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Premiere am Freitag. Kelsey Soccio (links) startet mit ihren Eisbären-Kolleginnen in die Saison.

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Frauen-Team der Eisbären: Mit Durchhaltevermögen in der Männerwelt

Nach dem Wechsel vom OSC zu den Eisbären hofft Berlins Frauen-Bundesligist zum Saisonstart auf mehr Präsenz und mehr Zuschauer. Es ist auch eine Chance für die Frauen-Bundesliga.

Amy Young weiß, dass sie in solch einer Männerwelt wie im Eishockey Geduld und Durchhaltevermögen braucht. Und dass es die kleinen Schritte sind, die die Trainerin des Frauen-Teams der Eisbären Juniors und ihre Mannschaft voranbringen. Seit dieser Saison ist Young die Chefin und somit neben Miriam Thimm bei der Düsseldorfer EG die einzige weibliche Cheftrainerin in der Bundesliga. Selbst in ihrem Heimatland Kanada, in dem die Sportart für Frauen viel populärer ist, trainieren viele Männer die Frauenteams.

Die Berlinerinnen starten am Wochenende im Wellblechpalast im Sportforum in die Saison. Es ist ihr erstes Bundesliga-Spiel im Trikot der Eisbären. Im Juni hatten die OSC Eisladies verkündet, den Klub zu wechseln. Der Name Eisbären Berlin ist schließlich im Eishockey ein großer. Die Chance zum Wechsel ergab sich, weil der Stammverein des Klubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), die Eisbären Juniors, die Tür aufhielt. Sven Felski, Geschäftsführer der Juniors, sagte: „Wir freuen uns wahnsinnig, dass die Frauen vom OSC zu uns gewechselt sind.“

Auch Trainerin Young findet das gut. „Alle im Team sind stolz darauf, dieses Trikot tragen zu dürfen. Damit fühlen wir uns ein kleines bisschen professioneller“, sagt sie. Denn ihre Spielerinnen sind eben keine Profis, studieren nebenbei oder gehen noch zur Schule. Young, die selbst in Kanada gespielt hat und auch als Trainerin tätig war, kennt die Unterschiede, die es zwischen Deutschland und jenen Ländern gibt, in denen Frauen-Eishockey eine beliebte Sportart ist. „In Kanada nehmen wir Dinge als selbstverständlich hin, für die die Spielerinnen hier hart kämpfen müssen“, sagt sie. Etwa, wenn es um neue Schläger geht. Oder ganz generell um Geld. Auch Young hat einen Vollzeitjob, den sie mit dem Training unter einen Hut bekommen muss. Sie zog aus Kanada nach Berlin, um an einer internationalen Schule in Mitte als Lehrerin zu arbeiten. Seit vier Jahren ist sie im Berliner Frauen-Eishockey-Team als Spielerin und Trainerin aktiv. Mit der Unterstützung der Eisbären, sagt sie, seien vor allem logistische und organisatorische Aufgaben einfacher geworden.

Es ist ein großer Schritt in Richtung Professionalisierung der Frauen im Eishockey

Der Wechsel der Eisladies zum Männer-Team der Stadt passt zu dem Trend in der Bundesliga und ist ein großer Schritt in Richtung Professionalisierung der Frauen im Eishockey. Das Team aus Berlin ist nicht das erste, das nun unter dem selben Namen wie ein Männerteam aus der DEL spielt. Der ERC Ingolstadt hat seit vier Jahren ein Frauen-Team. Und vor zwei Jahren trat bei der Düsseldorfer EG zum ersten Mal eine Frauen-Mannschaft an, die vergangene Saison in die Bundesliga aufstieg. Auch die Kölner Haie haben seit Januar weibliche Unterstützung bekommen, die Cologne Brownies wechselten zum DEL-Klub und könnten um den Aufstieg mitspielen.

