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Trainer Bill Stewart. Neuer Feuerwehrmann bei den Adler Mannheim.

© dpa

Eishockey: Verzweifelte Nostalgie bei den Adler Mannheim

An sich müssten sie Dauermeister im Eishockey sein. Doch die Adler Mannheim sind in einer Dauerkrise. Der Klub scheint wieder keine Strategie zu finden.

Am Mannheimer Hauptbahnhof prangt hinter dem Haupteingang über der Anzeigetafel mit den An- und Abfahrten ein stilisierter Adler. Unter der Leuchtreklame steht geschrieben: „Eishockeystadt Mannheim“. Eine klare Ansage, die Adler sind in der 300 000-Einwohnerstadt eine große Nummer. An keinem anderen größeren Standort der Deutschen Eishockey-Liga ist ein Klub so präsent wie in Mannheim. Die Stadt lebt und leidet mit den Adlern, die es von ihren strukturellen Voraussetzungen her einmalig gut haben in der Liga. Riesenarena mit zwei Trainingshallen, Sportinternat, den erfolgreichsten Nachwuchs und dann die Millionen von Mäzen Dietmar Hopp, mit denen Jahr für Jahr teure Spieler geholt werden.

Doch gemacht haben sie aus ihren Mitteln in Mannheim seit Jahren im Profibereich fast immer zu wenig. Und auch aktuell sieht es nicht danach aus, als sollte das Team um den Titel mitspielen. Es läuft wieder einmal schlecht in Mannheim.

Dabei hätte der Sonntag in der Arena ein schöner Tag werden können. Mehr als 13 000 Zuschauer freuten sich vor dem Spiel der Adler gegen die Eisbären Berlin auf das Heimdebüt des neuen Trainers Bill Stewart. In der Szene eher ein Absteiger, umweht den Kanadier in Mannheim immer noch die Aura angestaubten Erfolges. 2001 wurde Stewart mit den Adlern Meister. Nun wurde der kantige Kanadier als Feuerwehrmann geholt für den erst vor eine Woche entlassenen Sean Simpson. Doch mit dem schnellen Umschwung wurde es nichts, gegen Tabellenführer Eisbären setzte es am Sonntag ein 1:4, zwei Tage zuvor hatten die Mannheimer 3:4 in Ingolstadt verloren. Nach seinem verkorksten Auftaktwochenende hinter der Mannheimer Bank sagte Stewart: „In sechs Tagen kann ich hier nicht alles richten.“ Aber das wolle er ab jetzt angehen, denn: „Ich bin nicht nach Mannheim gekommen, um in den Pre-Play-offs zu spielen.“ Nach der Teilnahme an den ungeliebten Qualifikationsspielen für die eigentlichen Play-offs sieht es aber momentan für die Adler aus, sie sind Tabellenneunter.

„Nur mit Konstanz bist du ein Spitzenteam“

Sean Simpson wird für die aktuelle Misere verantwortlich gemacht. Mit großen Meriten nach Mannheim gekommen, gelang es dem ehemaligen Schweizer Nationaltrainer nicht, sein Starensemble in anderthalb Jahren ordentlich zu führen. Immer noch trauern sie in Mannheim noch Geoff Ward hinterher, der den Klub im Jahr 2015 zur bislang letzten und auch einzigen Meisterschaft in zehn Jahren führen konnte. Stewart sagte am Sonntag zum Gegner: Die Eisbären seien nur deshalb so gut, weil sie konstant seien. „Nur mit Konstanz bist du ein Spitzenteam.“ Oder eben eben ein Spitzenklub. In Mannheim ist es mit der Geduld nicht so weit her. Eishockey sei ein „Day-to-day-business“, sagte Geschäftsführer Daniel Hopp (Sohn von Dietmar Hopp) bei der Verpflichtung von Stewart: Mit diesem als Trainer konzentriere sich der Klub vorerst auf die laufende Saison. Aber gerade da liegt wohl der Fehler in Mannheim. Offensichtlich mangelt es dem Unternehmen von Daniel Hopp an innerer Ruhe, an der passenden Strategie und an nachhaltigen Konzepten: Im Nachwuchs alle Titel abzuräumen und dann die jungen Spieler zur Konkurrenz zu schicken, das hat sich noch nicht als Erfolgsmodell etabliert in Mannheim.

Eishockeystadt Mannheim? Zur Zeit eher Eishockeyselbstbedienungsladen.
Eishockeystadt Mannheim? Zur Zeit eher Eishockeyselbstbedienungsladen.

© Vetter

Sicher hemmt der hohe Erwartungsdruck eine positive Entwicklung in Mannheim. Als sich im Spiel am Sonntag die Niederlage gegen die Eisbären anbahnte, pfiffen die Fans die eigene Mannschaft aus. Leise zwar, aber unüberhörbar. Die Tradition des Erfolges belastet: Ende der Neunzigerjahre waren sie Serienmeister in der Liga, damals schien ihnen das locker von der Hand zu gehen. Wohl deshalb haben sie sich nun an Stewart erinnert.

Obwohl auch das weniger nach Strategie denn nach verzweifelter Nostalgie aussieht: Stewart wurde nur als Zwischenlösung bis Saisonende verpflichtet. Dann kommt bestimmt die nächste Zwischenlösung in der Eishockeystadt, die ein Eishockeyselbstbedienungsladen ist.

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