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Olympische Krönung. Die Berliner Thomas Plößel (vorne) und Erik Heil begannen auf dem Tegeler See und gewannen 15 Jahre später in Rio mit ihrem 49er die Bronzemedaille.

© AFP

Berliner Bronze-Segler im Interview: „Ein deutscher Rennstall wäre gut“

Die Berliner Segler Erik Heil und Thomas Plößel träumen nach Olympiabronze in Rio vom America’s Cup und einem eigenen Team.

Herr Heil, Herr Plößel, Sie haben in Rio die Eröffnungsfeier erlebt, die Abschlusszeremonie und eine Siegerehrung. Was war das Beste?

Thomas Plößel: Die Siegerehrung, definitiv, da kamen mir beinahe die Tränen. Obwohl sie ja nicht sehr lange gedauert hat, war sie eine 180-Sekunden-Krönung für achte Jahre harte Arbeit.

Erik Heil: Bei der Eröffnungsfeier war der Moment speziell, mit der gesamten deutschen Mannschaft im Gang darauf zu warten, ins Stadion einzuziehen. Da haben Teile der Mannschaft, ich weiß nicht, ob es die Hockeyspieler oder die Handballer waren, Gesänge angestimmt. Bei 280 Leuten wurde das sehr laut, keine andere Nationendelegation hat sich da noch getraut, dazwischenzufunken.

Die Bronzemedaille im 49er hat den Aufwand der vergangenen Jahre aufgewogen?

Heil: Das Ziel unserer Kampagne war nie nur, eine olympische Medaille in Rio zu gewinnen. Wir hatten extrem erfolgreiche Jahre, sind 2014 Europameister geworden und mehrfach Deutscher Meister. Wir hatten eine sehr gute Trainingsgruppe. So haben wir uns weiterentwickelt und dabei auch noch Spaß gehabt. Der Weg wäre die Mühen schon an sich wert gewesen.

Auf dem Podest standen Sie mit Neuseeländern und Australiern, die Ihre Klasse seit Jahren dominieren. Wollen Sie nach diesem Erfolg noch mehr erreichen?

Plößel: Wir müssen für uns selbst erst mal herausfinden, was mehr wäre. Worin neue Ziele bestehen könnten.

Heil: Darüber haben wir uns noch nicht ausgetauscht. Man will ja immer besser werden.

Auch in Rio zeigte sich, dass die großen Namen Ihres Sports immer wieder auf die olympische Bühne zurückkehren. So etwa der Olympiasieger von 2012, der Australier Nathan Outteridge, der zum dritten Mal dabei war und längst eine Profi-Karriere beim America’s Cup begonnen hat. Ist das für Sie eine Perspektive?

Plößel: Olympia hat einen großen Reiz ausgeübt. Der ist nicht geringer geworden dadurch, dass wir dabei waren.

Heil: Ich bin überzeugt, dass man mit einer Sache, in der man gut ist, auch irgendwann Geld verdienen kann. Allerdings hat der Olympiasieger Peter Burling ganz andere Voraussetzungen. Er ist in Neuseeland ein Nationalheld, es war klar, dass er Teil des America’s-Cup-Teams des Landes werden würde als größtes Talent, das auf dem Markt ist. Ich weiß nicht, wie die Chancen für deutsche Segler in diesem Geschäft stehen. Für uns wäre die erste mögliche Perspektive zur Gründung eines eigenen Teams, in der Extreme Sailing Series mit einem Katamaran anzutreten. Da ginge es nur um kleine Millionenbeträge, das ist realistischer. Es wäre jedenfalls eine gute Perspektive für deutsche Nachwuchssegler, wenn es einen professionellen Rennstall in Deutschland geben würde. Dadurch könnten immer wieder Leute nachgezogen werden, die sonst als letzte Möglichkeit einen olympischen Abschluss hätten.

Ins entscheidende Medal Race in Rio sind Sie als Zweitplatzierte gegangen mit einem knappen Vorsprung auf die Dritten. Doch dann mussten Sie auf Glück hoffen, um wenigstens noch Bronze zu holen. Was lief schief?

Plößel: Wir hatten vor diesem letzten Rennen einen Tag Pause und sind die Konstellationen durchgegangen. Uns trennten nur drei Punkte von unserem Verfolger Outteridge. Da war klar, dass er uns als Match-Race-Spezialist in einen Zweikampf verwickeln konnte. Wir haben uns unter Druck gesetzt gefühlt, da er in der Nähe startete …

Und da dachten Sie, dass es das Beste wäre, sich hinter dem Startschiff zu verstecken?

Plößel: Outteridge hatte eine Gelassenheit, die wir bei unserem ersten olympischen Medal Race einfach nicht aufbrachten. Diese Premiere hat uns tatsächlich sehr nervös werden lassen. Ich merkte, wie schwierig es für mich war, zu meinen normalen Denkstrukturen zurückzufinden und wie Erik auch unsicherer wurde.

Sie waren mental noch nicht so weit zu sagen: Wenn uns hier jemand herausfordert, wird der schon sehen, was er davon hat?

Heil: Das war eigentlich unser Plan.

Nach dem Medaillengewinn haben Sie sich bei Ihren Trainingspartnern Justus Schmidt und Max Boehme bedankt, ohne die Sie nicht so gut gewesen wären.

Plößel: Wir müssen einfach sehr glücklich sein über diese Konstellation. So etwas gibt es nicht oft. Wir hatten immer dieses Bild im Kopf, dass wir als Mannschaft Großes leisten wollten. Selbst nach krassen seglerischen Auseinandersetzungen haben unsere Partner mit uns intensiv weiter trainiert und Material getestet. Das Revier in Rio hat uns dann sehr viele unterschiedliche Fähigkeiten abverlangt. Deshalb haben auch wirklich die besten Segler gewonnen.

Das Interview führte Kai Müller.

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