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Elisabeth Revol hat schwere Erfrierungen auf dem Nanga Parbat erlitten.

© AFP

Drama auf dem Berg: Die erlebte Hölle am Nanga Parbat

Die französische Bergsteigerin Elisabeth Revol besteigt mit ihrem Kletterpartner Tomasz Mackiewicz den Nanga Parbat. Der Abstieg wird zur Katastrophe.

Drei Nächte lang hat Elisabeth Revol Wind und Frost am Nanga Parbat im Himalaya getrotzt - nun erzählt die französische Bergsteigerin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP erstmals von ihrem Überlebenskampf am "Schicksalsberg" und ihrer Rettung. Und von ihrem Begleiter, den sie blutend und schneeblind zurücklassen musste und der vermutlich tot ist.

Alles hatte hoffnungsvoll begonnen: Vergangene Woche erreichte Revol mit ihrem polnischen Kletterpartner Tomasz "Tomek" Mackiewicz erstmals den 8125 Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat: Als erste Frau in der Wintersaison, ohne Sauerstoff und Sherpa, bezwang sie den "Schicksalsberg der Deutschen", wie er wegen vieler Todesfälle in den 1930er Jahren auch genannt wird.

Aber das Glück am neunthöchsten Gipfel der Welt dauerte nur kurz. "Tomek sagte mir, er könne nichts mehr sehen", erinnert sich Revol, die derzeit im französischen Krankenhaus von Sallanches südöstlich von Genf behandelt wird. "Er hatte keine Maske benutzt, weil es tagsüber diesig war" und litt deshalb an einer Augenentzündung.

"Wir haben keine Sekunde länger am Gipfel ausgeharrt. Es war eine Flucht nach unten", sagt die erfahrene Bergsteigerin. Mackiewicz hielt sich an der Schulter Revols fest, die in der Dunkelheit der anbrechenden Nacht den Weg suchte. Sie übernachteten aneinandergekauert in einer Felsspalte und suchten Schutz vor dem eisigen Wind.

Am nächsten Morgen hatte Mackiewicz keine Kraft mehr. "Blut strömte aus seinem Mund", erinnert sich Revol. Zuvor hatte er über Atembeschwerden geklagt. Anzeichen für akute Höhenkrankheit, die ohne sofortige Hilfe tödlich sein kann.

"Wenn du auf 6000 Meter absteigst, kommen wir dich holen"

Die Bergsteigerin sandte Hilfsbotschaften ab. "Schließlich antworteten sie mir: Wenn du auf 6000 Meter absteigst, kommen wir dich holen". Sie solle ihren polnischen Begleiter alleine zurücklassen, für ihn werde ein Hubschrauber organisiert. "Das ist keine Entscheidung, die ich selbst getroffen habe, sie wurde mir vorgeschrieben", sagt die 1,56 Meter große Frau.

Sie macht sich ohne Decken und Zelt auf den Weg, im festen Glauben, in Kürze auf die Bergretter zu treffen. Doch diese kommen nicht, auch ein zweiter Rettungsversuch per Helikopter scheitert wegen des starken Windes. Revol muss noch zwei weitere Nächte im Eis verbringen. "Ich hatte mehr Angst um Tomek als um mich", erzählt sie. Sie leidet zu diesem Zeitpunkt unter Halluzinationen und Erfrierungen an beiden Händen und einem Fuß.

Nach der dritten Nacht beschließt sie, weiter abzusteigen. "Es war eine Frage des Überlebens", sagt sie. Trotz eisigen Windes und Schmerzen ist sie "ruhig", wie sie sagt. Am frühen Morgen ist sie auf 6300 Metern Höhe. "Ich habe zwei Stirnlampen in der Nacht gesehen. Ich habe angefangen zu schreien und mir gesagt: Alles ist gut", sagt sie.

Vier polnische Profibergsteiger bringen Revol nach der aufreibenden Rettungsaktion in Sicherheit. Die Suche nach Mackiewicz wird abgebrochen, das Risiko für die Helfer ist zu groß. Sie sprechen von einer "furchtbaren und schmerzhaften Entscheidung"

Revol wartet nun in der Alpen-Klinik auf den Befund der Ärzte, ihr drohen Amputationen an beiden Händen und an dem erfrorenen Fuß. Will sie jemals wieder klettern? "Ich brauche das", bekennt die junge Lehrerin unter dem verständnisvollen Blick ihres Mannes Jean-Christophe. "Es ist so schön." (Sophie Lautier/AFP)

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