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Wohin geht die Reise? In Augsburg kann Marco Sturm schon mal schauen, wie stark die Gegner bei Olympia sein könnten.

© Monika Skolimowska/dpa

Deutschland Cup im Eishockey: Ein bisschen Olympia in Augsburg

Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm testet am Wochenende in Augsburg beim Deutschland Cup für die Winterspiele in Südkorea.

Die Kirche hier, die Eishalle da und dort die Fußgängerzone. Wie schön Landshut auch im Herbst doch ist. Vor ein paar Tagen hat ein Sportfernsehsender den Eishockey-Bundestrainer auf einem Rundgang durch dessen Heimatstadt begleitet. Marco Sturm hat den Auftritt mit seinem typisch freundlichen Dauergrinsen begleitet. Seit ein paar Monaten wohnt der einstige Profi aus der National Hockey League (NHL) wieder in Niederbayern. Obwohl er sich zuvor in Florida ganz wohl fühlte. Aber auch für einen Mann seiner Kategorie bietet sich nach der Spielerkarriere in der besten Eishockeyliga der Welt nicht an jeder Stadionecke ein Traumjob an. Den hat Sturm dafür in Deutschland gefunden.

Marco Sturm hat seit dem Amtsantritt im Jahr 2016 als Bundestrainer vieles gut gemacht: Olympia-Qualifikation geschafft, jeweils das Viertelfinale bei den ersten beiden Weltmeisterschaften unter seiner Regie erreicht. Gut für eine Nationalmannschaft, die unter Sturms überforderten Vorgänger Pat Cortina in den internationalen Niederrungen der Sportart zu verschwinden drohte. Sturm hat den Negativprozess mithilfe erfahrener Ko-Trainer und starker Spieler, die bei Cortina zuverlässig absagten, und guter Stimmung aufgehalten. Mehr ist ihm aber noch nicht gelungen: Die Heim-WM vom Mai wirkt ein paar Monate später betrachtet wenig nachhaltig. Dass in Deutschland Eishockey-Weltmeisterschaft war, wird in ein paar Wochen in den Jahresrückblicken vieler Sportredaktionen kaum eine große Rolle spielen. Die WM endete mit dem respektablen, aber zu oft gesehenen Viertelfinal-Aus. Die nächste Chance, auch andere sportbegeisterte Menschen außerhalb der Eishockeyszene abzuholen, bietet sich nun in 90 Tagen für Sturms Team – bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang.

Das Turnier ist für die deutsche Mannschaft ein unberechenbares Abenteuer. Hätten die Stars aus der NHL alle mitgespielt, hätte Deutschland als Außenseiter wohl auch keine Chance, allerdings auch seine besten Spieler wie Leon Draisaitl oder Tobias Rieder am Start gehabt. Doch die NHL pausiert nicht mehr für ein olympisches Turnier. Das bringt Nationen in die Bredouille, die in ihren Auswahlteams fast ausschließlich NHL-Profis spielen lassen. Die Teams so großer Nationen wie Russland oder die USA werden nun beim Olympia-Turnier in Südkorea vorrangig mit in Europa beschäftigten Profis besetzt sein – sonst war das nur bei international unwichtigen Turnieren der Fall. Der Deutschland-Cup litt darunter, bei der am Freitag beginnenden neuen Auflage ist nun alles anders: Die Russen, am Freitag erster Gegner der Deutschen (19.30 Uhr, live auf Sport 1), testen ebenso wie die Slowaken (deutscher Gegner am Samstag, 16 Uhr) und die USA (Sonntag, 16.45 Uhr) ihre Spieler für Olympia. Sturm sagt dazu: „Das ist die perfekte Herausforderung für uns. Für uns ist das ein sehr guter Test.“ Dabei schont der Bundestrainer etliche seiner besten Spieler wie Verteidiger Christian Ehrhoff, einst NHL-Größe und heute Kapitän der Kölner Haie, oder die Stürmer Patrick Reimer und Felix Schütz.

DEB-Präsident Reindl stapelt vor Olympia tief

Doch auch ohne NHL-Profis kommen die Gegner beim Deutschland Cup schwergewichtig daher. Beim Team USA spielt ein Brian Gionta, der sich mit dann 39 Jahren zum Karriereende noch mal den olympischen Traum verwirklichen möchte und auch daher kein Engagement in der NHL hat. Der Außenstürmer hat über 1000 Mal gespielt in der NHL. Und bei den Russen ist viel Prominenz aus der starken Kontinental Hockey League (KHL) am Start.

Mindestens zwei der drei deutschen Vorrundengegner bei Olympia – Schweden und Finnland – werden wohl auch zu stark für die deutsche Mannschaft besetzt sein. Wenigstens Norwegen scheint aber schlagbar. Trotzdem sagt Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), bei Olympia das Viertelfinale zu erreichen, sei „ein Traum“. Als „realistisch“ will er es „nicht einstufen“. Schade eigentlich, denn Olympia bietet dem deutschen Eishockey doch die Chance, sich mal vor einem großen Publikum zeigen zu können und nicht nur auf einem Sportkanal zwischen zwei Werbeblöcken. Wobei die Öffentlich-Rechtlichen seit geraumer Zeit selbst über olympisches Eishockey mit liebloser Hilflosigkeit am öffentlichen Interesse vorbei berichtet haben. Man kann sich sicher sein, dass in Südkorea das Curling-Turnier in ARD und ZDF wichtiger sein wird als das Eishockeyturnier. So gesehen ist es auch egal, wenn sich die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft schnell aus dem Turnier verabschiedet.

Immerhin bastelt Reindl mit seinen Strukturreformen im Nachwuchs daran, am Dilemma im deutschen Eishockey etwas zu ändern, und hat mit einem erst 39 Jahre alten Trainer auch einen Mann, der noch viel Zeit hat, um eine neue Generation nach oben zu führen. Den im Sommer auslaufenden Vertrag mit Marco Sturm will der DEB über das olympische Turnier hinaus verlängern. Womöglich passiert das schon gleich nach dem Turnier von Augsburg. Reindl sagt: „Ich denke, es gibt beidseitig keinerlei Probleme“ – auch nicht zwischen einem Niederbayern (Sturm) und einem Oberbayern (Reindl).

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