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Stuttgarts Mario Gomez (unten) und Berlins Niklas Stark unmittelbar vor dem Tor zum 0:1 aus Hertha-Sicht.

© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Hertha BSC, ein Wintermärchen

Unser Kolumnist fragt sich, woher der Brauch der schlechten Rückrunde bei Hertha kommt. Er kann sich nur mit einem Rilke-Zitat behelfen.

Das erste Spiel der Rückrunde sollte der Gradmesser dafür sein, ob es für Hertha BSC fortan nach oben oder doch eher nach unten geht. Nach dem Spiel wissen wir also – es geht nach unten. Wohin auch sonst? Wie sagte schon das alte Hertha-Mitglied Rainer Maria Rilke: „Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.“ Damit meinte er die Hinrunde. Und dann die berühmte Zeile: „Wer jetzt keine Punkte hat, der kriegt auch keine mehr.“

Eine Binsenweisheit natürlich, die aber auf eine gute alte Tradition bei Hertha BSC anspielt, nach der man in der Rückrunde versucht, so wenig Punkte wie möglich zu erhalten. Wie alt dieser Brauch eigentlich ist, und wo er herkommt, weiß niemand. Trotzdem wird er hartnäckig gepflegt, wie ein Blick auf die Rückrundentabellen der letzten Jahre zeigt.

Die Fans waren in diesen Tagen etwas unsicher, ob man wirklich an die Leistungen der letzten Jahre würde anknüpfen können. Würde die gute alte Tradition wirklich bestehen bleiben? Gut, die Weichen zumindest waren gestellt. Man scheiterte schon früh in allen anderen sportlichen Wettbewerben, um sich so ganz auf das Scheitern in der Rückrunde konzentrieren zu können. Aber es blieben da Unwägbarkeiten. So hatten die Neueinkäufe doch recht gut eingeschlagen. Und einige junge Nachwuchsspieler drängten mit ausgezeichneten Leistungen ins Team. Und man traf mit dem VfB Stuttgart auf einen gefährlichen Gegner. Eine Mannschaft, die kaum Tore schießt und auch sonst bislang keinen sehr spielstarken Eindruck gemacht hatte. Und so kam es, wie einige befürchtet hatten.

Es war harte Arbeit, dieses Spiel nicht zu gewinnen

Es war ein hartes, ein zähes Stück Arbeit, gegen diese Mannschaft nicht gewonnen zu haben. Denn die Berliner waren eigentlich in allen Belangen überlegen. Sie hätten schon zur Pause alles klar gemacht haben können. Aber durch gezielte Fehlschüsse, Pfostentreffer und dergleichen konnte das Spiel zumindest offen gehalten werden. Und da niemand eine Idee hatte, wie diese Stuttgarter jemals ein Tor erzielen sollten, half schließlich ein Berliner Verteidiger in der Schlussphase mit einem Eigentor nach.

Nach dem Spiel war Trainer Dardai sehr zufrieden. Er könne seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Eben. Warum auch? Aber Vorsicht! Man sollte sich nicht zu sicher sein, dass die gute alte Berliner Rückrundentradition auch diesmal den Weg in den Tabellnenkeller weist. Denn um noch mal Alt-Herthaner Rilke zu zitieren: „Alle die in Schönheit gehn, werden in Schönheit auferstehen.“

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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