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Domenico Tedesco, 32, kam vor der Saison von Erzgebirge Aue zu Schalke. Er ist Wirtschaftsingenieur und schloss den Trainerlehrgang als Jahrgangsbester ab. Foto: Kirchner/dpa

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Domenico Tedesco vor Hertha-Spiel: Schalke-Trainer: "Auf den Hype reagiere ich allergisch"

Domenico Tedesco spricht vor dem Spiel gegen Hertha BSC über die hoch gelobte junge Trainergeneration, alte Fußballweisheiten und die Ziele mit dem FC Schalke 04.

Herr Tedesco hatten Sie schon als Kind den Wunsch, Fußballtrainer zu werden?

Es gab bei mir jedenfalls kein Schlüsselereignis. Es war eher ein schleichender Prozess. Ich wollte als Kind Fußballer werden, war aber nie höherklassig aktiv und habe doch immer Fußball gespielt. An Wochenenden oft in mehreren Teams nacheinander. Dann habe ich früh als Trainer begonnen, auf dem Dorf mit Achtjährigen.

War das ihr Erweckungserlebnis?
Zumindest habe ich gemerkt, dass ich die Kinder motivieren konnte. Diese Mannschaft hatte zuvor so gut wie nie gewonnen. Wir haben ein paar Umstellungen gemacht und auf einmal hatten wir Erfolg. Das war eine tolle Atmosphäre innerhalb der Mannschaft, das hat mir riesig Spaß gemacht. Da wurde mir klar, dass das etwas für mich sein könnte.

Fußball war für Sie lange Zeit aber eher Nebensache?
Für mich war eigentlich immer klar, dass ich weiter als Wirtschaftsingenieur arbeite und ich Fußball nebenbei weitermachen werde. Als ich beim VfB Stuttgart als Jugend-Co-Trainer angefangen habe, war ich bei Mercedes-Benz angestellt und morgens schon um sechs Uhr im Büro, damit ich nachmittags um 16.30 Uhr pünktlich beim Training dabei sein konnte. Nur am Vormittag konnte ich nie vor Ort sein. Irgendwann habe ich mich dann ganz für den Fußball entschieden. Geplant hatte ich das aber nie.

Sie gehören einer neuen Trainergeneration an, die öffentlich sehr gelobt wird. Es ist viel von Konzepttrainern und Matchplänen die Rede. Halten sie den Fußball für eine Angelegenheit, die eher wissenschaftliche Betrachtung finden muss?
Genau das stört mich. Nach dem Spiel gegen Leipzig haben das viele dem Matchplan zugeschrieben. Wir haben aber vor allem gewonnen, weil die Jungs mit großer Leidenschaft gekämpft haben. Gegen Hannover haben wir verloren, weil das nicht in allen Bereichen der Fall war. Das sind die Grundtugenden. Deshalb reagiere ich auf diesen Hype auch etwas allergisch.

"Es ist mir natürlich sehr wichtig, dass meine Mannschaft eine Idee hat"

Weshalb?
Ich finde es nicht so spannend, wenn mein Trainerteam und ich als Professoren und „Matchplan-Austüftler“ hingestellt werden. Es ist mir natürlich sehr wichtig, dass meine Mannschaft eine Idee hat. Wir schauen stets, wo der Gegner seine Schwächen hat, die wir ausnutzen möchten. Es geht schließlich um den Sieg. Aber man kann noch so tolle Ideen haben. Wenn wir nicht laufen, die Zweikämpfe nicht annehmen, schlampig in der Ballan- und -mitnahme sind, dann bringen der tollste Plan und die beste Idee nichts. Dann verliert man Spiele.

Können Sie verstehen, warum die erfahrenen Fußballtrainer Friedhelm Funkel und Jupp Heynckes sagen, dass sich der Fußball selbst gar nicht so sehr verändert hat?
Das ist auch so. Es ist auch nicht mein Ziel, den Fußball zu revolutionieren. Es geht mir immer darum, das Beste für die Mannschaft rauszuholen und die eigenen Stärken der Spieler in den Fokus zu legen.

Kann man die Aussagen der Trainerkollegen womöglich auch als Seitenhieb auf ihre Generation verstehen?
Ich kann verstehen, dass die Kollegen sich so äußern. Viele Begriffe im Fußball scheinen neu, beschreiben aber lediglich bekannte Muster. Umschaltspiel kann man auch Konter nennen. Früher ging man vorne drauf, heute heißt das Gegenpressing.
Beim Umgang mit Benedikt Höwedes und Donis Avdijai wirkten Sie für ihr junges Alter sehr gradlinig. Ist das die strikte Art, wie Sie die Trainerrolle verstehen?
Ich habe mir noch nie überlegt, ob ich so strikt bin. Ich mache mir viele Gedanken im Vorfeld. Aber wenn ich von etwas überzeugt bin , dann stehe ich auch dazu. Und das mit aller Konsequenz.

Inwieweit müssen Sie als Trainer Egoist sein, um Ihre Ziele zu erreichen?
Der Erfolg der Mannschaft steht bei mir im Mittelpunkt. Da trifft man auch schon mal Entscheidungen, die nicht bei allen Fans auf Begeisterung stoßen.
Was ist das größte Problem, das sie derzeit mit der aktuellen Schalker Mannschaft haben?
Mit dem Ball laufen unsere Spieler noch zu wenig. Das Freilaufverhalten müssen wir verbessern, um unser Offensivspiel variabler zu gestalten. In der Defensive machen wir das schon sehr gut.
Wenn Sie den FC Schalke 04 irgendwann verlassen, was wollen Sie dann erreicht haben?
Ich möchte, dass ersichtlich ist, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, mit der wir gemeinsam etwas entwickelt haben – und wir auch wieder international gespielt haben.

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