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Peter Stöger soll Borussia Dortmund wieder auf Kurs bringen.

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Update

Borussia Dortmund: Peter Bosz geht, Peter Stöger kommt

Borussia Dortmund trennt sich vom glücklosen Trainer Peter Bosz und stellt mit Peter Stöger am Sonntag gleich seinen Nachfolger vor.

Normalerweise neigen Fußballprofis dazu, die eigenen Fehlleistungen mit einstudierten Floskeln schönzureden. Dann ist davon die Rede, man habe sein Potenzial nicht abrufen können oder es werden ähnlich vage Formulierungen bemüht. Am Samstag hat Marcel Schmelzer jedoch den Beweis geführt, dass es auch anders geht: Borussia Dortmunds Kapitän ging mit sich und seinen Mitspielern mit einer Schonungslosigkeit ins Gericht, die keinen Interpretationsbedarf zuließ.

„Was wir heute geboten haben, ist eine absolute Frechheit“, polterte der Verteidiger nach dem 1:2 gegen Werder Bremen: „Wir verkünden tagelang, dass wir die Wende schaffen wollen und liefern dann so eine Leistung ab. Die Leute draußen müssen doch denken, der labert doch immer das Gleiche.“ Schmelzer stellte niemanden anderen als sich und seine Mitspieler an den Pranger, über Peter Bosz verlor er kein böses Wort. Und doch wird eine Krise im Business Profifußball am Ende immer am Trainer festgemacht. Noch am Abend des Spiels trafen sich Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und der Mannschaftsrat mit Schmelzer, Nuri Sahin und Marco Reus in der Geschäftsstelle zu einer Krisensitzung, in der beschlossen wurde, den Holländer nicht einmal ein halbes Jahr nach seiner Einstellung zu entlassen.

Am folgenden Mittag um zwölf war in Dortmund High Noon: Während einer eilig anberaumten Pressekonferenz wurde der Öffentlichkeit die Trennung von Bosz verkündet. Aber nicht nur das. Der BVB präsentierte auch gleich den Nachfolger: Peter Stöger, erst vor wenigen Tagen in Köln entlassen, wird am Dienstag in Mainz auf der Dortmunder Bank sitzen. Der Österreicher erhält einen bis zum 30. Juni 2018 datierten Vertrag und wechselt damit vom Krisenklub in rot-weiß zu dem in schwarz-gelb. Der 51-Jährige berichtete von einer „überraschenden Situation“, aber auch von einer „außerordentlichen Möglichkeit, auf die ich mich freue“.

Stöger erhält in Dortmund einen Vertrag bis Saisonende

Tatsächlich mutet diese Personalrochade reichlich wundersam an. Sämtliche Ankündigungen des Dortmunder Führungsduos, die Krise mit Bosz zu bewältigen, sind Makulatur. Am Donnerstag hatte Watzke nach der Niederlage in Madrid vor dem Rückflug den Medienvertretern noch forsch verkündet, die Trainerdiskussionen „das ist doch euer Thema“, nun müssen Zorc und er sich vorwerfen lassen, mit dem Ziehen der Reißleine zu lange gewartet zu haben.

Vor allem die erste Halbzeit gegen Bremen offenbarte schonungslos, wie tief der BVB gesunken ist. Für Bosz war es „das Schlechteste, was ich gesehen habe, seit ich hier bin. Das kann man nicht erklären.“ Der 54-Jährige wirkte bei seiner wohl letzten Pressekonferenz in Diensten des BVB wie immer ruhig und gefasst: „Ich bin der Verantwortliche dafür, wenn die Mannschaft so spielt. Die Chefs haben schon sehr lange Geduld.“

Die ist aufgebraucht, das kurze Engagement von Bosz ist beendet. Nun soll es also Stöger richten. Wie anspruchsvoll sein Job ist, belegen die Aussagen der Dortmunder Spieler nach der Niederlage gegen Bremen. Mittlerweile, so scheint es, ist die Patientin Borussia ein Fall für die Couch. Wie hilflos die Versuche sind, den freien Fall zu stoppen, offenbarten die Aussagen von André Schürrle. „Wir brauchen Spieler, die mutig vorangehen“, verkündete der Weltmeister mit trotzigem Blick. Auf die Frage, wer das sein könne, antwortete er: „Das muss sich rauskristallisieren.“

Es eine vielsagende Analyse, die das Dilemma des BVB ziemlich gut zusammenfasst: Eine Woche vor Beginn der Winterpause gibt es in der Mannschaft von Borussia Dortmund offensichtlich keine Hierarchie. In Dortmund haben sie jetzt einen Trainer, der vom abgeschlagenen Tabellenletzten kommt, der mithin die Arbeitsbedingungen mit Spielern, die am Boden sind, bestens kennt. Dass er in der Frühphase seines Dortmunder Wirkens nicht in erster Linie als Fußball-Fachmann, sondern als Psychologe gefragt ist, hat der neue Trainer verinnerlicht. Er werde „erstmal mit den Jungs sprechen, wo die Problemzonen sind“, sagte Peter Stöger, bevor er sich auf den Weg zu seiner ersten Trainingseinheit mit den Dortmunder Profis machte: „Das ist hier ja keine Frage der Qualität.“

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