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Der Einfluss von Jupp Heynckes macht sich schon bemerkbar: Die beiden Alphatiere Rummenigge (l.) und Hoeneß (r.) wollen sich jetzt besser abstimmen.

© Christof Stache/AFP

Bayern München: Wenn Heynckes' Schäferhund zweimal bellt

Jupp Heynckes zeigt sich bei seiner Präsentation zuversichtlich, dass er dem FC Bayern helfen kann. Den Klubchefs Rummenigge und Hoeneß gefällt das sichtlich.

„Dann hat Cando zweimal gebellt“, sagt Jupp Heynckes, und der Saal lacht.

Das kommt doch ein wenig überraschend. Der Mann ist nicht gerade als Entertainer bekannt, seine Sätze fransen immer noch aus und verlieren sich im Irgendwo. Jetzt macht er auf einmal Scherze, sogar über sich selbst. Mit 72 Jahren verfügt der Fußballlehrer Josef Heynckes über altersmilden Charme, der neu ist beim FC Bayern München und der ihm dabei helfen könnte, die kommenden acht Monate im Sinne seines Herzensklubs zu gestalten.

Nicht mehr wie Hund und Katz

Zu seiner linken Seite sitzt der Klub-Präsident Uli Hoeneß, zur rechten der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Die beiden Alpha-Bayern sind nur Nebenfiguren an diesem Tag, da sie ihren neuen, alten Chef-Trainer vorstellen. Einen, mit dem keiner so richtig gerechnet hatte, weil er doch schon mehr als vier Jahre raus ist aus dem Geschäft und der zuletzt lieber ins Theater gegangen ist als auf den Fußballplatz. Es hat da ein paar Angebote gegeben, Heynckes hat sie alle abgelehnt, von großen Klubs und auch vom Fernsehen, „als Medienexperte, wie man das heute nennt“. Aber wenn die Herren Hoeneß und Rummenigge anrufen, ist das etwas anderes. Da geht es um mehr als Fußball „und schon gar nicht um mich“ und um sein Denkmal, das im Falle eines Misserfolgs bröckeln könnte. „Es geht nur um den FC Bayern!“

Cando hat also seine Zustimmung gegeben zum vierten Engagement des ewigen Retters. Cando ist zwölf Jahre und vier Monate alt, „für einen Schäferhund ist das ein biblisches Alter“, und was das eigene betrifft: „72 ist nur eine Zahl und nicht mehr.“ Zum Haushalt auf dem niederrheinischen Bauernhof in Schwalmtal gehöre übrigens noch eine Katze, „die ist auch befriedet worden“, woraus Rummenigge die Erkenntnis ableitet: „Wer Hund und Katze befriedet, ist auch in der Lage, den FC Bayern zu führen.“

Rosige Aussichten

Jupp Heynckes freut sich über den kleinen Ausflug in die Zoologie so sehr, dass sein Teint noch ein bisschen rosiger wirkt, was eigentlich schwer möglich ist. Zu früheren Zeiten haben sie ihm mal den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Osram“ gegeben, weil er bei der kleinsten Aufregung rot anlief. Heute sitzt da auf dem Podium einer, der in sich ruht und in angeregt unaufgeregtem Ton über den hektischen Alltag des Geschäfts spricht, dem er sich jetzt wieder verschrieben hat. Ja, das Spiel habe sich verändert. Zum Beispiel „mit der Dreierkette, die in der Defensive zur Fünferkette wird“, außerdem bemühen jetzt alle das Modewort Pressing.

Aber ist der Fußball dadurch neu erfunden worden? Jupp Heynckes lächelt nachsichtig und erzählt, dass es ihm erst mal um ganz andere Dinge gehe. Auszüge einer Bestandsaufnahme: „Der FC Bayern hatte in den vergangenen Jahren immer eine klare Hierarchie. Das Wort von einigen Spielern hatte in der Kabine Gewicht. Sie traten oft schon in Aktion, bevor der Trainer aktiv werden musste. Diese Hierarchie muss wiederaufgebaut werden.“ Und: „Meine Aufgabe ist es, wieder Ordnung in unser Spiel zu bringen. Es muss wieder ein Team auf dem Platz stehen.“

Cando bellt, Feuer brennt

Bevor nun einer auf die Idee kommt, diese Mängelliste seinem Vorgänger anzulasten, trägt Heynckes eine Hymne auf den lieben Kollegen Carlo Ancelotti vor: „Ein Gentleman und ein ganz großer Trainer. Alles, was ich sage, geht nicht gegen ihn. Aber es gibt manchmal Situationen, in denen es einfach nicht mehr passt. Das habe ich selbst auch erfahren“, nicht zuletzt in München. Vor ziemlich genau 26 Jahren hat er beim FC Bayern die erste Entlassung seiner Karriere hinnehmen müssen, auch der Abschied im legendären Triple-Jahr 2013 vollzog sich nicht in vollendeter Harmonie. Heynckes hat sich damals schwer darüber geärgert, dass die Bayern nicht mehr mit ihm weitermachen wollten, weil sie Pep Guardiola bekommen konnten.

Vorbei und vergessen. Heynckes musste nur eine Nacht über die Anfrage schlafen, mit Frau und Tochter debattieren und Cando zweimal bellen lassen. „Wir haben alle das Feuer gespürt, das in ihm lodert“, sagt Rummenigge. „Wir sind überzeugt, dass er der ideale Mann ist.“

Darüber hinaus könnte der Münchner Rückgriff auf die erfolgreiche Vergangenheit vielleicht noch für die Bewältigung einer ganz anderen Krise stehen. Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß haben am Montag unerwartet offen über ihr angespanntes Verhältnis gesprochen. Über „längst überfällige Gespräche“ (Rummenigge), die sie im Zuge der Verpflichtung von Heynckes geführt hätten. „Wir haben einige Dinge ausgeräumt“, sagt Hoeneß. „In den kommenden Monaten wird sich das auch in der Außendarstellung widerspiegeln.“

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