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Ist das Jahr schon wieder rum? Dopingkontrollen finden im Fußball seltener statt als in anderen Sportarten. Rein statistisch trifft es jeden Bundesligaspieler pro Saison höchstens einmal.

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Doping im Fußball: Die Suche nach Nadeln im Heuhaufen

Der Fußball hinkt in der Dopingbekämpfung hinterher, nicht nur in der Bundesliga, doch das Bewusstsein für die Dopingproblematik im Profifußball wächst.

Dopingkontrollen im Fußball sind eine Majestätsbeleidigung. Als Lionel Messi im Dezember letzten Jahres zu einer Trainingskontrolle gebeten wurde, erklärte er empört via Instagram: „Doping-Tag. Von den fünf Ausgewählten war ich der einzige, der Blut und Urin abzugeben hatte. Seltsam, nicht?“ Seltsam war, dass Messi sich wunderte. Der wegen seiner früheren Kleinwüchsigkeit mit Wachstumshormon hochgepäppelte Star des FC Barcelona hatte tags zuvor drei Tore im Derby gegen Espanyol erzielt und steuerte in Hochform aufs prestigeträchtige Champions-League-Duell mit Paris St. Germain zu. Ziemlich logisch, einen solchen Burschen zur Trainingskontrolle auszuwählen.

Nach den Vorwürfen, der SC Freiburg und der VfB Stuttgart hätten von 1978 bis 1980 systematisch mit Steroiden gedopt, beeilen sich die heutigen Protagonisten mit Verweisen auf eine längst vergangene Ära. Man habe im Bereich der Dopingbekämpfung speziell in Deutschland „viele Lücken geschlossen“, erklärte auch Wilhelm Schänzer, der Leiter des Instituts für Biochemie in Köln, der Deutschen Presse-Agentur. Doch in Sachen Kontrollmentalität sind viele Fußballstars in den frühen 90er Jahren stecken geblieben. Dass damals etwa im italienischen Fußball niemand damit rechnen musste, wirklich erwischt zu werden, belegt eine Praxis, die ein Dopingermittler der Carabinieri dem Tagesspiegel erzählte: „In den 90er Jahren haben sie das im Fußball so gemacht: Es wurde im Stadion ausgelost, welche Spieler kontrolliert werden sollten. Die Mannschaftsärzte markierten die Lose mit den Namen der Spieler, die gerade problemlos kontrolliert werden konnten, mit einem Punkt. Das Mitglied der Dopingkommission wusste also, welche Zettel es nehmen konnte.“

1991 erdreistete sich Fulvio Collovati, Weltmeister 1982 mit Italien, eine Urinprobe mit Orangensaft anzureichern. Er wollte die lästige Toilettentätigkeit abkürzen. Wie Collovati ohne Intervention der Kontrolleure Urin und Saft mischen konnte, blieb ungeklärt. Warum er nicht wegen Manipulation einer Dopingprobe sanktioniert wurde, fragte sich niemand.

Wachsendes Bewusstsein für die Dopingproblematik im Fußball

Das habe sich jetzt verändert, versichert der Carabinieri-Offizier. Auch dass Lionel Messi sich über einen kombinierten Blut- und Urintest aufregen darf, ist eine Frucht des wachsenden Bewusstseins für die Dopingproblematik im Fußball. Im Juli vergangenen Jahres kritisierte die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), dass 2013 in einzelnen Ländern kein einziger Bluttest im Fußball vorgenommen wurde. Am Pranger standen da unter anderem Spanien, die Niederlande und Brasilien. In der Bundesliga wurden 2013 immerhin einige Bluttests bei Trainingskontrollen durchgeführt. 39 Bluttests und 534 Urintests veranlasste die nationale Anti-Doping-Agentur Deutschlands (Nada) in dem Jahr im Fußball.

Zum Vergleich: Im Radsport testete die Nada 255-mal das Urin und 261-mal das Blut. Knapp 500 Profis spielen in der Bundesliga; deutsche Radprofis der Spitzenklasse gibt es nicht einmal zwei Dutzend. Während Radsportler mit mehreren Blutkontrollen pro Saison rechnen müssen, wird nicht einmal einer von zehn Bundesligaprofis getestet. Bei Urinkontrollen liegt die statistische Wahrscheinlichkeit bei einer Abgabe pro Spieler und Saison. Im internationalen Vergleich sind die Verhältnisse ähnlich. 309 Trainingskontrollen des Bluts machte die Wada im Straßenradsport. Weltweit in der ersten Kategorie gibt es etwa 500 Profis – so viele also, wie allein die Bundesliga Spieler zählt. Im weltweiten Fußball beliefen sich 2013 die Blutkontrollen im Training unter Wada-Aufsicht auf insgesamt 173. Kein Wunder also, dass Lionel Messi sich überrascht fühlte.

Doping im Fußball: Blut-, Hormon- und Steroidprofile notwendig

Anzumerken bleibt, dass die Kontrolleure im Fußball – anders als in anderen Sportarten – ihre Tests nur auf dem Trainingsgelände der Vereine durchführen können. Der Überraschungsfaktor geht dadurch praktisch vollständig verloren. Nur die Nationalspieler unterliegen wie andere Sportler der Meldepflicht ihres Aufenthaltsorts und können etwa auch im Urlaub kontrolliert werden. Um herauszufinden, wie viel Doping heute in den Spielern der Bundesliga steckt, wären individuelle Blut-, Hormon- und Steroidprofile notwendig. Nur so kann sich die Dopingdiskussion im Fußball von der anekdotischen Ebene auf eine sachliche begeben.

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