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Der Anteil der Männer, die Elternzeit nehmen, steigt. 2012 waren immerhin 22 Prozent der Elterngeldempfänger Männer.

© dpa/picture alliance

Zum Weltfrauentag: Danke, ihr neuen Männer!

Der Weltfrauentag darf durchaus Anlass sein, auch einmal an die Männer zu denken - und ihnen zu danken. Unsere Autorin tut es. Weil immer mehr Männer Verbündete werden für das Projekt Gleichstellung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Männer sind Täter. Einmal im Jahr, am Weltfrauentag, nutzen Politikerinnen und Aktivisten zu Recht die schlaglichtartige Aufmerksamkeit, um diese Banalität der Weltungerechtigkeit zu formulieren. Männer sind Täter. Auch in Deutschland misshandeln sie Frauen, zahlen Frauen schlechtere Löhne, belästigen Frauen sexuell.

Und trotzdem. Trotzdem ist gerade der Weltfrauentag ein Anlass, auch Männern einmal Danke zu sagen. Immer stärker tragen sie den Kampf für die Gleichberechtigung aktiv mit.

Zugegeben, noch sind sie eine Minderheit. Auf der politischen Ebene dominieren Typen wie Unionsfraktionschef Volker Kauder, die einer kämpferischen Ministerin wie Manuela Schwesig schon einmal zurufen, sie solle nicht so „weinerlich“ sein. Doch es gibt eben auch Politiker wie Bundesjustizminister Heiko Maas, in dessen Haus das in dieser Woche verabschiedete Quotengesetz mitgeschrieben wurde und der bei jeder Gelegenheit dafür geworben hat. Auch in den Unternehmen gibt es sie gelegentlich, die neuen Männer: Chefs, die Frauen fördern, ganz ohne Quotendruck.

Besonders wichtig aber ist der zarte Wandel im Privaten. Der Anteil der Männer, die Elternzeit nehmen, steigt. Sicher, auch das geschieht auf niedrigem Niveau. Eine längere unbezahlte Elternzeit nimmt so gut wie kein Vater. Doch 2012 waren immerhin 22 Prozent der Elterngeldempfänger Männer.

Um die Gleichstellung der Frauen zu erreichen, gilt es, diese Männer nicht als Verbündete zu verlieren und mehr Männer für das Projekt Gleichstellung zu gewinnen. Das wird nicht leicht.

Die starke Frauenpolitik der vergangenen Jahre hat bei vielen Männern ein Gefühl der Defensive hervorgerufen. Die Reaktion kennt viele Spielarten. Es gibt die krachlederne Sorte, wie sie die „Junge Alternative“ verkörpert, eine Anti-Haltung voll misogyner Untertöne. Es gibt die stillere Sorge derer, die sich als „alte weiße Männer“ zum gesellschaftlichen Auslaufmodell degradiert fühlen. Und es gibt die Jüngeren, die fürchten, vor lauter „Diversity“ den Aufstieg zu verpassen.

Die Befürchtung ist unbegründet. Aufgrund der schrumpfenden Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten genügend Arbeit für alle da sein. Doch natürlich ist es eine Illusion, dass die Auszeit für den einzelnen jungen Vater zum Nulltarif zu haben ist. Das anzuerkennen ist ein wichtiger Schritt, um Männer auf dem Weg in die Gleichberechtigung nicht zu verlieren.

Dass viele Männer die Gleichberechtigung als Verlust erleben, hat aber auch damit zu tun, dass die Pause vom Berufsleben als „Verzicht“ gilt. Frauen steht heute eine Vielzahl akzeptierter Rollenbilder zur Verfügung. Junge Väter in Elternzeit hingegen werden oft sowohl am Arbeitsplatz als auch im Pekip-Kurs als Exoten behandelt, die ihre eigentliche Rolle und ihren angestammten Platz „aufgeben“. Dass aber auch die Elternzeit ein enormer Gewinn sein kann, hat kürzlich der Schriftsteller Leander Scholz beeindruckend beschrieben: „Man wird verletzlicher und stärker zugleich.“

Bis auf Weiteres bleibt das Projekt Gleichberechtigung für jede einzelne Frau, aber eben auch für jeden einzelnen Mann eine Mutprobe. Deshalb heute, am Weltfrauentag, auch einmal: Danke, Männer. Und: Nur Mut. Wir haben erobert, was eure Welt war. Kommt und entdeckt, was mal unsere Welt war. Es lohnt sich.

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