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Das Pokalspiel zwischen Hertha und Hansa musste unterbrochen werden.

© Reuters

Bundesliga-Start: Rettet das Spiel!

Gewalt auf den Rängen, abstruse Transfersummen: Der deutsche Fußball muss aufpassen, die echten Fans nicht zu vergraulen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Katrin Schulze

Dieses Spiel kann so viel. Zig Menschen richten ihr Leben danach aus, lassen ganze Wochenenden für ihren Lieblingsverein draufgehen. Oder diskutieren mit Freunden, Kollegen und Nachbarn jede noch so kleine große Szene des jüngsten Duells. Der Fußball bindet und verbindet die Menschen vielleicht mehr als alles andere in diesem Land. Gerade in einer scheinbar immer böser werdenden, unkontrollierbaren Welt, kann er ein Haltepunkt sein. Ablenkung und Abwechslung – hier kann jeder mal ein bisschen ausbrechen aus der täglichen Ordnung. Obwohl es die sogenannten Fans, die gerade in den Stadien randalierten, damit entschieden übertrieben haben.

Dabei wollen sie im deutschen Fußball doch gerade die große Fairnessoffensive starten, nachvollziehbarer und offener für alle werden. Und es ist ja auch so: Wenn der Ball am Freitag wieder in der Bundesliga rollt, dann wird das Spiel messbarer, und ja, auch gerechter. Zum ersten Mal wird dann in Deutschlands höchster Spielklasse der Videobeweis eingesetzt, um strittige Situationen zu klären. Von nicht weniger als einer Revolution reden sie, die Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball Liga.

In Wahrheit ist der Schritt überfällig. Andere Sportarten wie Tennis, Beachvolleyball oder Hockey nehmen schon lange die Technik zu Hilfe, ohne dass sich jemand aufregt. Nur im Fußball haben sie sich jahrelang gezankt, bis endlich die meisten eingesehen haben, dass der Videobeweis diesen Sport eben nicht kaputt macht oder weniger faszinierend, rätselhaft, geheimnisvoll. Der Sport wird gerechter, das ist richtig, vorhersehbarer wird er so aber nicht. Es bleibt auch in dieser Saison möglich, dass der Berliner Bundesligist Hertha BSC den Dauermeister FC Bayern München besiegt. Dass es heikle Szenen gibt, die sich eben nicht mittels eines Videoschiedsrichters auflösen lassen – und weiterhin an den Stammtischen dieses Landes diskutiert werden.

Die Basis muckt auf

So ist die neue Technik beileibe eines der geringsten Probleme des deutschen Fußballs. Denn während die Bundesliga unter immer professionelleren Bedingungen arbeitet, geht es unten an der Basis immer rüder zu. Kaum jemand möchte sich heute mehr zum Schiedsrichter ausbilden lassen, weil er Angst vor Pöbeleien und Attacken haben muss. Die Gewalt nimmt zu, auf und neben dem Rasen.

Das spiegelt sich auch auf den Zuschauerrängen im Profibereich wider. Da braucht man sich nur die Krawalle beim DFB-Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC am vergangen Montag anzuschauen. Da wurde gezündelt und gefackelt, dass dem echten Fan die Lust am Spiel verging. Wenn es wirklich fair zugehen soll, müssen der DFB und die Fußball Liga diese Randalierer und Zündler konsequent bestrafen und Stadionverbote für jeden einzelnen verhängen. Denn wenn nicht mehr Spieler und Schiedsrichter auf dem Rasen entscheiden, wie und wann ein Spiel endet, sondern die Ultras auf den Tribünen, dann verliert der Sport - an Wert, an Glaubwürdigkeit, an echten Fans.

Überhaupt muss die Liga aufpassen, die vielen Fußballanhänger weiterhin mitreden und mitspielen zu lassen. Und nicht zu vergraulen. Noch sitzen Hunderttausende in den Stadien, Millionen vor den Fernsehern. Noch mühen sich die vielen Ehrenamtlichen in Fußballdeutschland für ihren Heimatverein ab. Doch deren Liebe scheint nicht mehr bedingungslos zu sein. Die DFB-Oberen müssen sich dringend mit dem Protest und den Problemen der Amateurklubs auseinandersetzen, die darüber klagen, dass vom großen Geld im Profibereich viel zu wenig unten ankommt. Summen jenseits von 200 Millionen Euro, die auf dem internationalen Transfermarkt inzwischen gezahlt werden, wirken vor diesem Hintergrund geradezu abstrus. Einem normalen Fan sind sie nicht mehr zu vermitteln.

Angesichts dessen und der gewalttätigen Ausschreitungen auf den Rängen in großen Arenen wie auf kleinen Plätzen, ist es nötig, immer wieder darauf hinzuweisen und es sich bewusst zu machen. Was genau das Schöne am Fußball ist: Es bleibt ein Spiel. Es muss eines bleiben. Eines, an dem alle Freude haben.

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