der Capitals nicht mehr gibt. Jetzt haben die dort in der Deutschlandhalle optimale Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten.

Funk: Bevor du dir jetzt falsche Hoffnungen machst, Billy: Wir werden alles machen, aber auf keinen Fall ein Farmteam der Eisbären werden. Wir wollen wieder nach oben. Wir vertreten Berlin und Brandenburg, haben nur junge einheimische Spieler. Das ist ein Riesenplus. Die sind jung und hungrig, wie die im Training ackern, das ist unglaublich. Da riecht es nach Eishockey. Das Publikum ist begeistert, schon bei den Freundschaftsspielen hatten wir über 1000 Zuschauer. Vielleicht haben wir in dieser Saison mehr Zuschauer als die Eisbären. Ich kann mir das ganz gut vorstellen.

Flynn: Na, das will ich sehen.

Funk: Gerne. Wir spielen immer Samstagabend. Du weißt ja, wo unsere Halle ist.

Das Gespräch moderierten Sven Goldmann und Claus Vetter.

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