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Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken

© Michael Kappeler/dpa

Was unterscheidet Putin von Erdogan?: Guter Autokrat, böser Autokrat

In Bezug auf Erdogan nimmt Sahra Wagenknecht kein Blatt vor den Mund. "Da spricht ein Terrorist", sagt sie. Bei Putin ist sie weit weniger streng. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die russische Regierung unter Wladimir Putin hat längst den Versuch aufgegeben, den Anschein der Wahrung menschen- oder bürgerrechtlicher Standards erwecken zu wollen. Die Liste der Verstöße gegen diese Standards ist lang und wird täglich länger. Sie reicht von der Krim-Eroberung bis zum Bürgerkrieg in der Ostukraine, von der massiven Militärintervention in Syrien bis zur systematischen Ausschaltung jeder Art von Opposition. Die jüngsten Massenverhaftungen zumeist jugendlicher Demonstranten belegen erneut, wie skrupellos das Regime agiert.

Kein Wunder, dass jetzt selbst der Fraktionschefin der Linken, Sarah Wagenknecht, der Kragen geplatzt ist. Äußerungen Putins kommentierte sie mit den Worten: „Da spricht ein Terrorist. Nichts anderes ist das.“ Und weiter: „Die russische Außenpolitik (zeigt) durchaus Ansatzpunkte (…), die an die Außenpolitik des Dritten Reichs erinnern.“ Putin habe „jegliche demokratische Maske fallen gelassen“, in Syrien werde ein „nicht-erklärter Angriffskrieg“ geführt. Von der Bundesregierung verlange sie „klare Worte gegen diesen kriegstreibenden  Eskalationskurs“, die „Zeit des Wegduckens“ sei vorbei.

Tja, die Zitate sind alle richtig, nur dass es statt „Putin“ natürlich stets „Erdogan“ und statt „russisch“ stets „türkisch“ heißen muss. Keine Panik also, Wagenknechts subjektive Weltsicht erfüllt objektiv auch weiterhin alle Bedingungen für doppelte Maßstäbe. Wann immer es um Putin geht, warnt Wagenknecht den Westen vor einem "Konfrontationskurs", der Streit mit Russland schade Deutschland nur.

Die Menschenrechte seien universell und unteilbar, heißt es. Es soll auch Linke geben, die das so sehen. Aber zwischen Denken und Aussprechen hat der Schöpfer der Politik nun mal die Taktik gesetzt. Und die befiehlt, so lange zu differenzieren, bis ein Autokrat dem anderen in nichts mehr gleicht. Sahra Wagenknecht beherrscht diese Kunst meisterhaft.

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