Für die Berliner bedeutet der neue Name: Hoffen auf mehr Zuschauer und mehr Aufmerksamkeit. Schon beim Vorbereitungsturnier im September, den ersten Spielen im Eisbären-Trikot, kamen anstatt der erwarteten 50 Zuschauer immerhin 130. „Wir brauchen einfach mehr Leute, die sich unsere Spiele anschauen wollen“, sagt Young. „Frauen-Eishockey hat vielleicht nicht so viel Körperkontakt, aber viele mögen die technische Finesse des Spiels und werden Fans.“ So sehen das auch die Spielerinnen Anne Bartsch und Nina Kamenik. Den Eisbären auf dem Trikot zu tragen, sei ein Schritt in die richtige Richtung, finden sie. Beide spielen auch in der deutschen Nationalmannschaft, Kamenik ist eine von wenigen Sportsoldatinnen im Eishockey. „Ein Privileg“, wie sie selbst sagt. Ihre Teamkollegin Bartsch studiert, nahm sich im vergangenen Jahr eine Auszeit, um beim schwedischen Topklub HV 71 Jönköping Erfahrungen zu sammeln. „Dort herrschen ganz andere Bedingungen. Frauen-Eishockey ist viel populärer“, sagt sie.

Am Samstag und Sonntag steigen die ersten Heimspiele im Wellblechpalast

In Deutschland kommen die meisten Spielerinnen über ihre Familien zum Eishockey, da sind sich die zwei Frauen einig. So war es auch bei ihnen. Zehn Jahre Altersunterschied liegen zwischen der Sportsoldatin und der Studentin. Die jüngsten Teamkolleginnen sind gerade einmal 15 Jahre alt. „Für uns Spielerinnen ist das nicht so ein großes Problem“, sagt Bartsch. „Eher für die Trainerin.“

Dem kann Amy Young nur zustimmen. „Die größte Herausforderung sind die Altersunterschiede im Team, nicht nur im Bezug auf die Skills der Spielerinnen. Sie gehen auch unterschiedlich mit Drucksituationen um.“ So muss Young das entsprechende Mittelmaß finden, dass alle auf einem Level trainieren können, die Nationalspielerinnen aber trotzdem gefördert werden. Eine Lösung ist zum Beispiel, dass zwei bis drei männliche Kollegen auf dem Eis mittrainieren, die die Nationalspielerinnen dank ihrer Kraft herausfordern können.

Vortänzerin. Trainerin Amy Young.
Vortänzerin. Trainerin Amy Young.

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Wenn die Berliner am Wochenende zu Hause im Wellblechpalast (Spielbeginn am Samstag um 19 Uhr, am Sonntag um 13 Uhr) gegen die Bergkamener Bären auf dem Eis stehen, heißt es zunächst einmal: einen Eindruck von der Konkurrenz bekommen. In der Frauen-Bundesliga finden je zwei Spiele an einem Wochenende statt. So sparen die acht Teams der Liga Reisekosten. Es gibt insgesamt 28 Spiele für jedes Team. Danach – anders als bei den Männer – kommen keine Play-offs. Der Tabellenerste ist Deutscher Meister.

„Die Teams verändern sich sehr in den Sommerpausen – vor allem durch die ausländischen Spielerinnen. Die machen einen großen Unterschied in unserer Liga“, sagt Young. Auch die Eisbären Juniors haben Unterstützung aus dem Ausland, auch wenn der Verein kein Gehalt zahlt. Die US-Amerikanerin Ariana Buxman ist seit diesem Jahr in Berlin, J’nai Mahadeo ist sogar schon die zweite Saison dabei.

Young will zu Saisonbeginn die Ansprüche nicht zu hoch schrauben. „Wir müssen Tag für Tag unsere Fortschritte betrachten und reflektieren, vor allem die große Lücke bei den technischen Fähigkeiten der Spielerinnen etwas schließen“, sagt sie. „Aber die Saison ist lang. Und natürlich wollen wir zu den Top-Teams der Liga gehören.“

Über ihren kleinen, persönlichen Erfolg hatte die Kanadierin schon vor Saisonbeginn mit der Ernennung zur Cheftrainerin. „Es war immer mein Traum, einen komplett weiblichen Trainerstab zu haben“, sagt sie. Das hat Amy Young nun bei den Eisbären Juniors Frauen geschafft.

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