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Politik: „Wir sind kein Einwanderungsland“

Schäuble wiederholt auf Integrationskongress ein altes Unionsbekenntnis / Schlagabtausch mit Caritas

Berlin - Bundesinnnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen die Auffassung gestellt, Deutschland sei ein Einwanderungsland: „Wir waren nie ein Einwanderungsland und wir sind’s bis heute nicht“, sagte Schäuble zur Eröffnung eines Integrationskongresses des Deutschen Caritasverbandes in Berlin. Damit nahm Schäuble ein Bekenntnis der Ära Kohl auf, das seit der Abwahl von dessen Regierung, spätestens aber seit den Verhandlungen von Union und Rot- Grün um das Zuwanderungsgesetz auch in der CDU als überwunden galt.

Schäuble sagte, niemand werde bestreiten, dass es Migration nach Deutschland gebe. Anders als ein Einwanderungsland wie Kanada habe sich Deutschland aber nie Migranten gezielt ausgesucht und um Menschen mit gesuchten Berufen geworben. „Und was hätten Sie von der Caritas gesagt, wenn wir das getan hätten“, ergänzte er, an seinen Gastgeber vom katholischen Wohlfahrtsverband gewandt.

Schäuble reagierte mit seinen unaufgeregt vorgetragenen, aber in der Sache harten Worten auf die Kritik des Caritas-Präsidenten, Monsignore Peter Neher, der der deutschen Migrations- und Integrationspolitik zuvor massive Fehler vorgeworfen hatte. Die Kanzlerin habe Integration eine Schlüsselaufgabe genannt, sagte Neher. Dazu gehöre aber, „gesellschaftlich anzuerkennen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und geeignete Zuwanderungsregeln braucht“. Das Zuwanderungsgesetz habe aber im Gegenteil kaum Möglichkeiten dafür geschaffen. Auch die Bedingungen, die die Innenminister an einen verbesserten Aufenthaltsstatus für bisher geduldete Ausländer knüpften, seien „nicht akzeptabel“, sagte Neher. Er kritisierte auch die Debatte um Familienzusammenführung: „Sie kann nicht allein vor dem Hintergrund arrangierter Ehen, Zwangsehen oder Scheinehen entschieden werden.“

Schäuble, der auf seine vorbereitete Rede verzichtete und frei sprach („Am liebsten würde ich nur mit Ihnen diskutieren“), entgegnete, der Familiennachzug wirke „zum größten Teil leider integrationshindernd“. Bewusst würden Ehepartner in Anatolien ausgesucht. „Viele Eltern wollen gerade nicht, dass ihre Kinder sich hier integrieren“, sagte Schäuble. Die Antwort darauf sei ein besseres Integrationsangebot, „aber auch Druck“. Was die langjährig geduldeten Ausländer betreffe, so seien sie alle Menschen, die „von Rechts wegen nicht hier sein dürften“. Wer ihren Aufenthalt schnell legalisiere, schaffe Anreize für andere.

Auf die Kritik der Caritas daran, dass der deutsche Arbeitsmarkt Ausländer ausgesperre, reagierte Schäuble noch einmal heftig. Angesichts immer noch hoher Arbeitslosigkeit im Lande dürfe man keine Debatte um den Satz „Die nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg“ anheizen. „Da werden uns alle Caritasverbände und Monsignores nicht helfen, die Bevölkerung mitzunehmen“, rief Schäuble.

Gemeinsamkeiten mit seinem katholischen Kontrahenten entdeckte Schäuble im Bekenntnis zur Gegenseitigkeit von Integration: Sie sei eine „Zweibahnstraße“, die Migranten ebenso fordere wie Menschen, die seit Generationen hier lebten. Deutschland werde von Migration „grundsätzlich nicht bedroht. Die Chancen überwiegen.“

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