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Partnerlook. Horst Heldt (links) und André Breitenreiter sind in Hannover wieder vereint.

© dpa

Breitenreiter übernimmt für Stendel: Herber Übergang bei Hannover 96

Nun soll Trainer André Breitenreiter Hannover 96 zum Aufstieg führen. Doch woher nimmt die Klubführung die Gewissheit, dass alles noch besser wird?

Von Christian Otto

Die Zusammenkunft der vermeintlichen Streithähne verlief heiter. Horst Held und André Breitenreiter – waren das nicht diese beiden Fußball-Macher, die sich zu ihrer gemeinsamen Zeit bei Schalke 04 gestritten oder gar gemobbt haben? Natürlich nicht. „Wir haben beide Fehler gemacht“, sagte Heldt und lächelte. Er und Breitenreiter sind ab sofort die neuen Hoffnungsträger von Hannover 96. Der neue Manager und der neue Cheftrainer folgen dem Willen von Präsident Martin Kind. Letzterer hat innerhalb von zwei Wochen die komplette sportliche Leitung mit Geschäftsführer Martin Bader, Kaderplaner Christian Möckel und Trainer Daniel Stendel entlassen.

Bis vor wenigen Monaten noch war Stendel genau der richtige Mann mit Schwung und Lokalkolorit – bis immer mehr offensichtlich wurde, dass er keine überzeugende Spielidee sichtbar machen konnte. Jetzt übernimmt mit dem früheren 96-Spieler Breitenreiter ein Mann mit Schwung und Lokalkolorit, der neun Spieltage vor Saisonende versuchen soll, eine überzeugende Spielidee von und mit Hannover 96 zu entwickeln. Für ihn spricht im Vergleich zu Stendel: Der 42-Jährige hat deutlich mehr Erfahrung in der Bundesliga gesammelt und ist auch eloquenter als der eher einsilbige Stendel. Breitenreiter erhält einen Vertrag bis 2019, der unabhängig für die Erste und Zweite Liga gilt.

Die Fans feierten Stendel trotz mäßiger Leistung bei jedem Spiel

Das Dumme an dem herben Übergang auf der Trainerposition in Hannover bleibt: Woher nimmt die Vereinsführung die Gewissheit, dass mit Breitenreiter wirklich alles innerhalb kürzester Zeit noch besser wird und der sofortige Wiederaufstieg auch gelingt? „Der vierte Tabellenplatz ist gut. Aber die Leistungsentwicklung ist auch zu beachten“, sagt der allmächtige 96-Präsident Martin Kind. Er meint damit, dass sein Klub im Vergleich mit dem VfB Stuttgart, dem 1. FC Union Berlin und Eintracht Braunschweig einen unbefriedigenden Eindruck hinterlässt. Wieder einmal ist unter Kinds Regie der Versuch gescheitert, in der sportlichen Leitung nachhaltig gute Leistungen zu ermöglichen. Unter der Regie von Kind sind in seiner mittlerweile 20-jährigen Amtszeit nicht weniger als 17 Trainer und zehn Manager verschlissen worden.

Die Inthronisierung von Breitenreiter war am Montagnachmittag nicht Chefsache, sondern der Part des Managers. Der zwei Wochen zuvor eingestellte Heldt durfte in Abwesenheit vom Big Boss erklären, warum der neue Trainer ein dufter Typ sei und warum Stendel für die geleistete Arbeit ein großer Dank gebühre. Tatsächlich ist in den vergangenen Tagen alles dafür getan worden, dass Stendel wie ein geprügelter Hund kleinlaut nach Hause geschlichen ist. Sein Scheitern wird im harten Kreis der Fans sehr kontrovers diskutiert. Zuletzt ist er trotz nicht immer ansehnlicher Heimspiele mit „Du bist der beste Mann“-Sprechchören gefeiert worden.

Am 1. April gibt Breitenreiter vor heimischem Publikum in der Partie gegen den 1. FC Union Berlin seine Premiere. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass Kind für die Entlassung von Daniel Stendel an diesem Tag stark angefeindet wird. Der Präsident, der sonst gerne und zu nahezu jedem Thema bei Hannover 96 Stellung nimmt, fehlte am Montag bei der offiziellen Pressekonferenz zur Vorstellung von Breitenreiter. Er überlies es seinem neuen Zuarbeiter Heldt, die guten und die schlechten Nachrichten zu verkünden. Vielleicht sollte seine Abwesenheit den Gedanken daran zerstreuen, dass Kind persönlich den Daumen gegen Stendel gesenkt hat.

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