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Auch Hertha hat verloren - in Östersund.

© dpa

Deutsche Teams im Europapokal: Die Liga des Weltmeisters ist nur noch Mittelmaß

Alle deutschen Mannschaften haben in dieser Woche ihre internationalen Spiele verloren. Das wirkt überraschend - ist es aber nicht. Ein Kommentar.

Der Östersunds Fotbollsklubb aus Schweden, vor 21 Jahren gegründet und gerade in der zweiten Saison erstklassig, erlebt im Moment ein mindestens mittelgroßes Märchen. Der Klub aus der Wintersportprovinz Jämtland nimmt erstmals an einem Europapokalwettbewerb teil. Er hat seine ersten beiden Gruppenspiele in der Europa League hinter sich und dank zwei Siegen, davon einer gegen Hertha BSC, schon sechs Punkte auf dem Konto. Das ist einer mehr, als die Bundesliga hat. Noch mal zum besseren Verständnis: Der Östersunds FK hat nach zwei Spieltagen im Europapokal mehr Punkte als alle sechs deutschen Teilnehmer. Zusammen.

Das sollte reichen, um das Land in einen Zustand höchster Erregung zu versetzen. Tut es auch. Am zweiten Spieltag in Champions und Europa League haben alle sechs Bundesligisten ihre Spiele verloren und exakt null Punkte erwirtschaftet. Zusammen. Die Liga des Weltmeisters ist international nur noch Mittelmaß, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass sie in der Fünfjahreswertung hinter Italien zurückgefallen ist.

Man kann nun den nationalen Notstand ausrufen und holländische Verhältnisse an die Wand malen. Man kann aber auch einfach mal einen nüchternen Blick auf die Realität werfen. Ja, das Abschneiden der Bayern und Dortmunder ist in hohem Maße unerfreulich, aber beide haben genau die Spiele verloren (in Tottenham, gegen Real, bei PSG), von denen man schon vor der Saison gedacht hatte, dass sie sie verlieren könnten.

Blutige Anfänger

Die anderen vier Klubs sind hingegen mehr oder weniger blutige Anfänger auf diesem Niveau. Leipzig und Hoffenheim spielen zum ersten Mal überhaupt europäisch; Hertha und Köln sind seit Urzeiten mal wieder dabei, was im Ergebnis auf das Gleiche hinausläuft. (Und mal ganz ehrlich: Hat irgendjemand ernsthaft erwartet, dass der 1. FC Köln, der in der Bundesliga nach sechs Spielen mit einem Punkt und einem Tor Tabellenletzter ist, die Europa League rockt?)

Europa ist anders. Das erfährt die Bundesliga jedes Jahr aufs Neue, und es ist bemerkenswert, wie sie sich jedes Jahr aufs Neue davon überraschen lässt. Nicht im Traum hat die TSG Hoffenheim vermutlich damit gerechnet, dass sie gegen Ludogorez Rasgrad verlieren könnte. An einem Ort, von dem die meisten Deutschen wahrscheinlich nicht mal wissen, ob er in Bulgarien, der Ukraine oder Weißrussland liegt. Aber Ludogorez Rasgrad ist inzwischen ein ständiger Vertreter Bulgariens im Europapokal, hat in den vergangenen Jahren unter anderem gegen Arsenal, Paris, Liverpool, Lazio und Real gespielt.

So wird das Alleinstellungsmerkmal der Bundesliga – der starke Mittelbau – international zunehmend zum Wettbewerbsnachteil. In der Bundesliga kann jeder jeden schlagen, was dazu führt, dass sich jedes Jahr neue Klubs im Europapokal versuchen dürfen. Das ist schön für Augsburg, Mainz, Hoffenheim. Aber schlecht für die Fünfjahreswertung.

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