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In wogenden Wellen. Spandaus Mateo Cuk (links) und Hannovers Predrag Jokic lieferten sich wie ihre Teamkollegen ein umkämpftes Duell.

© imago/Camera 4

36. Meistertitel: Wasserfreunde Spandau: Herz besiegt Geldbörse

Der erneute Triumph der Wasserfreunde Spandau 04 ist erstaunlich, denn Gegner Waspo Hannover hatte viel investiert.

Gegen Mitternacht, irgendwo auf der Autobahn zwischen Wolfsburg und Helmstedt, war die Zeit reif für ein Liedchen. Der Kapitän griff nach dem Mikrofon und bat um einen raren Moment der Stille. Die Melodie hatte Marko Stamm aus den Siebzigern von Boney M. geklaut, „Brown girl in the ring“, aber den Text hatte er selbst verfasst. „Herz siegt über Portemonnaie!“, und die gesamte Belegschaft im Partybus fiel ein: „Schalalalalala!“

Es war eine denkwürdige Nacht nach einem denkwürdigen Abend. Die Wasserfreunde Spandau 04 sind mal wieder Deutscher Meister geworden, zum vierten Mal in Folge und 36. Mal überhaupt. Das klingt nach Routine, aber dieser Triumph im vierten Finalspiel über Waspo Hannover war schon etwas Besonderes. Der Gegner hatte viel investiert. Finanziell in Ausnahmespieler wie die Montenegriner Darko Brguljan und Aleksandar Radovic, die wahrscheinlich besten Individualisten der Deutschen Wasserball-Liga. Und rhetorisch, mit einer über die gesamte Saison währenden Kampfansage Richtung Berlin, Götterdämmerung und Wachablösung und so. Noch in der Halbzeitpause des vierten Finalspiels, Spandau führte schon 8:4, rühmte Hannovers Präsident Bernd Seidensticker seinen Klub als „neue Wasserball-Hochburg“.

Die Burg war nicht hoch genug für die Wellen aus Berlin.

Spandaus 12:8-Sieg am Mittwoch war das Statement eines Souveräns. Offen war das Spiel nur zu einem Zeitpunkt, beim ersten Anschwimmen, das Marko Stamm gegen den früheren Berliner Erik Bukowski für sich entschied. Über das anfängliche 0:0 hinaus schaffte Hannover kein einziges Mal den Gleichstand. „Spandau hat total verdient gewonnen“, bekannte auch Seidensticker. Sein Vize Karsten Seehafer, zugleich Trainer und Sponsor, erzählte erst einmal viel von überforderten Schiedsrichtern und später, etwas leiser: „3:1-Siege in einer Finalserie sind kein Zufall.“

Spandau wird das Team verjüngen

Ein bisschen Chuzpe war im Spiel, als Hagen Stamm zum vierten Spiel in Hannover den Partybus für die Fahrt zurück nach Berlin geordert hatte. Waspo fühlte sich nach dem dramatischen 14:12 am Sonntag in Berlin im psychologischen Vorteil, „aber manchmal musst du auch mal was riskieren“, sprach der Spandauer Präsident. Als sein Sohn Marko bei der Siegerehrung unter höflichem Applaus der konsternierten Hannoveraner den Meisterpokal entgegen nahm, lotste er mit dem Mobiltelefon den Busfahrer zum Volksbad Limmer. Eine Präsentation noch vor dem Spiel wäre doch ein bisschen zu viel gewesen. Die Grenzen zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz sind fließend.

Spandaus Regentschaft hält an, aber Hannover hat den deutschen Wasserball interessanter gemacht. Die Zeiten der One-Team-Show sind vorbei. Der Berliner Trainer Petar Kovacevic sprach zu Recht von „einem hervorragenden Gegner“, er wird wohl noch besser werden in der kommenden Saison. Aus Duisburg holt Waspo den Nationaltorhüter Moritz Schenkel und Julian Real, den derzeit besten deutschen Spieler. „Er wird Hannovers Verteidigung eine ganz neue Qualität geben“, glaubt Hagen Stamm, und weil er gleichzeitig als Bundestrainer über das internationale Ansehen des deutschen Wasserballs wacht, freut er sich auch darüber, „dass Hannover jetzt auch auf deutsche Spieler setzt. Das kann für uns alle nur gut sein.“ Aus der jetzigen Waspo-Mannschaft wird keiner dabei sein, wenn Stamm am Sonntag die Nationalmannschaft zu einem Lehrgang versammelt, interessanterweise in Hannover.

Auch die Spandauer Mannschaft wird ihr Gesicht verändern. Moritz Oeler, am Mittwoch Schütze des finalen zwölften Tores, hört auf, der Franzose Mehdi Mazourki wechselt in die russische Liga nach Kasan.

„Meine Herren, es war mir eine Ehre“, rief Mazourki kurz vor Berlin ins Bordmikrofon. Für den vierfachen Torschützen vom Mittwoch hat Hagen Stamm schon Ersatz in Aussicht, „aber noch ist es zu früh, darüber zu reden“. Darüber hinaus werden zwei, drei Spieler vom künftigen Kooperationspartner OSC Potsdam den Meister verjüngen.

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