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Die Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.

© Reuters

Wahl in Frankreich: Kontinuität - oder das Ende der alten EU

Hollande: weg. Fillon: in Bedrängnis. Macron: ungewiss. Fällt Frankreich an Marine Le Pen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es lag ein Hauch von „fin de règne“ in der Luft im Kanzleramt. Am Ende des Regnums von François Hollande, das im Mai bevorsteht, nutzte Frankreichs Noch-Präsident am Freitag seinen Auftritt an der Seite von Kanzlerin Angela Merkel für einen Appell zum Zusammenhalt der Europäer als Wertegemeinschaft. Doch in Frankreich ruft Hollande kein großes Interesse mehr hervor. Es sind andere Namen, welche die Schlagzeilen im Nachbarland bestimmen: Marine Le Pen, François Fillon, Emmanuel Macron.

Für Angela Merkel, über deren eigenes politisches Schicksal im kommenden September entschieden wird, ist seit dem Verzicht Hollandes auf eine erneute Kandidatur der Abschied von ihrem politischen Tandem-Partner zur endgültigen Gewissheit geworden. Für die Zeit nach der Präsidentschaftswahl gibt es nun zwei Szenarien für die deutsch-französische Partnerschaft in Europa: Entweder es herrscht Kontinuität – oder es kommt das Ende der EU, wie man sie bisher kannte.

Es liegt zumindest im Bereich des Möglichen, dass nach dem Brexit als Nächstes der „Frexit“ kommt – also der Ausstieg Frankreichs aus dem Euro und der EU. Marine Le Pen, die Vorsitzende des rechtsextremen Front National, will ein Referendum über die Wiedereinführung des Franc abhalten, sollte sie zur Präsidentin gewählt werden. Mehr noch: Falls Frankreich von der EU nicht Bestandteile seiner Souveränität zurückerhält, will Le Pen zudem noch eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft organisieren. Ein Euro und eine EU ohne Frankreich – politisch wertlos.

Berlins Devise: das Undenkbare denken und das Beste ermöglichen

Im Berliner Regierungsviertel mag man angesichts dieses Schreckensszenarios nach der Devise verfahren: an das Undenkbare denken und das Beste ermöglichen. Dass das vermeintlich Undenkbare eintreffen kann, ist seit dem Brexit und der Wahl von Donald Trump ja allgemein bekannt.

Im Fall Frankreichs gingen die Beobachter stets davon aus, dass sich alle übrigen politischen Kräfte im entscheidenden zweiten Wahlgang am 7. Mai gegen Marine Le Pen verbünden und so einen Einzug der Rechtsextremen in den Elysée-Palast verhindern würden. Es wäre schön, wenn sich diesmal die entsprechenden Umfragen tatsächlich bewahrheiten würden.

Sozialisten sind zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft

Allerdings stehen Prognosen bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich auf einem schwankenden Grund. Denn diesmal ist im Nachbarland eigentlich nichts wie sonst. Die bislang regierenden Sozialisten, die am Sonntag bei der Vorwahl ihren Spitzenkandidaten bestimmen werden, sind zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft.

Der Konservative François Fillon, der vermeintlich starke Gegenspieler von Marine Le Pen, schwächelt – und zwar schon seit seiner Inthronisierung als Kandidat im vergangenen November. Die jüngste „Penelopegate“-Affäre um eine mögliche unzulässige finanzielle Begünstigung seiner Ehefrau wirkt für ihn noch wie ein zusätzlicher Hemmschuh.

Und der Überraschungskandidat in der Mitte, Emmanuel Macron? Man muss abwarten, ob die Franzosen tatsächlich einem Mann ihre Stimme geben, der sich nicht auf eine der althergebrachten Parteien stützen kann. Bis zum Wahltag heißt es: bangen – und hoffen.

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