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Dirigent mit vielen Gefühlen. Sasa Obradovic will sich in der kommenden Saison besser unter Kontrolle haben.

© Kai-Uwe Heinrich

Alba Berlin: Sasa Obradovic: Weniger Emotionen bitte

Der strenge Trainer Sasa Obradovic von Basketball-Bundesligist Alba Berlin will sich ein bisschen ändern – und bittet für sein neues junges Team um Geduld.

Sasa Obradovic glaubt an die Wirkung von Astrologie. Der Basketballtrainer von Alba Berlin sitzt in einem Hotel in der Nähe des Berliner Trainingszentrums seines Vereins vor einer Tasse Espresso und erklärt, warum er seit drei Jahren an seinem linken Arm eine klobige Kette aus grau-blauen Perlen trägt. „Das sind Astrologie-Steine“, sagt der 44 Jahre alte Serbe, „mir als Wassermann helfen die grauen und blauen am besten.“ Zwar schiebt der selbstbewusste Coach schnell nach, dass die Steine „nicht helfen, wenn ich mir nicht auch selber helfe“. Aber ein bisschen Unterstützung von außen für die kommende Saison kann Sasa Obradovic durchaus gebrauchen.

Der Trainer von Alba Berlin muss in der Saison 2013/14 mit einer jungen, runderneuerten Mannschaft seine Kritiker überzeugen. Alba-Chef Marco Baldi hatte nach dem traurigen Aus im Viertelfinale gegen den FC Bayern (0:3 Siege) einige Zeit verstreichen lassen, ehe er verkündete, mit Obradovic in eine zweite Saison gehen zu wollen. Als Misstrauensvotum hat der strenge Trainer das nicht gewertet. „Ich hatte keinen Zweifel, dass es weitergehen würde“, sagt er.

Sein großes Selbstbewusstsein hat unter dem frühen Aus und dem anschließenden Weggang aller Spieler außer Sven Schultze nicht gelitten. Im Gegenteil, durch das Angebot, das serbische Nationalteam trainieren zu können, scheint es noch gestärkt worden zu sein. „Ich hätte in diesem Jahr als Assistenztrainer arbeiten können und sollte das serbische Team im nächsten Jahr übernehmen“, berichtet Obradovic. Er hat das Angebot ausgeschlagen. „Ich kann nicht zwei Sachen machen – aber wer weiß, was im nächsten Jahr passiert.“

Dass der als harter Coach bekannte Trainer in der Trainingshalle mit Heiko Schaffartzik und Dashaun Wood aneinandergeraten war, will er nicht als Grund für den Misserfolg am Ende und die Abwanderung werten. „So etwas ist normal, ich will das Team sehen, das keine Probleme hat“, sagt Obradovic. „Aber es ist nicht normal, dass es anschließend in der Presse steht.“ Immerhin ein kleines bisschen wolle er sich auch ändern, sagt Obradovic und kneift ein Auge zusammen, um zu demonstrieren, wie klein dieses Bisschen ist. „Das Einzige, worüber ich im Sommer nachgedacht habe, ist, die Gefühle in gewissen Momenten ein kleines bisschen besser zu kontrollieren“, berichtet er. In Training und Spiel will er sich nicht mehr so echauffieren, eine Konsequenz aus der vergangenen Saison sei dieses Vorhaben aber nicht. „Ich sage das jedes Jahr, und ich denke, ich habe mich schon entwickelt, verglichen mit meiner Zeit in der Ukraine.“

Zur kommenden Saison hat sich nicht nur die Mannschaft komplett geändert, sondern auch sein Aufgabengebiet: Plötzlich geht es für ihn auch darum, Spieler zu entwickeln. „Es gibt keinen im Team, der einen Platz sicher hat“, sagt der Trainer, „sie müssen sich alle die Minuten teilen, und es könnten weniger als in der Vergangenheit sein, weil es Prioritäten-Spieler gibt.“ Zu diesen Spielern mit Vorrang zählen alle jungen Spieler, mit denen Alba Drei- oder Vierjahresverträge abgeschlossen hat: Akeem Vargas (23), Bar Timor (21), Ismet Akpinar (18) und Jonas Wohlfarth-Bottermann (23). Gegenwärtig werden sie mit Individualtraining bereits mit den Berliner Talenten besonders gefördert. In Berlin, denn auf eine Fahrt ins Trainingslager hat Obradovic verzichtet. „Es ist nicht sehr nötig, woanders hinzugehen, man kann auch Geld sparen und hier arbeiten.“

Geld, das man zum Beispiel für einen neuen Centerspieler aufwenden kann. Alba hat ein Angebot für den 2,09 Meter großen Kanadier Levon Kendall abgegeben, der zuletzt für den spanischen Erstligisten Obradoiro spielte.

Schnell und aggressiv will Obradovic mit seinem jungen Team spielen, „kein Run and Gun, aber es wird wohl mehr Punkte geben“. Allerdings bittet er Fans und Medien auch um Geduld. „Wir brauchen Zeit, wir werden ein paar Spiele verlieren, doch wenn alles ins Negative kippt, wird es hart.“

Was aber wird das Ziel sein für dieses neue, unerfahrenere Alba-Team. „Ich tue mein Bestes, um Spieler zu entwickeln und Spiele zu gewinnen“, sagt Obradovic. Das offizielle Ziel werde erst noch bekannt gegeben, wirft Albas Medienbeauftragter Jan Buchholz ein. Doch Sasa Obradovic kümmert das nicht viel. „Es wird ein Teamziel geben, aber ich interessiere mich nicht so sehr dafür“, sagt er, „ich persönlich habe keine kleinen Ziele.“ Also die Meisterschaft? „Dafür coache ich“, sagt Obradovic leise, „aber das will ich nicht als Schlagzeile lesen.“ Und dafür kann er seine grau-blaue Perlenkette sehr gut gebrauchen.

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