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Politik: Vom Soldatenvater zum Friedensstifter

Der frühere Verteidigungs- und Verkehrsminister Georg Leber (SPD) ist 80

Am populärsten war Georg Leber wohl in seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister von 1972 bis 1978. "Soldatenvater" lautete einer der Spitznamen des Sozialdemokraten, der am Sonnabend in seinem Alterssitz Schönau bei Berchtesgaden seinen 80. Geburtstag feierte. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, wertete den "Brückenschlag zwischen organisierter Arbeitnehmerschaft und Bundeswehr" in seinem Glückwunschscheiben an Leber daher als einen "ganz besonderen Beitrag" zur sozial-liberalen Regierungszeit.

Dabei hat das Bekenntnis zur Atlantischen Allianz, zur Bundeswehr, zur nuklearen Abschreckungsstrategie und zur engen verteidigungspolitischen Zusammenarbeit dem am 7. Oktober 1920 in Obertiefenbach bei Limburg an der Lahn geborenen Sohn eines Maurers in der eigenen Partei nicht nur Freunde gemacht. Sein anfänglicher Widerstand gegen eine Erleichterung bei der Gewissenprüfung für Kriegsdienstverweigerer brachte ihm bei der Parteilinken den Vorwurf ein, er sei in erster Linie Wehrminister und dann erst Sozialdemokrat. Seinen nach eigenem Bekunden "Lieblings-Job" als Verteidigungsminister musste er am 1. Februar 1978 nach einer ganzen Serie von Pannen aufgeben, als ein "illegaler Lauschangriff" des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) bekannt wurde. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) wollte Lebers Rücktritt zuerst nicht annehmen.

Nicht nur als sozialdemokratischer Verteidigungsminister, auch als Chef der Bauarbeiter-Gewerkschaft von 1957 bis 1966 und als Verkehrs- und Postminister schrieb Leber ein Stück Nachkriegsgeschichte. In seine Amtszeit als Gewerkschaftschef fielen so bedeutende Schritte wie die Ausweitung der Tarifautonomie und vor allem die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand.

Leber, der kurz nach dem Ende des Krieges in die SPD eintrat, gilt als einer der Wegbereiter der Großen Koalition von CDU/CSU, SPD und FDP, die von 1966 bis 1969 regierte. Er selbst gehörte dem Kabinett als Verkehrsminister an. Leber initiierte die damals umstrittene Maßnahmen wie Tempo 100 auf Land- und Bundesstraßen und führte die Alkohol-Promillegrenze von 0,8 ein. Mit diesen Maßnahmen leitete er den drastischen Rückgang der Zahl der Straßenverkehrstoten ein. Als Willy Brandt 1969 Kanzler einer SPD/FDP-Regierung wurde, bekam Leber zusätzlich die Verantwortung für das damals staatliche Post- und Fernmeldewesen.

Nach Querelen um einen sicheren Listenplatz in der hessischen SPD schied Leber nach den Wahlen vom 6. März 1983 aus dem Bundestag aus. Als "Politrentner" fungierte er aber weiter als erfolgreicher Schlichter in schwierigen Tarifkonflikten. Am Sonnabend lud Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) den "Soldatenvater" zu einem Empfang bei den Berchtesgadener Gebirgsjägern. Die IG Bau veranstaltet am 16. Oktober ein Fest im Frankfurter Palmengarten, zu dem auch Bundespräsident Johannes Rau und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) als Gratulanten erwartet werden.

VON CARSTEN GERMIS

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