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Geht gar nicht. Lionel Messi (Mitte) kam mit seinen Kollegen im Heimspiel gegen Peru nur zu einem 0:0 und muss nun weiter zittern.

© Eitan Abramovich/AFP

Argentinien kurz vor dem Aus: Keine Tore, keine WM?

Die Argentinier treffen das Tor nicht mehr, und so könnten sie auch die Weltmeisterschaft in Russland verfehlen. Das Duell mit Ecuador wird zum vorläufigen Endspiel.

Kurz vor Schluss noch ein Freistoß. Halblinke Position, 25 Meter vor dem Tor, beste Messi-Distanz. In der Bombonera von Buenos Aires fassen sich die Menschen ans Herz. Kurzer Anlauf, der Ball fliegt hoch und scharf in Richtung Tordreieck, aber der Torhüter bekommt noch die Hand dazwischen und verhindert den Siegtreffer. Für Peru, dessen Kapitän Paulo Guerrero schon die Arme zum Jubel gehoben hatte.

Na, das hätte noch gefehlt. Dass Argentinien noch verliert in diesem letzten Heimspiel der Eliminatorias, den südamerikanischen Ausscheidungsspielen für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr. Ist ja so schon schlimm genug. Nach dem 0:0 gegen Peru ist die Fußball-Weltmacht vom Rio de la Plata noch ein Stück weiter abgesackt. Die ersten Vier dieser kleinen Südamerika-Meisterschaft qualifizieren sich direkt für Russland, der Fünfte darf sich in zwei Play-off-Spielen gegen Neuseeland versuchen.

Argentinien ist Sechster.

Das klingt dramatisch und ist doch immer noch zu lösen. Mit einem finalen Sieg am kommenden Dienstag bei den abgeschlagenen Ecuadorianern, einer von drei Mannschaften, die es nicht mehr nach Russland schaffen können. Das Gedränge auf den Plätzen zwei bis sieben aber ist dicht. Allein der Tabellenführer Brasilien (38 Punkte) ist sicher qualifiziert, aber schon den Zweiten, Uruguay (28), kann es theoretisch noch erwischen, was bei einem Heimspiel gegen den Vorletzten Bolivien allerdings ziemlich unwahrscheinlich ist. Auf den Plätzen drei und vier folgen Chile und Kolumbien mit je 26 Punkten, dahinter punkt- und torgleich Peru und Argentinien (25), wobei den Peruanern wegen der mehr geschossenen Tore Platz fünf zufällt. Selbst der Siebte Paraguay (24) ist nach einem späten Sieg in Kolumbien wieder in der Verlosung. Da es am letzten Spieltag zum direkten Duell der Kontrahenten Peru und Kolumbien kommt, könnte den Argentiniern sogar eine knappe Niederlage reichen, wenn denn die anderen mitspielen.

Rechenspiele, auf die sich niemand einlassen mag, erst recht nicht Jorge Sampaoli. Der führt erst seit ein paar Wochen das Kommando auf der argentinischen Trainerbank und ist im Zweifelsfall der Letzte, der für ein Scheitern verantwortlich zu machen wäre. „Wenn wir gegen Ecuador so leidenschaftlich spielen wie heute, habe ich keinen Zweifel daran, dass wir zur WM fahren“, sprach der Mann, der Chile 2015 zum historischen ersten Sieg bei der Copa America geführt hatte. „Die Situation ist schwierig, aber wir haben immer noch alles in der Hand.“

Letztes Tor aus dem Spiel heraus ist fast ein Jahr her

Sampaoli hatte sich persönlich dafür stark gemacht, das vorentscheidende Spiel gegen Peru kurzfristig in die Bombonera zu verlegen. Das Stadion von Diego Maradonas Herzensklub Boca Juniors bietet eine sehr viel dichtere, den Gegner einschüchternde Atmosphäre als das Monumental vom Stadtrivalen River Plate, wo Argentinien für gewöhnlich seine Heimspiele ausrichtet. 50.000 Zuschauer machten einen Höllenlärm, unten hüpfte Sampaoli 90 Minuten lang plus Nachspielzeit durch seine Coaching-Zone. Aber Tore müssen schon die Herrschaften auf dem Platz schießen. Das letzte argentinische aus dem Spiel heraus datiert vom vergangenen November, als Angel di Maria zum 3:0 gegen Kolumbien traf. In diesem Jahr gab es nur einen von Lionel Messi gegen Chile verwandelten Elfmeter und ein Eigentor des Venezolaners Rolf Feltscher.

Messi traf am Mittwoch einmal den Pfosten und brachte seine Kollegen immer wieder gut in Szene. Er arbeitete ohnehin nach besten Kräften an der Widerlegung der These, dass der Messi im argentinischen Trikot nur mäßig talentierter Namensvetter des Messi von Barcelona ist. Aber ein Messi allein reicht eben nicht. Symbolisch für die offensive Malaise stand Dario Benedetto. Der Lokalmatador von Boca war ein Totalausfall und verbreitete allein mit seinen martialischen Tattoos so etwas wie Gefährlichkeit. Paulo Dybala, der Jungstar von Juventus Turin, musste 90 Minuten lang auf der Ersatzbank sitzen. Sampaoli hatte ihn als Joker für die Schlussphase eingeplant, aber dann riss dem gerade eingewechselten Fernando Gago das Kreuzband, Sampaoli musste den defensiven Enzo Perez auf den Platz schicken und die letzte Wechseloption war dahin.

Und jetzt? Sampaoli beschwor die Hoffnung, Messi verschwand wortlos. Das argentinische Fußballmagazin „El Grafico“ illustrierte seine Titelseite mit einem Foto der beiden. Der Trainer tätschelte seinem Star die Wange, darunter steht in dicken Buchstaben: „Mientras hay vida.“ Solange es noch Leben gibt…

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