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Erdogan bei einer Rede in Ankara.

© Adem Altan/AFP

Update

Vor Erdogan-Besuch: Türkei fordert offenbar zum Spitzeln in NRW-Schulen auf

Die türkischen Generalkonsulate in Nordrhein-Westfalen werben laut einem Bericht dafür, Kritik an der Regierung zu melden. NRW-Innenminister Jäger verlangt vom Bund, die geplante Erdogan-Rede zu verhindern.

Die Türkei sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Bürger in Deutschland zum Bespitzeln in Schulen anzuhalten. Angeblich sollen Schüler und Eltern in Nordrhein-Westfalen, Kritik an der türkischen Regierung melden. Wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten, habe es Ende Januar entsprechende Infoveranstaltungen in den Konsulaten in Düsseldorf, Essen, Köln und Münster gegeben. "Wir haben aus unterschiedlichen Quellen erfahren, dass die Teilnehmer dazu angehalten wurden, den Generalkonsulaten jede Kritik an der türkischen Regierung, die in NRW-Schulen beobachtet wird, zu melden", sagte der Landesvize der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW, Sebastian Krebs, den Zeitungen.

An den Treffen sollen neben Lehrer- und Elternvereinen auch Imame teilgenommen haben. Gewerkschafter Krebs zufolge gehe es um alle Fächer. "Schüler sollen sogar ihre Lehrer filmen und die Aufnahmen an türkische Behörden weiterleiten", so Krebs. Die Konsulate äußerten sich bisher nicht zu den Vorwürfen. Der Dachverband der Türkischen Elternvereine bestätigte jedoch die Treffen. Der Staatsschutz sei alarmiert und interessiert sich den Zeitungen zufolge für die Vorgänge. Es soll Lehrer gegeben haben, die sich geweigert haben sollen, ihre Schulen und Kollegen auszuspähen.

Erdogan will in Deutschland für Verfassungsreform werben

Der Vorgang bekommt weitere Brisanz dadurch, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bald in dem Bundesland zu einem öffentlichen Auftritt erwartet wird, um für seine Verfassungsreform zu werben. Die Landesregierung will das verhindern. Innenminister Ralf Jäger hat deshalb die Bundesregierung aufgefordert, tätig zu werden.

"Es ist Aufgabe des Bundes, dafür zu sorgen, dass solche Auftritte weder in NRW noch irgendwo anders in Deutschland stattfinden", sagte der SPD-Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Die Freiheit der Meinungsäußerung hier darf nicht missbraucht werden, um für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, mit der Grundrechte eingeschränkt und die Todesstrafe wieder eingeführt werden sollen", sagte der SPD-Politiker. "Wir müssen verhindern, dass innertürkische Konflikte bei uns ausgetragen werden."

Der Grünen-Landesvorsitzende Sven Lehmann, dessen Partei mit der SPD in Nordrhein-Westfalen das Regierungsbündnis bildet, unterstützte Jägers Forderung. "Erdogan spaltet die Türkei und kassiert nach und nach grundlegende Freiheitsrechte." Die Bundesregierung müsse deutlich machen, dass man hier keine "antidemokratischen Werbeveranstaltungen" wolle.

Die "Bild"-Zeitung hatte unter Berufung auf einen hochrangigen Diplomaten berichtet, Erdogan wolle im März in Nordrhein-Westfalen für das neue Präsidialsystem in seinem Land werben. Der Bundesregierung ist allerdings bislang nichts von einem konkreten Wunsch von Erdogan bekannt, nach Deutschland zu kommen, wie zu Wochenbeginn Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt hatte. Erdogan hat in der Vergangenheit bereits Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland durchgeführt. (Tsp, Reuters)

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